URI: 
       # taz.de -- Kontakten kann so schön sein: Die Scheu vorm Netzwerken
       
       > Manchmal braucht es Umwege: Wer zu schüchtern ist, um bei Praktika aktiv
       > zu werden, kann einfach seinem Gefühl folgen – und kommt auch ans Ziel.
       
   IMG Bild: Netzwerken klingt unsexy, ist aber wichtig
       
       Vor ein paar Jahren, als ich eines von etlichen Praktika machte, gaben die
       Chef:innen eines Freitagnachmittags Bier aus. Wir standen im Flur,
       knabberten Nüsschen, nippten an den Bieren und versuchten uns zu
       unterhalten. Ich fühlte mich sowieso ziemlich verloren, ich war ja die
       Praktikantin. Aber auch die anderen, so wirkte es, eierten umeinander
       herum. Sie kamen aus verschiedenen Abteilungen und sollten sich besser
       kennen lernen. [1][Das musste dieses ominöse Netzwerken sein], von dem
       immer alle sprachen. Nicht mein Ding, fügte ich meiner inneren Liste hinzu,
       auf der ich versuchte herauszufinden, was ich gut kann und was eher nicht.
       
       Neulich habe ich mich daran erinnert und gemerkt, wie sehr ich irrte. Meine
       erste Erkenntnis daraus ist: Unbedingt sollte man sich selbst besser kennen
       lernen wollen und unbedingt sollte man die Erkenntnisse, die man da so
       anhäuft, hinterfragen. Zweitens realisierte ich: Netzwerken klingt immer
       noch unsexy, aber das, was damit gemeint ist, ist heute eines der Dinge in
       meinem Arbeitsleben, die mich besonders glücklich machen.
       
       Mittlerweile habe ich viele tolle Menschen um mich herum, die auch im
       Journalismus arbeiten oder ganz woanders. Manche kenne ich sehr gut, manche
       kaum. [2][Als Selbstständige bekomme ich die meisten Jobs über jemanden],
       den:die ich kenne und gebe selbst oft Aufträge weiter. Ich spreche mit
       anderen über Geld, Ideen und Inhalte. Oder wir inspirieren uns durch
       Gespräche und das, was wir tun.
       
       Ich musste einen Umweg gehen. Weil ich beschlossen hatte, nicht gut
       netzwerken zu können, hörte ich auf, mich bei den folgenden Praktika zu
       Mittagessen zu zwingen, die mir unangenehm vorkamen. Auch in
       Büfettschlangen von Konferenzen gab ich meine Ambitionen auf und redete vor
       allem mit denen, die ich kannte. Weil ich mit dem Netzwerken abgeschlossen
       hatte, konnte ich in Arbeitskontexten anfangen, mich zu verhalten wie sonst
       auch: Ich sprach die Leute an, die ich wirklich spannend fand, und hörte
       auf mein Herz. Cheesy, I know. Aber es half sehr.
       
       ## Raise each other up
       
       Und wenn sich junge Frauen so zusammenschließen, Menschen, die Rassismus
       erleben, oder Leute, die es aus anderen Gründen in der Arbeitswelt
       schwieriger haben, dann ist das eben ein politisches Projekt. Denn auch
       wenn all diese Sprüche mittlerweile sehr oft auf Instagram-Kacheln
       inszeniert worden sind, haben sie von ihrer Wahrheit nichts verloren: We
       rise by lifting others und The success of every woman should be the
       inspiration to another. We should raise each other up (Serena Williams).
       Deshalb, wirklich: Tut euch zusammen. Schreibt euch an. Sprecht euch an.
       Vertraut euch euch an.
       
       Eines der besten Dinge, die ich dadurch auch gelernt habe: Zugeben zu
       können, wenn ich unsicher bin. Manchmal schicke ich halbfertige Texte an
       Menschen, denen ich vertraue. „Ist das gut oder ist das Quatsch?“ Es hat
       mich noch immer weitergebracht.
       
       10 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Expertinnen-ueber-Resilienz/!5783885
   DIR [2] /Selbststaendigkeit-waehrend-Corona/!5746863
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susan Djahangard
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Sie zahlt
   DIR Praktikum
   DIR Netzwerk
   DIR Kolumne Sie zahlt
   DIR Kolumne Sie zahlt
   DIR Kolumne Sie zahlt
   DIR Kinder
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Altersvorsorge von Frauen: Langsam bewegt sich was
       
       In der letzten Folge ihrer Kolumne denkt unsere Autorin über ihre
       Altersvorsorge nach. Das hat auch eine politische Dimension.
       
   DIR Beruf und Gesundheit: Karriere einfach verweigern?
       
       Wir sollten anfangen, für gesunde Karrieren zu kämpfen. Wenn wir uns
       verweigern, bleibt die Macht bei weißen Männern.
       
   DIR Beyoncé ignoriert Arbeitsbedingungen: Emanzipiert, aber ausgebeutet
       
       Die Textilindustrie ist bekannt für ihre Hungerlöhne. Davon profitiert auch
       das Modelabel der feministischen Popkultur-Ikone Beyoncé.
       
   DIR Frauen in Führungspositionen: Karriere im Eimerchen
       
       Mutterschutz ist für eine Vorständin nicht vorgesehen. Das offenbart, wie
       sehr das deutsche Gesetz noch in den 50er Jahren steckt.