# taz.de -- Prekäre Arbeit an Hamburgs Hochschulen: Hilfskräfte wollen Sicherheit
> Studentische Beschäftigte fordern vom Hamburger Senat einen Tarifvertrag
> wie in Berlin. Da gibt es 12 Euro die Stunde und zweijährige Verträge.
IMG Bild: Hamburger Studierende fordern einen fairen Tarifvertrag, wie hier auf einer Demonstration am 5. Juni
Hamburg taz | Der rot-grüne Senat in Hamburg soll mit studentischen
Beschäftigten über einen Tarifvertrag verhandeln. Das fordern die
Gewerkschaften ver.di, GEW und eine vor einer Woche eigens gegründete
„Tarifkommission“ studentischer Beschäftigter. Die förmliche Einladung zu
Sondierungsgesprächen soll Samstag früh vor dem Haupteingang des Rathauses
an Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) übergeben werden.
„Unser größtes Problem ist die zeitliche Befristung der Verträge“, sagt
Marvin Hopp, Soziologiestudent und einer von rund 90 studentischen
Beschäftigten, die zum Kreis der Aktiven gehören. Gewerkschaftlich
organisiert seien noch weit mehr Kommilitonen, sagt er. Über alle
Hochschulen verteilt arbeiten in Hamburg an die 9.000 studentische
Beschäftigte. Doch wie eine [1][große Anfrage der Linksfraktion] jüngst
ergab, sind über 70 Prozent ihrer Arbeitsverträge auf zwei bis maximal
sechs Monate befristet. „Das schafft ein enges Abhängigkeitsverhältnis“,
sagt Marvin Hopp. Viele arbeiteten ihre Krankheitstage nach oder trauten
sich nicht, den ihnen gesetzlich zustehenden Urlaub in Anspruch zu nehmen.
Dass es auch anders geht, zeigt das Rot-Rot-Grün regierte Berlin. Dort
hatten GEW und ver.di 2018 einen [2][Tarifvertrag für Studentische
Beschäftigte], kurz TVStud, abgeschlossen. An der Spree laufen die Verträge
zwischen den Hochschulen und den jungen Leuten über mindestens zwei Jahre,
außerdem verdienen sie über zwölf Euro die Stunde, haben eine
„Mindesarbeitszeit“ von 40 Stunden im Monat und dürfen einen studentischen
Personalrat wählen. „Wenn Berlin das kann, warum soll das in Hamburg nicht
auch möglich sein?“, fragt Studentin Heidi Heil.
In Hamburg verdienen studentische Hilfskräfte 10,77 Euro die Stunde. Die
[3][Gewerkschaften ver.di und GEW] sehen darin einen Widerspruch zum
[4][Beschluss des Senats, Hamburg zur „Stadt der guten Arbeit“] zu machen
und allen Beschäftigen „zwölf Euro Mindestlohn nach Tarif“ zu zahlen. „Wir
sind gesprächsbereit“, sagt ver.di-Gewerkschaftssekretärin Angelika
Gericke. „Die politische Entscheidung, ob er die Arbeitsbedingungen für
Studierende verbessern will, liegt nun beim Senat.“ Laut Marvin Hopp liegt
noch keine konkrete Lohnforderung vor: „Wir fordern einen Tarifvertrag. Die
Lohnhöhe muss verhandelt werden.“
## Finanzsenator will keinen Hamburger Alleingang
Die hochschulpolitische Sprecherin der Linken, Stephanie Rose, unterstützte
am Freitag die Initiative. „Es ärgert mich, dass der Senat studentische
Beschäftigte seit Jahren unter dem Niveau des Mindeslohns bezahlt“, sagt
sie. Ihre große Anfrage habe zudem gezeigt, dass in Hamburg jede Hochschule
unterschiedliche Regeln und Anlaufstellen bezüglich der
Interessenvertretung habe. Das sei für die jungen Beschäftigten „meist
nicht transparent“. Sie hoffe zudem, dass dieser Arbeitskampf mehr Licht
auf die Probleme werfe, „die wir auch im Mittelbau und in der Verwaltung
der Hochschulen haben“.
Am Freitag von der taz gefragt, was er zu den Forderungen sagt und ob es
Sondierungsgespräche gibt, dämpft der Hamburger Finanzsenator Andreas
Dressel die Erwartungen: „Ich nehme morgen gerne die Forderungen entgegen.“
Er werde diese im Herbst zu den Gesprächen der Tarifkommission der Länder
(TdL) mitnehmen, an denen er als stellvertretender Vorsitzender beteiligt
ist. Die Hansestadt werde sich „in diesen und anderen Tariffragen“ immer
eng mit den anderen TdL-Mitgliedsländern abstimmen, sagt Dressel. „Dass wir
uns in Hamburg und bundesweit dafür engagieren, die Zwölf-Euro-Marke beim
Mindestlohn zu erreichen, ist bekannt.“
Dazu sagt ver.di-Sekretärin Angelika Gericke, in Hamburg habe es die
Politik „in der Hand, hier eine Vorreiter-Funktion zu erfüllen“. Die Stadt
sollte die Angelegenheit „nicht auf die lange Bank schieben“.
2 Jul 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/76114/unterbezahlt_ueberarbeitet_und_unsichere_perspektiven_die_prekaere_situation_studentischer_beschaeftigter_in_der_stadt_der_guten_arbeit.pdf
DIR [2] https://www.tu-berlin.de/fileadmin/i39_prsb/infomaterial/gewerkschaften/20191125_Brosch%C3%BCre_tv_stud_online_neu.pdf
DIR [3] https://www.gew-hamburg.de/themen/tarif-besoldung/verdi-und-gew-fordern-zu-sondierungsgespraechen-auf
DIR [4] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/62227/hamburg_stadt_der_guten_arbeit_12_euro_mindestlohn_nach_tarif.pdf
## AUTOREN
DIR Kaija Kutter
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