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       # taz.de -- Impfstoffhersteller mit Milliardenplus: Biontech drängt auf dritte Dosis
       
       > Das Mainzer Unternehmen fährt Milliardengewinne ein. Und fragt sich:
       > Besser in der EU auffrischen oder in Afrika impfen?
       
   IMG Bild: Die Firma Biontech drängt auf die dritte Impfung gegen die Deltavariante
       
       Berlin taz | Corona und kein Ende: Die Auswirkungen der ansteckenderen
       Deltavariante auf das Leben der Menschen sind vermutlich noch ausgeprägter
       als befürchtet. Es sind zwar verhältnismäßig wenige, aber es infizieren
       sich immer wieder auch Geimpfte, und vermutlich können sie das Virus auch
       weitertragen.
       
       Als Lösung bieten die Hersteller von mRNA-Impfstoffen [1][die Gabe einer
       dritten Dosis] an. Da diese die Immunität noch einmal gewaltig nach oben
       treibt, hätte auch Delta keine Chance – so die Hoffnung. In Europa drängt
       besonders der Impfstoffhersteller Biontech aus Mainz auf diesen Weg.
       
       Bei Vorstellung einer Zwischenbilanz des Unternehmens am Montag gehörte die
       mögliche Zulassung einer Auffrischung zu den zentralen Themen. Genau wie
       der Profit mit dem Impfstoff. Dieser ist jetzt schon atemberaubend.
       
       Von April bis Juni zog der Biontech-Gewinn auf 2,8 Milliarden Euro an, weil
       weitere Zahlungen für die Lieferungen eingegangen sind. Im selben
       Vorjahresquartal war es wegen Forschungsausgaben und noch keinem
       marktfähigen Produkt ein Verlust in Höhe von 88,3 Millionen Euro gewesen.
       
       ## Ein Drittel mehr Umsatz
       
       Das ist aber erst der Anfang. Biontech erwartet mit den bisher
       eingegangenen Aufträgen für Covid-19-Impfungen im Jahr 2021 einen Umsatz
       von 15,9 Milliarden Euro. Es könnte sogar noch mehr werden, denn die
       aktuelle Umsatzerwartung basiert laut dem Unternehmen auf den bis 21. Juli
       unterzeichneten Verträgen für die Lieferung von rund 2,2 Milliarden
       Impfdosen bis Jahresende. Bis zum Jahresende peilen Biontech und US-Partner
       Pfizer eine Produktion von 3 Milliarden Dosen an.
       
       Das Drängen des Unternehmens auf die dritte Impfung weckt angesichts
       solcher Zahlen einen Verdacht: Drei statt zwei Dosen für einen Großteil der
       Bevölkerung, das bedeutet auch deutlich mehr Umsatz für die Anbieter. Da
       Biontech gleichzeitig darauf pocht, dass die vollständige Impfung gut vor
       Delta schützt, könnten hier Gewinninteressen im Vordergrund stehen.
       
       Biontech wies diese Interpretation jedoch am Montag von sich und führte
       wissenschaftliche Gründe für die Auffrischung für alle an: Schon sechs
       Monate nach der zweiten Dosis nehme die Schutzwirkung nach Beobachtungen
       aus Israel bereits ab. „Wir gehen auf Basis der Datenlage davon aus, dass
       es wahrscheinlich ist, dass eine dritte Dosis nach 6 bis 12 Monaten nach
       der vollständigen Impfung nötig werden könnte“, glaubt Biontech.
       
       „Zwar ist der Schutz vor einem schweren Verlauf während der 6 Monate hoch,
       doch er nimmt ab.“ Die Zahl der Antikörper sei nach der dritten Dosis
       dagegen noch einmal fünf- bis zehnmal höher als nach der zweiten,
       [2][teilte das Unternehmen mit].
       
       ## Bald Antrag auf Zulassung
       
       Damit steigt nach Einschätzung der Forscher auch der Schutz vor Delta noch
       einmal stark an. Biontech plant daher, schon bald eine Zulassung für die
       Auffrischung zu beantragen. Schließlich sei auch mit dem Aufkommen weiterer
       Varianten zu rechnen. Der Unterschied der Wirkung des Biontech-Produkts auf
       Delta im Vergleich zur Ursprungsvariante jedenfalls sei nicht entscheidend.
       „Es gibt keinen Beleg dafür, dass eine Anpassung des Impfstoffs nötig ist“,
       erklärte Biontech. Auch Ärzte befürworten anlässlich der guten
       Verträglichkeit grundsätzlich eine Auffrischung, sobald der Impfschutz
       nachlässt – auch wenn mangels Erfahrung bisher keiner sagen kann, wann dies
       so weit sein wird.
       
       Doch in den Ländern des Globalen Südens liegt die Impfquote erst um 1
       Prozent der Bevölkerung. Nicht nur ethische Erwägungen sprechen deshalb
       dafür, die Impfdosen zunächst den benachteiligten Ländern zur Verfügung zu
       stellen, bevor reiche Länder sich den Totalschutz gönnen, sondern auch
       Eigeninteresse: Solange Corona in ärmeren Ländern wütet, sind diese
       Brutstätte für weitere Mutanten. Das weiß auch Biontech. „Um mit der
       Pandemie umzugehen, dehnen wir die Versorgung mit unserem
       Covid-19-Impfstoff auf Länder mit mittleren und niedrigen Einkommen aus“,
       versprach Firmenchef Uğur Şahin.
       
       9 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Corona-Impfung-in-Israel/!5786644
   DIR [2] https://investors.biontech.de/news-releases/news-release-details/pfizer-and-biontech-provide-update-booster-program-light-delta
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Finn Mayer-Kuckuk
       
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