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       # taz.de -- Fernbahntunnel für Main-Metropole: Frankfurt bald unterirdisch
       
       > Die Planung eines unterirdischen Bahnhofs in Frankfurt am Main beginnt​.
       > Angeblich kostet er 3,6 Milliarden Euro – droht ein neues Stuttgart 21?
       
   IMG Bild: Frankfurt Hauptbahnhof: das Nadelöhr des Rhein-Main-Gebiets
       
       Frankfurt am Main taz | Der 1888 als „Centralbahnhof“ eröffnete Frankfurter
       Hauptbahnhof erhält ein unterirdisches Beiwerk. Unter den 24 Gleisen des
       Kopfbahnhofs soll in 35 Metern Tiefe ein neuer Fernbahnhof mit vier Gleisen
       entstehen.
       
       Durch einen 10 Kilometer langen Tunnel in Ost-West-Richtung wird der neue
       [1][Bahnhof an das europäische Netz des Schienenschnellverkehrs] angebunden
       werden. Nach Angaben der Bahn hat eine [2][Machbarkeitsstudie] ergeben,
       dass ein solcher unterirdischer Fernbahnhof realisiert werden kann. Bahn
       und Bund rechnen mit Kosten von 3,6 Milliarden Euro – „Stand jetzt“ – und
       einer reinen Bauzeit von 10 Jahren. Beim umstrittenen Fernbahnprojekt
       Stuttgart 21 stiegen die Kosten seit der Planungszeit in den 90er Jahren
       von damals 2,6 Milliarden Euro auf derzeit avisierte 8,2 Milliarden Euro.
       
       Mit dem Land Hessen, den Städten Frankfurt, Offenbach und Hanau haben sich
       allerdings bereits bedeutende Player für das Projekt in Frankfurt
       ausgesprochen, ebenso zahlreiche Verbände und Organisationen. Anders als
       bei [3][Stuttgart 21] sind in Frankfurt auch Umweltverbände und
       Klimaschützer wie BUND und ProBahn mit an Bord. Das liegt daran, dass es
       eine deutliche qualitative Verbesserung für Bahnfahrer bedeutet.
       
       ## „Nadelöhr“ Rhein-Main-Gebiet
       
       Wer mit dem ICE aus Berlin oder München das Rhein-Main-Gebiet erreicht,
       erlebt alltäglich das, was Verkehrsstrategen als „Nadelöhr“ bezeichnen. Der
       Zug zockelt südlich des Mains durch die Stadtgebiete von Hanau, Offenbach
       und Frankfurt, fährt dann über die westliche Mainbrücke in das riesige
       Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs ein.
       
       Regelmäßig kommt es dabei zu Staus. Züge müssen warten, weil alle Wege des
       Fern- und Regionalverkehrs sich in dem Kopfbahnhof kreuzen. Der Bau
       separater S-Bahn-Gleise und des unterirdischen S-Bahnhofs mit vier
       Bahnsteigen hat den Engpass zwar bereits entlastet. Von einer dem
       Fernverkehr vorbehaltenen unterirdischen West-Ost-Achse erwarten die Planer
       jedoch eine erhebliche Kapazitätssteigerung.
       
       Die Fahrtzeitverkürzung wird mit acht Minuten berechnet. Wichtiger aber ist
       es, dass für die Fernverkehrszüge der Fahrtrichtungswechsel entfällt und
       oberirdisch der Regional- und Nahverkehr nicht länger beeinträchtigt wird.
       
       1.250 Züge täglich verkraftet der Bahnhof zur Zeit, bereits in neun Jahren
       sollen es 1.500 sein. Wegen der bestehenden Engpässe lassen zur Zeit viele
       Fernverkehrsverbindungen den Frankfurter Hauptbahnhof aus und halten
       stattdessen ausschließlich am Fernbahnhof Flughafen Frankfurt.
       
       ## „Großer Wurf für den Bahnverkehr“
       
       Bahnvorstand Ronald Pofalla versprach am Montag bei der Vorstellung des
       Projekts den zügigen Beginn der Planung. „So befreien wir das Netz von
       einem chronischen Engpass und steigern die Attraktivität der Schiene“,
       sagte er. „Das stärkt die Schiene und schützt das Klima“, sagte [4][der
       hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir]. Der Grüne
       sprach von einem „großen Wurf für eine intelligente und umweltgerechte
       Steuerung und Abwicklung des Bahnverkehrs“.
       
       In der Studie werden einige Streckführungen für die unterirdischen
       Fernverkehrsgleise verworfen. Der Tunnel muss südlich an den Hochhäusern
       der Frankfurter City vorbeigeführt werden, weil deren bis zu 50 Meter tiefe
       Fundamente nicht untertunnelt werden könnten. Im Westen dürfte der
       Tunnelausgang ähnlich positioniert werden wie der des bestehenden
       S-Bahn-Tunnels.
       
       Für das östliche Tunnelportal wurde ein Dreieck an der Stadtgrenze zwischen
       Frankfurt und Offenbach ausgemacht. Die genaue Streckenführung wird nach
       weiteren Untersuchungen und Erkundungen festgelegt.
       
       Mit einer frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit soll für die
       Akzeptanz geworben werden. Ein Newsletterservice ist eingerichtet. Die
       „Öffentliche digitale Live-Veranstaltung“ zur Vorstellung der
       Machbarkeitsstudie allerdings begann am Montagnachmittag holprig. Der
       angekündigte Link zur Veranstaltung stand nicht rechtzeitig auf der
       Homepage.
       
       Gerd-Dietrich Bolte, Bahn-Projektleiter Infrastruktur, stand gleichwohl
       zwei Stunden lang Rede und Antwort. Er betonte die große Bedeutung eines
       leistungsfähigen Knoten Frankfurt für den Deutschlandtakt im Fernverkehr,
       also die regelmäßige verdichtete Bedienung von größeren Bahnhöfen durch die
       Bahn. Zu einer unterirdischen Lösung gebe es keine Alternative, „wenn man
       nicht anfangen will, Häuser zu opfern“, sagte er; das komme aber angesichts
       des angespannten Wohnungsmarkts nicht in Frage.
       
       29 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schienengipfel-der-Bundesregierung/!5767451
   DIR [2] https://www.fernbahntunnel-frankfurt.de/fernbahntunnel-machbarkeitsstudie.html
   DIR [3] /Protest-im-Suedwesten/!5752768
   DIR [4] /Rodung-des-Dannenroeder-Forstes/!5736588
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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