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       # taz.de -- Ärger um Eröffnungsfeier in Tokio: Rücktritt wird olympische Disziplin
       
       > Der Kreativdirektor der Eröffnungsshow von Olympia wird wegen eines
       > Holocaust-Witzes rausgeschmissen. Dennoch ist das IOC keine moralische
       > Instanz.
       
   IMG Bild: Japans Luftwaffe bei Probeflügen für die Eröffnungsfeier
       
       Kentaro Kobayashi ist in Japan berühmt. Bis zu seinem Rausschmiss am
       Donnerstag war er Kreativdirektor der Olympia-Eröffnungsfeier. Vorher
       gehörte er zum populären Comedianduo „Rahmen“. 1998 produzierte dies einen
       [1][Sketch], wie Kinder lernen, mit Papier zu basteln: aus einer
       zusammengerollten Zeitung einen Baseballschläger, aus einer
       zusammengeknüllten Seite einen Ball, dazu ausgeschnittene Figuren, die auf
       eine Papptribüne gesetzt werden. Ein Comedian bringt Papierausschnitte
       herbei, sein Gegenüber sagt: „Ah, von damals, als gesagt wurde: ‚Lasst uns
       den Holocaust spielen‘.“ Großes Gelächter.
       
       Die Chefin des Organisationskomitees, Seiko Hashimoto, erklärt nun: „Wir
       überlegen noch, wie wir die Eröffnungsfeier morgen abhalten.“ Schon der
       Komponist der Show, Keigo Oyamada, wurde jüngst hinausgeworfen, denn er
       hatte sich damit gebrüstet, in seiner Schulzeit lernbehinderte Mitschüler
       zum Aufessen ihrer eigenen Fäkalien gezwungen zu haben. Vorher, im März,
       musste schon Hiroshi Sasaki, bis dato Kreativchef, zurücktreten, nachdem er
       vorgeschlagen hatte, dass die Schauspielerin Naomi Watanabe als „Olympig“,
       als olympisches Schwein zur Eröffnungszeremonie einschweben soll.
       
       Und Japans Finanzminister Taro Aso hatte gesagt, die vergleichsweise
       niedrige Covid-Erkrankungsrate des Landes liege an dessen „Niveau der
       kulturellen Standards“. Nicht zu vergessen der frühere OK-Chef, Yoshiro
       Mori, der gehen musste, nachdem er sich darüber beschwert hatte, dass
       Frauen in Meetings zu viel reden.
       
       Es stellt sich die Frage, wen es in dieser feinen olympischen Gesellschaft
       überhaupt noch gibt, der prüfen kann, was alles beleidigend wirkt. Das IOC
       jedenfalls bietet sich [2][als moralische Instanz] kaum an. Das hatte erst
       vor wenigen Tagen stolz einen Imageclip vorgeführt, in dem die älteste noch
       lebende Olympiasiegerin, die Ungarin Ágnes Keleti, [3][mit Bildern aus Leni
       Riefenstahls Propagandafilm] gegengeschnitten wurde. Die [4][Frankfurter
       Allgemeine] spricht von einem „Tabubruch“ angesichts der vom IOC
       verschwiegenen Tatsache, dass der Vater und mehrere Verwandte der jüdischen
       Holocaust-Überlebenden Keleti in Auschwitz ermordet wurden.
       
       Das IOC und die japanischen Organisatoren wollen irgendwie und koste es,
       was es wolle, die Spiele durchpeitschen. Dass ihnen dabei alles egal ist,
       offenbarte das deutsche FDP-Mitglied, der IOC-Präsident Thomas Bach, als er
       sich in Japan beim [5][„chinesischen Volk“] bedankte.
       
       22 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://unseenjapan.com/holocaust-joke-lands-olympics-opening-director-in-hot-water/?fbclid=IwAR1jTLnwQwrd_PKJQFKkLopb4so0hGV4Kp-SGjyGKBr_YRYAK5hJxZ01qUw
   DIR [2] /Kolumne-Gangneung-Style/!5482476
   DIR [3] /Tokio-und-die-Nazi-Olympiade-1936/!5700629
   DIR [4] https://www.faz.net/aktuell/sport/olympia/olympia-die-nazi-spiele-als-schamlose-werbung-17446092.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE&fbclid=IwAR1QHa744xVFrSipmM6P65Pms1W_LK8qTCVeZbsngduqsY8pTXb-1nwpLy0
   DIR [5] https://mainichi.jp/english/articles/20210717/p2a/00m/0sp/020000c
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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