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       # taz.de -- Einschüchterung von Journalist:innen: Bunt gegen „Zionistische Presse“
       
       > Auf einem alternativen CSD in Berlin sind Journalist:innen bedrängt
       > worden. Pressearbeit sei nur mit Polizeischutz möglich gewesen.
       
   IMG Bild: Eingeschränkte Sicht: Gesichter sollten nicht fortografiert werden
       
       Bei einer queeren Kundgebung am Samstag in Berlin sollen Ordner*innen
       versucht haben, Presseleute einzuschüchtern. Das sagt die Deutsche
       Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) in der Gewerkschaft Verdi,
       deren Landesgeschäftsführer Jörg Reichel selbst vor Ort war. Reichel
       spricht gegenüber der taz von „versuchter Nötigung“ anwesender
       Fotograf*innen und Journalist*innen. Im Verlauf der Demo sei
       Pressearbeit nur mit Polizeischutz möglich gewesen. Die Presseleute seien
       von einem Ordner per Megafon als „Zionistische Presse“ ausgerufen worden in
       der Absicht, Stimmung gegen sie zu erzeugen.
       
       Die Kundgebung „Wir sind hier und wir sind queer – in jeder Farbe, Größe
       und Form …“ lief am Samstag ab 17 Uhr vom Hermannplatz in Berlin-Neukölln
       nach Kreuzberg. Es handelte sich um eine parallele Veranstaltung zum großen
       [1][„Christopher Street Day“], der zeitgleich stattfand. Aufgerufen zur
       Kundgebung hatte ein Bündnis unter anderem von [2][„Migrantifa“], [3][der
       Israel-Boykott-Kampagne „BDS Berlin“ und dem Verein „Palestine Speaks“].
       Einige Tausend Menschen nahmen teil.
       
       Unmittelbar vor Beginn hätten einige Personen aus dem Umfeld der
       Demo-Anmelder*innen die anwesenden Presseleute gezielt angesprochen,
       Presseausweise verlangt und die Fotograf*innen aufgefordert,
       Porträtfotos zu unterlassen. Zudem hätten sie die
       Pressevertreter*innen gefragt, für wen sie arbeiteten.
       DJU-Geschäftsführer Reichel gibt an, diese Ansprachen seien „relativ
       ruppig“ ausgefallen, bedrängend, allerdings ohne körperliche Übergriffe.
       Reichel kritisiert vor allem die Frage nach den Auftraggeber*innen.
       „Presserecht steht allen zu, unabhängig davon, für wen sie arbeiten.“
       
       Im weiteren Verlauf sollen die Ordner*innen versucht haben, die
       Journalist*innen zu fotografieren. Eine Journalistin sei dabei von
       einer kniehohen Mauer geschubst worden und in jemanden reingefallen.
       Anschließend hätten Ordner*innen wiederholt versucht, Teilnehmende
       lautstark zu informieren, dass „zionistische Presse“ anwesend sei.
       
       ## Ordner festgenommen
       
       „Man hat die Presse markiert“, sagt Reichel, „und der Effekt war, dass die
       Presse nicht mehr frei arbeiten konnte“. Unterstützung der Polizei sei
       daher nötig geworden. „Anmelder*innen von Demos sollten nicht entscheiden,
       wer erwünschter Journalist und nicht erwünschter Journalist ist“, sagt
       Reichel. Die Ordner*innen hätten jedoch zu keiner Zeit zur Gewalt
       aufgerufen. Pressefeindliche Stimmung und das gezielte Herausheben von
       Presseleuten bei Demos sind bisher [4][vorwiegend als Strategien des
       rechten und des Querdenker-Milieus] bekannt. Man habe es aber in Berlin
       vereinzelt schon mit Behinderung der Presse bei propalästinensischen Demos
       zu tun gehabt, sagt Reichel.
       
       Ein Ordner, der maßgeblich die Ansprachen gegenüber Journalist*innen
       angeführt habe, sei zwischenzeitlich aufgefordert worden, dies zu
       unterlassen. Im Verlauf der Demo wurde der betreffende 42-jährige Mann laut
       einer Pressemitteilung der Berliner Polizei vom Sonntag festgenommen.
       Daraufhin hätten zunächst 50 bis 80 Demonstrant*innen die Festnahme zu
       verhindern versucht, indem sie das Fahrzeug, in das der Mann verbracht
       wurde, blockierten. Anschließend, so die Polizei, habe man 300 Personen
       durch „Schieben und Drücken“ daran gehindert, das Fahrzeug zu umstellen.
       
       Auf eine Nachfrage der taz am Montagvormittag zu den konkreten Vorfällen
       gegenüber Pressevertreter*innen erbat die Berliner Polizei um 24
       Stunden Zeit zur Beantwortung. Die Demo-Veranstalterin „BDS Berlin“ war am
       Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
       
       26 Jul 2021
       
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       ## AUTOREN
       
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