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       # taz.de -- Anstehender Coronaprotest: Jetzt wieder quer auf der Straße
       
       > Am Wochenende wollen die „Querdenker“ in Berlin auflaufen und damit einen
       > „Sommer der Freiheit“ einläuten. Gegenprotest hat sich angekündigt.
       
   IMG Bild: So viele Querdenker wie vor einem Jahr werden es diesmal sicher nicht
       
       Berlin taz | Am Wochenende wird es wohl zu einigen teils größeren
       Demonstrationen aus dem „Querdenker“-Milieu sowie zu Gegenprotesten kommen.
       Die zentrale Veranstaltung ist eine von der Gruppe Querdenken711 für den
       Nachmittag des 1. Augusts angemeldete Kundgebung auf der Straße des 17.
       Juni, die laut Initiative einen „Sommer der Freiheit“ einläuten soll.
       
       Am Donnerstagmorgen bestätigte die Polizei der taz, zwei Versammlungen –
       eine am 31. Juli und eine am 1. August – aus dem Milieu an diesem
       Wochenende verboten zu haben. Welche Versammlungen betroffen sind, gab die
       Polizei nicht bekannt. Grund für das Verbot seien die negativen Erfahrungen
       aus den vergangenen Demonstrationen des Mileus.
       
       Angemeldet sind nach Polizeiangaben 22.500 Teilnehmende, die [1][Mobile
       Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus (MBR)] geht dagegen lediglich von
       einer „vierstelligen Anzahl“ von Demonstrant:innen aus. Weitere
       Kundgebungen und Demonstrationen – darunter eine sogenannte Club Demo –
       sind für den Vortag angesetzt.
       
       Der 1. August ist Jahrestag der ersten erfolgreichen bundesweiten
       Mobilisierung zu einer Großdemonstrationen durch die Szene der
       Coronaleugner:innen. An dem Tag waren nach Polizeiangaben 20.000 Menschen
       in Berlin erschienen. Demonstrierende missachteten zuhauf die
       Corona-Auflagen, es kam zu antisemitischen Zwischenfällen.
       
       So trugen einzelne Teilnehmer:innen etwa sogenannte Judensterne mit der
       Aufschrift „ungeimpft“. Eine weitere Großdemo folgte am 29. August. Der Tag
       endete mit der [2][Erstürmung der Treppen des Reichstagsgebäudes] auch
       durch Personen des rechtsextremen Spektrums.
       
       ## Mobilisierung setzt auf Nostalgie
       
       An diese – von der Bewegung als Erfolge verbuchte – Ereignisse soll nun
       offenbar angeschlossen werden. In Mobilisierungsvideos werden mit
       dramatischer Musik unterlegte Szenen vergangener Demonstrationen gezeigt.
       „Nahezu täglich“ würde die „Szene-Prominenz“ in den sozialen Medien an die
       Ereignisse des vergangenen Jahres erinnern und für die Teilnahme am
       Wochenende werben, so die MBR.
       
       Geplant gewesen sei außerdem eine „deutschlandweite Mobilisierungstour mit
       acht Bussen“. Letztlich organisiert worden sei aber nur ein einziger Bus,
       der am Freitag um 19 Uhr am Platz des 18. März ankommen soll.
       
       Schon vor dem Verbot war es laut der Initiative [3][Berlin gegen Nazis]
       „sehr fraglich“, dass eine mit dem vergangenen Jahr vergleichbare
       Mobilisierung wiederholbar ist. Auch die MBR spricht von einer
       „Demonstrationsmüdigkeit“ und einer „geringeren Dynamik in der
       Mobilisierung“. Gänzlich verfehlen würde die „äußerst intensiv und
       professionell“ geführte Kampagne ihr Ziel jedoch nicht.
       
       Mit einem möglichen Verbot hat die Initiative wohl bereits im Vorfeld
       gerechnet. So wurden Teilnehmende auf der Website aufgefordert, „mobil“ zu
       bleiben, um „flexibel auf ein Versammlungsverbot reagieren“ zu können. Für
       den Fall des nun eingetretenen Versammlungsverbots sei am Samstag, den 31.
       Juli ein Aufzug unter dem Motto „Gegen das willkürliche Verbot von
       Versammlungen – für Grundgesetz Artikel 8“ geplant. Wie viele Teilnehmende
       nach dem Verbot noch erscheinen werden, ist allerdings völlig unklar.
       
       Widerstand kommt etwa von den Omas gegen Rechts. Gemeinsam mit dem Bündnis
       für ein weltoffenes und tolerantes Berlin, der Berliner Vereinigung der
       Antifaschist:innen (VVN-BdA) und der Initiative Aufstehen gegen
       Rassismus haben sie eine [4][Gegenkundgebung] für Sonntag ab 11 Uhr an der
       Ebertstraße entlang des Denkmals für die ermordeten Juden Europas
       angemeldet. In ihrem Aufruf heißt es unter anderem: „Wir werden dort
       stehen, wo sie vorbeilaufen – als Schutz für das Mahnmal und als Mahnung!“
       
       Update: Dieser Artikel wurde am 29.07.2021 um 11:00 Uhr um das Verbot der
       Polizei von zwei Versammlungen im an diesem Wochenende im zweiten Absatz
       und um die möglichen Strategien der Querdenken-Bewegung, dennoch zu
       demonstrieren, im vorletzten Absatz ergänzt.
       
       29 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://mbr-berlin.de/bundesweite-mobilisierung-zu-verschwoerungsideologischen-versammlungen-um-den-1-august-nach-berlin/
   DIR [2] /Politologe-ueber-Demo-von-Coronaleugnern/!5706393
   DIR [3] https://berlin-gegen-nazis.de/positionierungen-und-proteste-gegen-verschwoerungsideologischen-jahrestag-am-1-august-in-berlin/#
   DIR [4] https://omasgegenrechts.berlin/event/es-ist-geschehen-und-folglich-kann-es-wieder-geschehen-primo-levi/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Timm Kühn
       
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