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       # taz.de -- Neubau von Anlagen nimmt zu: Mehr Windräder – und doch zu wenig
       
       > Das Tal scheint überwunden: Dieses Jahr wird doppelt so viel Windleistung
       > ans Netz gehen wie 2019. Doch zufrieden ist die Branche damit noch nicht.
       
   IMG Bild: Müssen noch deutlich mehr werden: Windäder, hier in Brandenburg
       
       Berlin taz | Vor einem Jahr herrschte in der Windbranche noch großer
       Pessimismus: 2019 waren so wenige neue Windräder an Land errichtet worden
       wie seit zehn Jahren nicht mehr – und für 2021 schien sogar ein Rückgang
       der installierten Wind-Leistung möglich. [1][Denn zu Beginn dieses Jahres
       ist für die ersten Windräder die 20-jährige Förderung über das
       Erneuerbare-Energien-Gesetz ausgelaufen]. Und bei den Verbänden herrschte
       Sorge, dass viele davon abgebaut werden, weil sie nicht mehr wirtschaftlich
       sind, wenn sie für ihren Strom nur noch den aktuellen Marktpreis erhalten.
       
       Doch ein Jahr später hat sich die Stimmung gedreht. Der befürchtete
       Windrad-Abbau ist ausgeblieben, denn durch die zuletzt deutlich gestiegenen
       Strompreise rechnen sich viele alte Anlagen offenbar auch ohne Förderung.
       Und auch der Neubau von Anlagen, der nach dem dramatischen Einbruch im Jahr
       2019 schon im vergangenen Jahr wieder zugelegt hatte, steigt in diesem Jahr
       weiter an.
       
       Mit knapp 1 Gigawatt lag der Brutto-Zubau von Windrädern an Land im ersten
       Halbjahr 2021 um 66 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres –
       und höher als im gesamten Jahr 2019, teilte der Bundesverband Windenergie
       (BWE) am Dienstag mit. Der stärkste Zubau wurde dabei in Niedersachsen,
       Brandenburg und Nordrhein-Westfalen verzeichnet. Für das Gesamtjahr wird
       ein Wert von 2,2 bis 2,4 Gigawatt erwartet.
       
       Doch ungetrübt ist die Freude der Branche trotzdem nicht. Denn trotz der
       Steigerung liegt der Wert noch unter den Plänen der Bundesregierung.
       Vergeben wird die Förderung für neue Windparks über Ausschreibungen, bei
       denen jene Betreiber den Zuschlag bekommen, die die geringste Vergütung für
       ihren Strom fordern. Doch in den ersten beiden Auschreibungen in diesem
       Jahr gab es jeweils weniger Gebote als ausgeschriebene Leistung – es kamen
       also alle Anbieter zum Zug, doch die gewünschte Menge wird trotzdem nicht
       gebaut. Anders als in der Vergangenheit verfallen die nicht genutzten
       Mengen künftig zwar nicht komplett, aber die Energiewende läuft damit
       langsamer, als sie soll. Grund für die zu geringen Gebote ist, dass die
       Kommunen noch zu wenige Flächen für Windanlagen ausweisen, sagte
       BWE-Präsident Hermann Albers.
       
       ## Nur 2 Prozent in Bayern
       
       Sorge bereitet dem Verband zudem, dass die neuen Windräder zum ganz
       überwiegenden Teil im Norden enstehen; südlich der Mainlinie fanden nur 18
       Prozent des Zubaus statt; von den neuen Genehmigungen enfallen sogar nur 9
       Prozent auf Süddeutschland. Besonders schlecht ist die Lage in Bayern: Dort
       ruft CSU-Ministerpräsident Markus Söder zwar besonders laut nach einer
       schnelleren Energiewende, doch in seinem Bundesland entstanden 2021 gerade
       mal 2 Prozent der neuen Windräder.
       
       Das liegt vor allem an einer besonders restriktiven Vorgabe, der
       soganannten 10-H-Regel. Diese gibt vor, dass der Mindestabstand eines
       Windrades von Wohnhäusern in der Regel das Zehnfache seiner Höhe beträgt.
       Dadurch gebe es in Bayern kaum Flächen für Windräder, kritisierte der
       Geschäftsführer des Verbands VDMA Power Systems, Matthias Zielinger – und
       warnte: „Wenn in Bayern die 10-H-Regel bleibt, wird es dort auch in Zukunft
       nichts werden.“ Auch Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock drängte am
       Dienstag auf mehr Platz für Windräder. „Wir wollen 2 Prozent der
       Landesfläche für Windkraft nutzen, die Union verhindert das“, schrieb sie
       auf Twitter.
       
       Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wertete die steigenden
       Ausbauzahlen dagegen als „Zeichen, dass unser Aktionsplan Wind an Land
       gewirkt hat“, und als „gute Nachricht für den Klimaschutz“. Um die
       Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, langt das Ausbautempo
       allerdings bei Weitem noch nicht.
       
       Die Bundesregierung selbst hat die Ausbaumengen nicht an ihre verschärften
       Klimaziele angepasst – das Projekt war [2][am Widerstand der
       Unions-Fraktion im Bundestag gescheitert]. Studien gehen aber davon aus,
       dass dafür bis 2030 jedes Jahr mindestens 5 Gigawatt Wind an Land zugebaut
       werden müssen – also mehr als doppelt so viel, wie für dieses Jahr
       erwartet.
       
       27 Jul 2021
       
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