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       # taz.de -- Durch den Olympia-Dschungel: Unterwegs mit Sushi 2020
       
       > Unser Olympia-Reporter geht am ersten Tag nach seiner Quarantäne zum
       > Boxen und sucht sein Date. Dann trifft er auf eine schrille Bulgarin.
       
   IMG Bild: Odai Alhindawi aus Jordanien hat von Luka Plantic einen draufbekommen
       
       Sushi 2020 heißt das WLAN-Netzwerk des olympischen Transportwesens. Ich
       habe einen dieser Busse genommen, welche [1][die ausländischen
       Medienschaffenden] die ersten 14 Tage ausschließlich benutzen sollen, um
       mit der japanischen Bevölkerung möglichst nicht in Kontakt zu kommen.
       Natürlich steht er zentimetergenau vor dem Hotel.
       
       Aber nach dreitägiger Hotelzimmerquarantäne fühlt sich das wie Freiheit pur
       an. Sushi 2020 brauche ich da gerade überhaupt nicht. Konsequent sind die
       Organisatoren ja in ihrer Ignoranz des fortschreitenden Charakters der
       Zeit. In der Geschichtsschreibung muss dann wohl bei jeder Erwähnung von
       Tokio 2020 eine Fußnote darüber aufklären, dass es eigentlich um 2021 geht.
       
       Wenn man aus so einer kleinen Blase kommt, fühlt sich eine große in den
       ersten Stunden wie das echte Leben an. Das Gewusel am Busbahnhof in der
       Nähe des Medienzentrums ist immens. Man muss ja erst einmal herausbekommen,
       welcher Bus nun zum Bogenschießen, Badminton oder Boxen fährt. Ich habe
       mich für Letzteres entschieden, in den guten Glauben, dort eine bestimmte
       Boxerin kämpfen zu sehen.
       
       ## Federgewichte im Sumotempel
       
       Ich bin, wie ich vor Ort feststelle, einer ein paar Tage älteren
       Falschinformation aufgesessen, weil ich nicht gegengeprüft habe, ob sie
       wirklich boxt. Anfängerfehler. Aber egal, Olympia statt Hotelzimmer,
       irgendetwas wird bestimmt schon passieren in diesem Sumotempel, der 13.500
       Menschen Platz bietet, eigentlich.
       
       In der Halle der Sumo-Schwergewichte sind gerade ausgerechnet die
       Federgewichtsboxer zugange. Ein Türke und ein Bulgare stehen im Ring. Und
       wie beim Tennis muss ich beim Zuschauen den Kopf hin und herwenden. Denn im
       oberen Rang auf einer Tribünenseite stehen in der sonst so leeren Halle ein
       paar Menschen. Eine Frau mit einer hochoktavigen Stimme, die vermutlich zum
       Betreuerteam des Bulgaren gehört, macht sich immer wieder in wohl
       anfeuernder Absicht bemerkbar.
       
       Auf der spärlich besetzten Pressetribüne, [2][es geht ja noch lange nicht
       um Medaillen,] herrscht vorschriftsgemäß Ruhe. Im Pandemieregelbuch der
       Veranstalter sind die Journalist:innen extra darauf hingewiesen worden,
       dass nur Klatschen, aber nicht Anfeuern erlaubt ist. Das echte Leben ist
       eben auch nicht mehr das, was es einmal war.
       
       Auf dem Rückweg mache ich noch einmal in diesem wuseligen Pressezentrum
       Station, um diesen Text zu schreiben. Applaus brandet plötzlich auf.
       [3][Der japanische Judoka Naohisa Takato] hat für den Gastgeber die erste
       Goldmedaille geholt. In diesem Moment hätte das wahrscheinlich nicht einmal
       ein Klatschverbot verhindern können.
       
       26 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sportlerinnen-in-den-Medien/!5785615
   DIR [2] /Tokio-zu-Beginn-der-Olympischen-Spiele/!5787501
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Naohisa_Takato
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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