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       # taz.de -- Verbrechen von Milizen in Libyen: Berüchtigter Warlord ist tot
       
       > Die Miliz von Mohamed al-Kani gilt als besonders grausam, die
       > internationale Justiz ermittelt. Nun ist er bei seiner Verhaftung ums
       > Leben gekommen.
       
   IMG Bild: Gräber im libyschen Tarhuna
       
       Tunis taz | Bei einer Schießerei ist am Montag der berüchtigte libysche
       Milizenkommandeur Mohamed al-Kani ums Leben gekommen. Nach Angaben von
       lokalen Journalisten hielt sich der von der libyschen Staatsanwaltschaft
       wegen Kriegsverbrechen gesuchte al-Kani auf einer Farm in der Nähe von
       Bengasi, der größten Stadt im Osten Libyens, auf, als ihn mehrere Dutzend
       Sicherheitskräfte verhaften wollten.
       
       Al-Kani habe zusammen mit mehreren Begleitern das Feuer auf die unter dem
       Kommando des Innenministeriums stehenden Offiziellen eröffnet, so der
       Journalist Mahmoud al-Misrati. Neben dem 35-Jährigen starb ein weiterer
       Milizionär. Da es weder Videoaufnahmen von der Schießerei noch Fotos von
       der Leiche al-Kanis gibt, machen verschiedene Versionen des Geschehens in
       den Cafés in Bengasi die Runde.
       
       Die mehrere Tausend Mann starke, [1][nach Mohamed al-Kani und seinen fünf
       Brüdern benannte] und von ihnen angeführte Miliz, ist hauptsächlich in dem
       Ort Tarhuna, 80 Kilometer westlich von Tripolis, stationiert. Am Stadtrand
       fanden Forensiker voriges Jahr nach dem Ende des Krieges um die Hauptstadt
       Tripolis die Überreste von mehreren Hundert Leichen.
       Menschenrechtsaktivisten gehen davon aus, dass es sich dabei um
       Oppositionelle und regierungstreue Soldaten handelt.
       
       Die Al-Kani-Miliz war Teil der Militärallianz von [2][General Chalifa
       Haftar], die am 4. April 2019 mit einem Überraschungsgangriff versuchte,
       die libysche Hauptstadt zu erobern. Dort regierte die Einheitsregierung von
       Premierminister Fajis Serradsch, der sich mit den Gegnern des
       selbsternannten Feldmarschalls verbündet hatte.
       
       ## Internationaler Strafgerichtshof ermittelt
       
       Tarhuna wurde von der Offiziersclique um Haftar zu einem wichtigen
       Stützpunkt des Angriffs ausgewählt. Für die Sicherung der Nachschublinie
       und der Stadt, wurden lokale Milizen eingesetzt. Eine davon war jene, der
       für ihre Gewaltbereitschaft bekannten Kani-Brüder. Fünf Jahre hatten sie
       das Sagen in der Stadt. Haftars Truppen, sowie internationale Söldner,
       zogen Ende letzten Jahres nach Osten ab, als die [3][Türkei auf der Seite
       der Regierung] eingriff.
       
       Wochen nachdem die Regierungstruppen Tarhuna eingenommen hatten, begann die
       Ausgrabung der zahlreichen Gräber. „Selbst als die Soldaten aus Tripolis
       kamen, traute sich niemand, über die zahlreichen Vermissten und nächtlichen
       Schüsse zu sprechen“, sagte der Ingenieur Mohamed al-Tahouni der taz am
       Telefon. „Wir waren sicher, dass die Kanis eines Tages wieder zurückkommen
       werden.“
       
       Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) ermittelt derzeit zu den über 150
       Morden. Sollte sich herausstellen, dass General Haftar al-Kani direkte
       Befehle gab, müsste er sich wohl vor dem ICC in Den Haag einem
       Gerichtsverfahren stellen. Der Verband der Angehörigen der Opfer von
       Tarhuna forderte am Mittwoch die Aufklärung der Taten. Mit dem Tod von
       al-Kani dürfe die Wahrheit nicht mitbegraben werden, hieß es in einer
       Erklärung.
       
       28 Jul 2021
       
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