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       # taz.de -- Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Norbert Himmler ist neuer ZDF-Intendant
       
       > Erst im dritten Wahlgang kam die Entscheidung: Tina Hassel zog ihre
       > Kandidatur zurück. Nun wird Himmler der Nachfolger von Thomas Bellut.
       
   IMG Bild: Gratulation von Malu Dreyer an Norbert Himmler
       
       [1][Eine ZDF-Intendantin bleibt auch weiterhin Zukunftsmusik.] Der
       Fernsehrat des Mainzer Senders wählte am Freitag im Dritten Wahlgang
       Programmdirektor Norbert Himmler mit 57 von 60 Stimmen zum Nachfolger von
       Intendant Thomas Bellut, der 2022 aufhört. Es gab eine Nein-Stimme, zwei
       Enthaltungen und ziemlich langen Applaus.
       
       „Ich freue mich, dass wir einen versierten Programmgestalter und
       herausragenden Manager mit der Leitung des ZDF betrauen“, sagte Marlehn
       Thieme, die dem obersten ZDF-Gremium vorsitzt. Der Fernsehrat kenne Himmler
       sehr gut und schätze insbesondere „seine strategische Kompetenz, vor allem
       bei der digitalen Weiterentwicklung des ZDF“.
       
       Himmler, aber auch vielen Fernsehrät*innen sei eine gewisse
       Erleichterung anzusehen gewesen, berichten Teilnehmer*innen der
       ZDF-Konklave. Denn in den ersten beiden Wahlgängen ergab sich noch kein so
       klares Bild und vor allem nicht die vorgeschriebene Drei-Fünftel-Mehrheit
       für Himmler. Das lag an der Gegenkandidatin Tina Hassel.
       
       Die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios war überraschend vor ein paar Wochen
       vom SPD-nahen Freundeskreis vorgeschlagen worden. Laut FAZ stecke dahinter
       die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz – Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist
       auch Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder.
       
       ## Erinnerungen an eine Hängepartie
       
       Himmler wiederum segelte auf dem Ticket des CDU-nahen Freundeskreises, auch
       wenn er kein Parteisoldat ist. Im ersten Wahlgang gab es bei zwei
       Enthaltungen 24 Stimmen für Hassel und 34 für Himmler, der damit um zwei
       Stimmen am benötigten Quorum vorbeischrammte. Dass Hassel dann im zweiten
       Wahlgang Boden gut machte und Himmler sogar Stimmen verlor, sorgte für
       milde Hektik. Jetzt stand es 28 zu 32, enthalten hatte sich niemand mehr.
       
       Und Erinnerungen wurden wach an die Hängepartie bei der Wahl von Markus
       Schächter anno 2001, die erst nach fünf Wahlgängen und heftigem Gemauschel
       nebst parteipolitischen Absprachen über die Runden ging. Ironie damals:
       Wegen dieser Absprachen wurde nicht der damals favorisierte
       ZDF-Fiktion-Chef Hans Janke neuer Programmdirektor. Die „Schwarzen“
       reklamierten den Posten für einen der ihren, und so hieß der neue
       Programmdirektor des Intendanten Schächter dann – Thomas Bellut. Der Rest
       ist nun auch schon wieder Rundfunkgeschichte.
       
       Aber auch dieses Mal mussten die Freundeskreise wieder ran. Nach dem
       zweiten Wahlgang wurde die Sitzung unterbrochen, und die weder im
       ZDF-Staatsvertrag noch in der Fernsehrats-Geschäftsordnung vorgesehenen
       parteinahen Klüngelkreise traten zusammen. Mit dem Ergebnis, dass Tina
       Hassel vor dem dritten Wahlgang ihre Kandidatur zurückzog und so den Weg
       für Himmler frei machte.
       
       Hassel begründete ihren Verzicht damit, dass sie aus einer kleinen Mehrheit
       für ihren Konkurrenten eine große machen wolle. Das sei ganz im Sinne eines
       starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den sie schließlich beide
       wollten. Und sie wünschte Himmler artig viel Erfolg.
       
       ## Keine großen Unterschiede
       
       Beide Kandidat*innen hatten am Freitagmorgen beim Fernsehrat
       vorgetanzt. Große Unterschiede gab es nicht: Hassels Input trug die an den
       aktuellen ARD-Sprech („Wir sind eins“) erinnernde Überschrift „Raum für das
       Wir“, Norbert Himmler startete mit dem Slogan „Ein ZDF für alle“. Der
       Spaltung der Gesellschaft müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk etwas
       entgegensetzen und noch näher an die Menschen rücken, verkündeten beide
       unisono. So ließe sich auch das kleine Problem mit der Akzeptanz im Volk
       der Beitragszahlenden wieder hinbekommen.
       
       Tina Hassel bewarb das ZDF als Dialogplattform, die als „Marken-Kosmos“ auf
       allen digitalen Plattformen zu Hause sei. „Niemand soll am ZDF vorbei
       kommen. Egal ob auf YouTube, Instagram oder TikTok“, so Hassel. Sie wies
       dann noch ein bisschen frech auf die bessere Reichweite von tagesschau.de
       im Gegensatz zu heute.de hin. Himmler konterte mit „seiner“ Erfindung ZDF
       neo und der ZDF Mediathek. Er wolle nun das ZDF „nachhaltig umbauen“ und
       den CO2-Fußabdruck des Zweiten spürbar reduzieren.
       
       Um das Programm ging es natürlich auch, wobei die ARD die wichtigste
       Gegnerin bleibt: Der Fernsehrat könne Himmler 2025 daran messen, dass es
       „klar positive Ergebnisse im Benchmarking mit der ARD“ gebe und „an der
       Meinung der Kreativen, die mit dem ZDF zusammenarbeiten“, wie es auf
       Himmlers bei Twitter kursierender Powerpoint-Präsentation heißt. ZDF heute
       soll „eine führende Position“ einnehmen. Im digitalen Bereich verspricht
       Himmler eine „Innovationsquote von 20 Prozent“, und er will mit
       internationalen Partnerschaften den übermächtigen Global Playern begegnen.
       
       Und dazu, so Himmler, wolle das ZDF natürlich dann doch die Zusammenarbeit
       mit der ARD und Deutschlandradio nochmal verstärken.
       
       2 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-ZDF-Intendanz/!5755648
       
       ## AUTOREN
       
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