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       # taz.de -- Vegetarische Kantine beim Autobauer: VW ohne Currywurst ist wie …
       
       > Der Autokonzern verbannt das Fastfood aus der Kantine seines
       > Markenhochhauses. Dabei ist das „Volkswagen Originalteil“ auch außerhalb
       > beliebt.
       
   IMG Bild: Steht in der offiziellen VW-Teileliste: die Currywurst
       
       Hamburg taz | Die Currywurst gehört bei [1][Volkswagen] zur
       Unternehmenskultur. Trotzdem streicht der Konzern die Wurst vom Speiseplan
       seiner Zentrale. Wie der Autobauer bestätigte, wird im sogenannten
       Markenhochhaus in Wolfsburg nach dem Ende der Werksferien nur vegetarisch
       oder vegan gegessen. Ab und zu mal gibt es auch Fisch.
       
       Die eigene Currywurst gehört zu [2][VW] wie der Golf, nur dass sie ein Jahr
       älter ist. Seit 1973 produzieren zwei Dutzend Werksschlachter die
       Curry-Bockwurst – damals noch aus Schweinen vom Bauernhof auf dem
       Fabrikgelände. Jede Wurst ist mit dem Aufdruck „Volkswagen Originalteil“
       versehen und hat ebenso wie das dazu gehörige spezielle Ketchup eine
       Teilenummer (199 398 500 A und B).
       
       Mittlerweile ist die Wurst über den Betrieb hinaus begehrt. Sieben
       Millionen Currywürste haben die Volkswagenfleischer 2019 in Därme gestopft,
       die wiederum in 550 Tonnen Ketchup getunkt wurden. Die Wurst enthält nach
       Firmenangaben weder Glutamat noch Phosphat noch Milcheiweiß und kommt mit
       halb so viel Fett aus wie die durchschnittliche Currywurst.
       
       Sie kann bei Heimspielen des VfL Wolfsburg geordert werden und ist bei
       einigen Edeka-Supermärkten in Niedersachsen gelistet. Kunden zufolge
       schmeckt sie zwar mehr oder weniger wie andere Currywürste. Aber es ist
       eben klar, dass sie bei VW selbst hergestellt wird und damit ein Stück
       Niedersachsen ist.
       
       ## Vegetarisches Essen beliebt
       
       Eine Kantine ohne Currywurst, in diesem Fall vegetarisch, hat VW bereits in
       Hannover ausprobiert – erfolgreich, wie die Geschäftsführung und der
       Betriebsrat versichern. „Viele Beschäftigte wünschen sich vegetarische und
       vegane Alternativen“, sagt VW-Pressesprecher Christoph Ludewig. Wer gerne
       Wurst essen wolle, müsse nur in die Kantine auf der gegenüberliegenden
       Straßenseite gehen.
       
       „Es ist nicht das Ende der Currywurst“, versichert auch Betriebsrat Heiko
       Lossie. Die Wurst ist so beliebt, dass es Ende vergangenen Jahres zu einem
       kleinen Aufstand kam, nachdem die Currywurst-Selbstbedienung eingestellt
       worden war. Die Geschäftsführung fürchtete, dass sich die Beschäftigten an
       den Greifzangen mit Corona infizieren könnten. Daraufhin wurden die Würste
       wieder von Tresenkräften ausgegeben.
       
       Dass es im Markenhochhaus nur noch Vegetarisches und Veganes geben soll,
       findet Lossie unter Marketing-Gesichtspunkten richtig. So können sich auch
       Leute aus entfernten Werksteilen dort gezielt zum fleischfreien Essen
       verabreden. Zwar böten auch die anderen Betriebsrestaurants in der Regel
       ein vegetarisches Gericht an, aber bei dem im Markenhochhaus sei das jetzt
       ganz klar.
       
       Lossie pocht darauf, dass es sich nicht um eine schnöde Kantine handelt,
       sondern um ein Betriebsrestaurant – eines von 30 unterschiedlicher Art auf
       dem riesigen Werksgelände. Betreiber ist die Service Factory von VW, deren
       Mitarbeiter Lossie zufolge ebenso wie die Fleischer „zur Familie“ gehören
       und nach [3][IG-Metall]-Tarif bezahlt werden.
       
       ## Currywurst ist eher was für Handarbeiter
       
       Der Betriebsrat begrüßt jedenfalls die Experimente mit den vegetarischen
       Kantinen mit Anspruch. „Wir sind auch nur ein Spiegel der Gesellschaft“,
       sagt Lossie. Das Restaurant im Markenhochhaus liegt zentral. Für Lossie
       liegt es aber auch deshalb nahe, den vegetarischen Schwerpunkt dorthin zu
       legen, weil der „indirekte Bereich“ mit den Bürojobs hier untergebracht
       ist. Die Currywurst sei eher dort gefragt, wo Hand angelegt werde, etwa in
       Halle 54, in der der Golf produziert wird.
       
       Aus Unternehmenssicht hat das fleischfreie Angebot auch etwas mit
       [4][Nachhaltigkeit] zu tun. „Weniger Fleischverzehr pro Woche hilft auch
       der Umwelt“, sagt Unternehmenssprecher Ludewig. Es handele sich um eine
       Erweiterung des Angebots, bei dem nicht einfach stumpf Fleischersatz
       angeboten werden solle, sondern eigenständige Alternativen. „Da kann man
       ganz gezielt gucken: Was kann die vegetarische Küche“, sagt Betriebsrat
       Lossie.
       
       Firmensprecher Ludewig betont, dass Volkswagen auch bei Fleisch und Wurst
       auf die CO2-Bilanz, also den Klimaschutz, achte. „Das Fleisch soll vor
       allem regional eingekauft werden“, sagt er, womit VW fast wieder bei der
       eigenen Schweinezucht aus der Nachkriegszeit landet.
       
       9 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /24-Milliarden-Euro-Dividenden/!5781945
   DIR [2] https://www.volkswagen.de/de.html
   DIR [3] https://www.igmetall-nieder-sachsen-anhalt.de/
   DIR [4] /Reaktionen-auf-EU-Klimapaket/!5781374
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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