URI: 
       # taz.de -- Die Wahrheit: Lupenreine Gedanken im Kopf
       
       > Die Hitparade der zehn absolut tollsten Fernsehsätze während der soeben
       > beendeten megaolympischen Spiele in Tokio.
       
   IMG Bild: Gigantische olympische Mikrofone luden zum genauen Hinhören ein
       
       Unermesslich die Menge an irisierenden, die Sprache in unbekannte Höhen
       hinaufballernden Formulierungen, die uns in den vergangenen vierzehn Tagen
       während der Olympischen Spiele entzückt und beglückt haben. Seite um Seite
       haben wir mitschreibend mit ihnen gefüllt. Wie da eine Wahl, eine Auswahl
       treffen? Am Ende können nur zehn gewinnen. Greifen wir deshalb mit
       verbundenen Augen in den Lostopf hinein.
       
       Mit der Startnummer 10 – am besten zu sprechen wie dazumal Dieter Thomas
       Heck in der ZettDeeEff-Hitparade: Béla Réthy (ZDF)! „Wann blüht die
       Kirschblüte in Japan?“ Ein nach Immanuel Kant lupenreines analytisches
       Urteil – allerdings in Frageform. Er hätte während der Eröffnungsfeier von
       der Expertin neben ihm auch in Erfahrung zu bringen versuchen können, ob
       die japanischen Junggesellen alle unverheiratet seien. Platz zehn: vollauf
       berechtigt.
       
       Mit der Startnummer 9: Hockeyexperte Philipp Crone (ZDF)! „Du musst bei
       Olympia halt einfach die Spiele gewinnen.“ Dagegen ist wenig zu sagen –
       außer, dass das genauso für ein Murmelkorbballturnier in Wattenscheid-Süd
       gilt. Trotzdem zweifellos: ein sauberer Platz neun.
       
       Mit der Startnummer 8: Speerwurfexpertin Christina Obergföll (Eurosport)!
       „Es gibt halt bei Olympischen Spielen immer Überraschungen.“ Ei der Daus!
       Keine Frage: Platz acht.
       
       ## Unbewusstes auf Sand
       
       Mit der Startnummer 7: Beachvolleyballexperte Julius Brink (ARD)! „Sie
       lassen sich nicht anstecken von dieser unterschwelligen olympischen
       Atmosphäre.“ Die deutschen Schmetterkünstler Clemens Wickler und Julius
       Thole ließen sich auf dem Sand vom Unbewussten ihren bewusst forschen
       Auftritt nicht verderben – zumindest zunächst. Verstehen wir zwar selber
       nicht, aber da beißt die Maus kein Netz durch: Platz sieben.
       
       Mit der Startnummer 6: Katrin Müller-Hohenstein (ZDF)! „Man hat ja Gedanken
       im Kopf, man muss ja irgendwas denken.“ Ja, das ist die Last, die der
       Mensch zu tragen hat. In einem der Myriaden von denkwürdig
       bedeutungsprallen Interviews im Studio am Gestade des Pazifiks warf KMH
       dieselbe jedoch lächelnd ab. Hurra! Platz sechs!
       
       Mit der Startnummer 5: Gert Herrmann (ZDF)! „Das wird ein enges Höschen.“
       Im Zweiten Deutschen Fernsehen, bekannt als ZDF: zärtliche Dämlichkeit
       fabuliert – werden sogar beim Dressurreiten die Zügel gelockert.
       Vorbildlich emanzipatorisch! Haltungsplatz fünf!
       
       Mit der Startnummer 4: Eike Papsdorf (ZDF)! „Sehr ästhetisch schön, was sie
       hier zeigt.“ Ein für die hochmoderne Sportjournalistik exemplarischer und
       daher vorbildlicher weißer Schimmel. Die Pleonasmen purzeln mittlerweile
       wie Kita-Kinder durchs Leibesübungsfernsehen, und dieser hier – beim
       Kunstspringen – ist einfach so ästhetisch schön, dass wir hingerissen
       begeistert sind. Daher glasklar einwandfrei Platz vier!
       
       ## Kracher der Logik
       
       Mit der Startnummer 3: Ralf Scholt (WDR)! „Der Regen ist wieder trocken.“
       An diesem Knaller, ja Knüller, ja Kracher hätten sich sämtliche Logiker der
       Philosophiegeschichte von Aristoteles bis Bertrand Russell die bestens
       gepflegten Zähne ausgebissen. Wer da nicht die bronzene Ananas verleiht,
       hat noch alle Tassen im Küchenschrank, und solche Kreaturen haben im
       zeitgenössischen Rumpelkopffernsehen nichts verloren. Null Einwand: Platz
       drei!
       
       Mit der Startnummer 2: Matthias Stach (Eurosport)! „Es kann noch den
       Zusammenschluss geben, und dann ham wir das, was am Ende rauskommt.“ Äh,
       hm. Wer erhebt Einspruch gegen den Eurosport-Kommentator beim
       10-Kilometer-Freiwasserschwimmen? Keine Challenge? Eben. Samuel Beckett
       wäre neidisch gewesen. Nie war der Silberrang verdienter!
       
       Uuuuuund – mit der Startnummer 1: Frank Grundhever (SR)! „Dimitrij
       Ovtcharov, erlös uns!“ Glückselig sei der Saarländische Rundfunk, der den
       Giganten Grundhever in seinen Reihen weiß! Grundhever! Gesungen sei der
       Name Grundhever! Erlös uns, Grundhever! Von den Olympischen Spielen in
       Tokio! Von den Molesten der Welt! Grundhever! Grundhever! Tusch! Feuerwerk!
       Kanonenschläge! Halleluja!
       
       Und jetzt alle husch ab ins nacholympische Bettchen.
       
       9 Aug 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Roth
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Fernsehen
   DIR Sprache
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Kolumne Die Wahrheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Wahrheit: Höschen und Anzügchen
       
       Die Olympischen Winterspiele laufen in Peking auch sprachlich zur Hochform
       auf – in der Berichterstattung der deutschen Sender.
       
   DIR Die Wahrheit: Das Sensibilitätsministerium
       
       Träume und Schäume: Wie es ist, wenn einem die Bundesregierung nachts in
       die Gehirnwindungen schaut.
       
   DIR Die Wahrheit: Am Nullpunkt der beringten Hölle
       
       Beeindruckendes Absinkverhalten: Betrachtungen zum olympischen Geschehen
       und seinen Vermittlern im Fernsehen.
       
   DIR Die Wahrheit: Quietschende Quatschhaftigkeiten
       
       Die deutsche Mannschaft schied jüngst aus dem EM-Turnier. Und die
       „Nürnberger Nachrichten“ scheiden weiter Artikel aus.
       
   DIR Die Wahrheit: Lorenzstrom
       
       Philosophie im Lockdown: Gut, dass es hie und da noch eine Trinkhalle gibt.
       Und Schauspielerinnen ohne Termine, aber mit Verständnis.