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       # taz.de -- Komödie „Palm Springs“ auf DVD: Endlich Zeit für Quantenphysik!
       
       > In der Komödie „Palm Springs“ erleben Andy Samberg und Cristin Milioti
       > wieder und wieder denselben Tag. Und täglich grüßt die Hochzeit.
       
   IMG Bild: Szene aus dem Film „Palm Springs“: Sarah und Nyles im Pool
       
       Nyles (Andy Samberg) hängt fest. Wieder und wieder (und wieder und wieder)
       erwacht er am selben Tag. In Palm Springs, gefeiert wird die Hochzeit einer
       Freundin seiner Freundin. Irgendwie ist er da hineingeraten und kommt nicht
       wieder heraus. Er kennt den Tag, die Ereignisse, den Ort, die Leute und
       ihre Geschichten längst sattsam.
       
       Skrupellos benutzt er sie zum eigenen Entertainment, verbringt Zeit im Pool
       einer Villa, deren Besitzer, wie er weiß, an diesem Tag nicht nach Hause
       kommen werden. Er ist im Lauf der kleinen Ewigkeit, die er hier schon
       verbracht hat, tausend Tode gestorben. Das hilft leider auch nicht, es geht
       am nächsten Morgen wieder alles auf Anfang.
       
       Das Dilemma als solches ist natürlich filmhistorisch bekannt: „Und täglich
       grüßt das Murmeltier“ ist der notorischste Fall, aber die Wikipedia-Liste
       der Zeitschleifen-Filme umfasst mehr als fünfzig Einträge. Die Grundidee
       des Festhängens, des Geworfenseins in ein sich zermürbend immer nur
       wiederholendes Dasein, ist als Albtraumversion unserer sich Tag für Tag
       doch eher gleichenden Normalexistenz attraktiv.
       
       So erlebt in „12:01“ von 1993 ein Büroangestellter immer aufs Neue den
       schlimmsten Tag seines Lebens. Man kann aus der Prämisse aber auch
       Science-Fiction-Thriller-Plots basteln: In „Edge of Tomorrow“ von 2014 kann
       [1][Tom Cruise] immer dieselbe Schlacht gegen Aliens schließlich
       erfolgreich bestreiten. Und es gibt gleich mehrere Varianten, in denen ein
       schwarzer Amerikaner den Tag immer wieder erlebt, an dessen Ende er durch
       Polizeigewalt umkommt, zuletzt „The Obituary of Tunde Johnson“ von 2019.
       
       ## Sterben ist leicht, aber Schmerzen sind echt
       
       „Palm Springs“ aber tut, was der „Murmeltier“-Klassiker tut: Er macht eine
       als Komödie aufgezogene Liebesgeschichte daraus. Allerdings bleibt Nyles
       die (noch dazu ethisch sehr heikle) Sisyphosarbeit des ständig erneuten
       Werbens erspart. Er zieht nämlich versehentlich eine weitere Person, Sarah
       (Cristin Milioti), die Schwester der Braut, mit in sein Dilemma hinein.
       
       Eigentlich ziehen sie sich techtelmechtelhalber in die Wüste zurück. Da
       aber öffnet sich in einer Höhle der quantenphysikalische Abgrund und zack
       hängt auch Sarah am Hochzeitstag fest. Sie ist nicht die erste. Auch ein
       älterer Herr namens Roy ([2][J. K. Simmons]) ist ein Gefangener dieses
       Tages, nicht ohne Nyles’ Schuld, weshalb Roy ihn von Zeit zu Zeit mit der
       Armbrust verfolgt.
       
       Sterben ist leicht, aber Schmerzen sind echt. Auch die Freuden sind es,
       wenngleich, weil leicht zu haben, auch etwas schal. Mit dieser und jenem
       der Beteiligten hatte Nyles im Lauf seiner repetitiven Ewigkeit bereits
       Sex. Nur folgt nichts daraus. Bei Schicksalsgenossin Sarah ist das
       naturgemäß anders.
       
       Wenngleich es lang genug dauert, bis sich die Dinge entwickeln. Nyles gibt
       erst einmal den gechillten Reiseführer durch eine Welt, deren Eigenheiten
       und Gesetze er kennt. Und Sarah beginnt per Online-Quantenphysik-Kurs
       auszubaldowern, ob es nicht doch ein Entkommen aus dem Tag geben könnte.
       
       ## Regiedebüt mit Dinosauriern
       
       Schön ist, wie das Drehbuch von Andy Siara auf nicht immer naheliegende
       Einfälle kommt, ohne je an Drive zu verlieren. Fast schon bewegend ist ein
       Besuch bei Roy, der sich mit dem einen Tag, der ihm für immer bleibt,
       irgendwann arrangiert hat. Und Sarah und Nyles steuern zu auf eine in ihrer
       Explosivität sehr charmante Liebestod-Variante.
       
       Es kommen zudem auch Dinosaurier vor. Für den Regie-Debütanten Max Barbakow
       ist „Palm Springs“ wohl der Beginn einer großen Karriere. Beim Festival in
       Sundance wurde der Film für eine Rekordsumme an den Streamingdienst Hulu
       verkauft. Die große Leinwand hat er nur in den USA in ein paar Auto-Kinos
       gesehen. Aber er sei für den Hausgebrauch wärmstens empfohlen.
       
       15 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ekkehard Knörer
       
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