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       # taz.de -- Messerangriff in Würzburg: „Eine entsetzliche Nachricht“
       
       > In Würzburg tötet ein Mann mit einem Messer drei Menschen und verletzt
       > weitere. Das Motiv ist noch unklar – außer für die AfD.
       
   IMG Bild: Nach dem Messerangriff herrscht Trauer: Blumen und Kerzen am Tatort in Würzburg
       
       BERLIN/WÜRZBURG taz | Auch am Samstag herrschen in Würzburg Bestürzung und
       Trauer. Menschen legen Blumen und Kerzen am Tatort ab. Die Stadt schaltet
       eine Notfallhotline, über die Betreuer:innen psychologische Hilfe
       anbieten. Von einer „schrecklichen Gewalttat“, die tags zuvor in der Stadt
       geschehen sei, ist in einer Mitteilung die Rede.
       
       Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht von einer
       „entsetzlichen und schockierenden Nachricht aus Würzburg“. Man trauere mit
       den Opfern und deren Familien. Ein „großer Dank und Respekt“ gelte zudem
       dem „beherzten Eingreifen vieler Bürger, die sich dem mutmaßlichen
       Angreifer entschlossen entgegenstellten“.
       
       Am Freitagabend gegen 17 Uhr hatte ein 24-Jähriger in einem Kaufhaus am
       Würzburger Barbarossaplatz und danach in einer Sparkasse und auf der Straße
       auf mehrere Menschen eingestochen. Laut Bayerns Innenminister Joachim
       Herrmann (CSU) wurden dabei drei Personen getötet und weitere verletzt,
       fünf davon schwer.
       
       ## Passanten hielten den Täter auf
       
       Auf Augenzeugenvideos, die auf Twitter oder Facebook verbreitet wurden, ist
       zu sehen, wie Passanten den Täter aufhielten, etwa indem sie ihn mit
       Gegenständen bewarfen. Kurz darauf traf auch die Polizei ein. Sie gab nach
       eigenen Auskünften einen Schuss auf den Mann ab und nahm ihn fest. Er sei
       am Oberschenkel verletzt worden.
       
       Das Motiv der Tat blieb vorerst unklar. Innenminister Herrmann sagte, der
       Täter habe „mit unglaublicher Brutalität auf die Opfer eingestochen“. Die
       meisten Angegriffenen seien Frauen gewesen, auch ein kleiner Junge wurde
       verletzt. Laut Polizei kannten sich Opfer und Täter nicht.
       
       Zeugen sollen zudem von „Allahu akbar“-Rufen des Täters berichtet haben –
       die Polizei Unterfranken prüft deshalb nach eigenen Auskünften ein
       islamistisches Motiv. Andererseits hatte sich der Täter zuletzt laut
       Herrmann psychisch auffällig verhalten, auch mit Gewalttaten. Er sei
       deshalb kürzlich in psychiatrische Behandlung eingewiesen worden.
       
       Laut Polizei und Herrmann handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen
       24-jährigen Somalier, der 2015 nach Deutschland kam. Er soll zuletzt in
       einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg gewohnt haben. Medienberichten
       zufolge soll er polizeibekannt sein, aber nicht wegen politischer Delikte.
       Auf den Augenzeugenvideos ist er barfuß, mit Atemschutzmaske und einem
       langen Messer zu sehen.
       
       Laut Polizei wurde er noch am Freitag im Krankenhaus kurz vernommen. Zum
       Inhalt seiner Aussage äußerte sie sich nicht. Die Ermittler werten derzeit
       auch noch Zeugenaussagen und Überwachungsvideos aus. Am Samstagnachmittag
       wollte sie sich auf einer Pressekonferenz genauer äußern.
       
       ## AfD instrumentalisiert die Tat
       
       Bundesweit äußerten Politiker:innen Betroffenheit über die Tat. Der
       CDU-Vorsitzende Armin Laschet sprach von „schrecklichen Nachrichten aus
       Würzburg“ und dankte den Einsatzkräften und den eingeschrittenen Bürgern.
       Auch Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock nannte die Tat
       „entsetzlich“. Sie wünschte den Verletzten volle Genesung und dankte
       ebenfalls den Einsatzkräften. Gleichlautend äußerte sich auch
       SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz.
       
       Die AfD lud die Tat dagegen bereits am Freitagabend mit ihrer politischen
       Agenda auf. Gottfried Curio, AfD-Innenpolitiker im Bundestag, sprach von
       einem „islamistischen Terroranschlag“ und ätzte, man warne schon lange,
       dass „Masseneinwanderung auch Messereinwanderung ist“. Es handele sich
       „mitnichten um einen Einzelfall“, nun brauche es ein „fundamentales
       Umdenken in der Migrationspolitik“. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan
       Protschka twitterte, die Tat sei auch „dank Merkel“ geschehen.
       
       Ilse Aigner (CSU), die Präsidentin des bayrischen Landtags, betonte
       dagegen: „Ich mahne zur Zurückhaltung – aus Rücksicht auf die Opfer.“ Auch
       sie sei „entsetzt über die Gewalttat“ und wünsche den Angehörigen viel
       Kraft.
       
       ## Schon vor fünf Jahren ein Messerangriff
       
       [1][Bereits vor fünf Jahren] hatte ein 17-jähriger Afghane in Würzburg in
       einer Regionalbahn Reisende mit einem Messer und einer Axt attackiert und
       schwer verletzt. Anschließend griff er noch eine Passantin an und wurde von
       Polizisten erschossen. Der Attentäter hatte seine Tat zuvor in einem Video
       angekündigt, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ die Attacke für sich
       reklamiert – als erste in Deutschland.
       
       Zuletzt wurden immer wieder schwere Straftaten von Tätern verübt, die auch
       psychisch auffällig waren. 2018 war ein Mann mit einem Transporter in
       Münster in eine Menschengruppe gerast und hatte vier Personen getötet,
       danach auch sich selbst. Die Polizei wertete die Tat als erweiterten
       Suizid. Im gleichen Jahr zündete ein Syrer im Kölner Hauptbahnhof einen
       Molotow-Cocktail, nahm eine Frau als Geisel und bezeichnete sich als
       IS-Anhänger. Auch hier sprachen die Ermittler:innen jedoch von der Tat
       eines psychisch Kranken.
       
       Wenige Monate später fuhr dann ein Mann in Essen und Bottrop in mehrere
       Menschengruppen, offenbar gezielt Migrant:innen. Ein Gericht attestierte
       auch ihm Wahnvorstellungen und schickte ihn in eine geschlossene
       Psychiatrie. Auch ein Iraker, der im August 2020 in Berlin auf der
       Stadtautobahn Motorradfahrer umfuhr und „Allahu akbar“ geschrien haben
       soll, landete in der Psychiatrie. Bei einem Autoangriff auf Menschengruppen
       in Volksmarsen im Februar 2020 genauso wie im Dezember in Trier, wo fünf
       Menschen starben, sind die Motive noch offen.
       
       26 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Angriff-in-Zug-bei-Wuerzburg/!5321262
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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