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       # taz.de -- Türkischer Präsident und Waldbrände: Den Kontakt zur Realität verloren
       
       > Der türkische Staat versagt bei den verheerenden Waldbränden. Für
       > Präsident Erdoğan sind immer die anderen Schuld – ein bekanntes Muster.
       
   IMG Bild: Waldbrand bei Mugla, Türkei: Der Präsident sieht die Schuld bei seinen Gegnern
       
       Die bisherige Bilanz der Waldbrände in der Türkei ist verheerend:
       Mindestens acht Menschen sind ums Leben gekommen, und über 100.000 Hektar
       Wald, eine Fläche doppelt so groß wie der Bodensee, wurde vernichtet.
       Hunderte Dörfer sind abgebrannt und Tausende Tiere gestorben. Bereits jetzt
       lässt sich festhalten, dass die Regierung ein jämmerliches Bild abgegeben
       hat. Statt zu helfen, gab es zynische Kommentare, abwegige
       Schuldzuweisungen und verheerende Tatenlosigkeit.
       
       Die übliche Taktik, „Terroristen“ alle Fehler in die Schuhe zu schieben,
       überzeugt die Bevölkerung in der Türkei immer weniger. Was hat die PKK
       damit zu tun, dass [1][die Regierung Erdoğans die eigenen Löschflugzeuge
       hat verrotten lassen] und der Präsident sich stattdessen eine ganze Flotte
       an Flugzeugen und Hubschraubern zugelegt hat, die ihn standesgemäß
       befördert?
       
       Auch die zynische Schuldzuweisung an die Kommunen in der betroffenen
       Region, die hauptsächlich von Bürgermeistern der oppositionellen CHP
       verwaltet werden, hat der Popularität Erdoğans geschadet. Dazu kam sein
       Auftritt im Brandhotspot Marmaris, bei dem er seinen Zuhörern Teebeutel
       zuwarf, statt für Hilfe zu sorgen, was zu landesweitem Kopfschütteln
       führte.
       
       Erdoğan, so scheint es, verliert langsam den Kontakt zur Wirklichkeit.
       [2][Eingebunkert in seinem Präsidentenpalast], umgeben von Jasagern,
       scheint er nicht mehr in der Lage zu sein wahrzunehmen, was die Bevölkerung
       tatsächlich bewegt. Aus Sicht der Menschen war der Staat in der Brandregion
       tagelang abwesend. Kein Löschflugzeug am Himmel, keine Armee am Boden, die
       die völlig überforderte örtliche Feuerwehr unterstützt hätte.
       
       Dazu kommt, dass die Regierung das Land so heruntergewirtschaftet hat, dass
       auch kein Geld für den Wiederaufbau mehr da sein wird. Noch nie in seiner
       18-jährigen Amtszeit als Ministerpräsident oder Staatspräsident war Erdoğan
       so unpopulär wie heute. Die Brände könnten dazu beitragen, dass seine Zeit
       zu Ende geht.
       
       9 Aug 2021
       
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