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       # taz.de -- Erdoğans Afghanistanpläne: Der unterschätzte Frust
       
       > Die Türkei will ihre Truppen im Land verstärken. Ein riskantes
       > Unterfangen: Die Bevölkerungsmehrheit ist strikt gegen die Pläne.
       
   IMG Bild: Präsident Erdogan ist bereit, sich in Afghanistan in ein militärisches Abenteuer zu stürzen
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist bereit, sich in ein neues
       militärisches Abenteuer zu stürzen. Während alle anderen Nato-Staaten ihre
       Truppen aus Afghanistan abziehen, will er das türkische Kontingent sogar
       noch verstärken und [1][zukünftig die Kontrolle über den Flughafen von
       Kabul übernehmen]. Erdoğan will damit einen Wunsch von US-Präsident Joe
       Biden erfüllen, um die Beziehungen zu den USA zu verbessern, gleichzeitig
       aber, wie schon in Syrien und Libyen, einen Fuß in der Tür behalten, um
       zukünftig in Afghanistan mitreden zu können.
       
       So weit der Plan, doch die Sache könnte sich für Erdoğan schnell zu einem
       Albtraum entwickeln. Obwohl der Präsident gegenüber den Taliban den
       muslimischen Bruder herauskehrt, verlangen diese kategorisch auch den Abzug
       der türkischen Truppen. Und in der Türkei ist nicht nur die Opposition,
       sondern die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dagegen, dass
       Erdoğan sich nun auch noch in Afghanistan exponieren will. Angesichts der
       Misere im eigenen Land fürchten viele nicht nur die Kosten dieses
       Abenteuers, sondern dass, ähnlich wie im Falle Syriens, weitere
       Hunderttausend [2][Afghanen in die Türkei flüchten könnten].
       
       Selbst wenn Erdoğan die Widerstände der Taliban überwinden kann – er
       unterschätzt die Wut und den Frust, die sich gegen seine Politik insgesamt
       und seine Flüchtlingspolitik insbesondere angestaut haben. Erst in der
       Nacht zu Donnerstag kam es in Ankara zu massiven Ausschreitungen gegen
       syrische und afghanische Flüchtlinge. In der aktuellen Wirtschaftskrise
       kämpfen auch viele Türken um das tägliche Überleben. Dazu kommt, dass vor
       allem die säkularen Türken die Migration oft streng islamischer Syrer und
       jetzt auch noch Afghanen als bewusste Bevölkerungspolitik Erdoğans sehen.
       
       Der Widerstand dagegen führt auch zu Spannungen in Erdoğans Koalition mit
       der rechtsradikalen MHP. Sein Kabul-Abenteuer könnte zum berühmten letzten
       Tropfen werden, der das Fass zum Überlaufen bringt und den Präsidenten
       endgültig in schwere politische Turbulenzen stürzt.
       
       13 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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