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       # taz.de -- Klimaprotest gegen Flüssiggasterminal: Ein Ende auch mit diesem Gelände
       
       > 2.000 Klimaschützer:innen waren dem Aufruf der Initiative Ende
       > Gelände gefolgt. Sie haben gegen ein geplantes Flüssiggasterminal
       > protestiert.
       
   IMG Bild: Aktivisten besetzen das Gleis vor einem Chemieunternehmen in Brunsbüttel
       
       Brunsbüttel taz | Steine fliegen über das Werktor in Richtung der
       Aktivist*innen. Als der Demonstrationszug von Ende Gelände am Samstagmittag
       den Zaun zum Grundstück des Düngemittelproduzenten Yara in Brunsbüttel
       erreicht, steigt ein Security-Mitarbeiter aus dem Wachturm und [1][wirft
       mehrmals gezielt in Richtung der Demonstrant*innen]. Die
       Aktivist*innen weichen zurück, niemand wird verletzt. Sie setzen sich
       vor das Werktor und blockieren die einzigen Bahnschienen, die in das
       Industriegebiet führen, in dem auch Eon, BP, Total und andere Großkonzerne
       der Gas,- Öl- und Chemieindustrie angesiedelt sind – ein Erfolg.
       
       Das Bündnis Ende Gelände hatte in diesem Jahr statt ins rheinische
       Kohlerevier an die Nordsee mobilisiert, um gegen ein geplantes Terminal für
       Liquefied Natural Gas (LNG) zu protestieren. Die Planungen für das Terminal
       laufen seit Jahren, die CDU-geführte Jamaika-Koalition des Landes hat das
       Projekt im Koalitionsvertrag verankert. Das Genehmigungsverfahren läuft
       noch.
       
       Bei der Gewinnung und dem Transport von Gas wird Methan freigesetzt, ein
       wesentlich stärkeres Treibhausgas als CO2. Ein Großteil des zukünftig
       importierten Erdgases soll zudem aus Regionen kommen, die auf das in
       Deutschland verbotene unkonventionelle Fracking setzen, wie die USA und
       Argentinien. Für die Klimabewegung ist das ein Anlass, den Zusammenhang
       zwischen Klimakrise und globaler Ungerechtigkeit aufzuzeigen. Neokoloniale
       Ausbeutung und Rassismus stehen für sie im Zentrum des Protests.
       
       „Wirtschaftswachstum im Globalen Norden bedeutet für den Süden: Raub von
       Land und Ressourcen, Klimazerstörung und Waffenlieferungen“, sagt die
       Ende-Gelände-Sprecherin Rokaya Hamid. Der deutsche Reichtum beruhe auf
       kolonialer Ausbeutung, die Energiepolitik der Bundesregierung schreibe
       dieses Verhältnis fort. Unter den 2.000 Aktivist*innen, die zum Protest
       nach Brunsbüttel kamen, waren auch Indigene aus Chile und dem
       US-Bundesstaat Texas.
       
       ## Antikolonialer Protest
       
       Das Wochenende steht damit auch für einen Internationalisierungsprozess der
       Klimabewegung. In den vergangenen Jahren hatten BiPoC [2][wiederholt Kritik
       an der weiß dominierten Bewegung geäußert.] Unter anderem durch das Framing
       der Klimakrise als Generationenkonflikt bei Fridays for Future sei der
       Blick auf das Globale zu kurz gekommen: die Entrechtung indigener Kommunen,
       die Zerstörung von Lebensräumen durch den europäischen Energie- und
       Ressourcenverbrauch sowie die Fortschreibung von Rassismus.
       
       Ende Gelände rief die Teilnehmer*innen im Vorfeld daher auf, sich mit
       weißen Privilegien auseinanderzusetzen und Dreadlocks abzuschneiden. Das
       migrantische Bündnis „Antikoloniale Attacke“ hatte eine eigene
       Blockadeaktion in Hamburg geplant, sagte sie aber kurzfristig ab.
       Angesichts der zu erwartenden Repression sei die Sicherheit der
       Teilnehmer*innen nicht zu gewährleisten gewesen, so die Begründung.
       Stattdessen zog am Samstag eine Demonstration von einem Bismarckdenkmal zur
       Mahnwache der Geflüchtetengruppe „Lampedusa in Hamburg“, um die Kontinuität
       von Kolonialismus und dem migrationsfeindlichen Asylsystem aufzuzeigen.
       Obwohl die „antikoloniale Attacke“ klein ausfiel, bilanzierte die
       Sprecherin Elija Nejem: „Die Klimagerechtigkeitsbewegung wächst und ist
       international stark wie nie!“
       
       Die schleswig-holsteinische Polizei zog am Sonntag indes ein positives
       Fazit. Größere Auseinandersetzungen seien ausgeblieben. Dabei kam es jedoch
       durchaus zu Zwischenfällen. Am Samstagabend blockierten 15
       Aktivist*innen den Nord-Ostsee-Kanal mit Kajaks und verursachten einen
       zweistündigen Stau auf der hochfrequentierten Wasserstraße. „Dieser Kanal
       spielt eine wichtige Rolle für das geplante LNG-Terminal“, sagte der
       argentinische Aktivist Esteban Servat, „wir kappen hier eine wichtige
       neokoloniale Handelsroute.“
       
       Die Polizei löste die Blockade auf, indem sie die Kajakfahrer*innen
       zum Kentern brachte. Als die Wasserschutzpolizei versuchte, die
       Aktivist*innen aus dem Wasser zu ziehen, kam es zu gefährlichen
       Situationen, eine Frau geriet unter ein Polizeiboot. Die Staatsanwaltschaft
       ermittelt nun wegen Nötigung gegen die Aktivist*innen. „Schade, dass die
       Polizei nicht gegen die wirklich schweren Verbrechen vorgeht“, bedauerte
       die US-Aktivistin Elida Castillo, die sich gegen zwei LNG-Terminals in der
       südtexanischen Bucht Corpus Cristi engagiert. „Wenn sie sich für die
       Umweltverbrechen interessieren würde, die unseren Communitys angetan
       werden, würden sie hier mit uns stehen, statt uns zu kriminalisieren.“
       
       1 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/demogezwitscher/status/1421428622007603200
   DIR [2] https://www.ende-gelaende.org/wp-content/uploads/2020/09/Offener_Brief_von_BPoCs_an_das_Klimacamp_und_andere.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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