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       # taz.de -- Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Streit um Sanktionen für Ungeimpfte
       
       > Kanzleramtsminister Helge Braun verteidigt die Forderung, Rechte von
       > Impfweigerer einzuschränken – andere widersprechen. Die Infektionszahlen
       > steigen weiter.
       
   IMG Bild: Die Infektionszahlen steigen: mobile Impfaktionen wie hier im Wuppertal locken mit einem Zoobesuch
       
       ## Helge braun bleibt bei umstrittenem Impf-Vorschlag
       
       Kanzleramtsminister Helge Braun hat seinen umstrittenen Vorschlag zur
       Einschränkung von Rechten Nicht-Geimpfter verteidigt. Sollte es im Herbst
       zu einem hohen Infektionsgeschehen kommen, sei es die „Ultima Ratio“,
       Kontakte zu beschränken, sagt Braun „Bild Live“.
       
       Man könne zwar generell mit der Akzeptanz von negativen Tests auch den
       Nicht-Geimpften viel ermöglichen. Wenn dies aber alles nicht reiche,
       müssten sie damit rechnen, dass Beschränkungen auf sie zukommen könnten. Er
       plane damit keine Impfpflicht durch die Hintertür. „Das kann man nicht
       sagen.“ (rtr)
       
       ## 75 Prozent mehr Neuinfektionen als vor einer Woche
       
       Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet 958 neue Positivtests. Das sind 412
       mehr als am Montag vor einer Woche, als 546 Neuinfektionen gemeldet wurden.
       Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 14,3 von 13,8 am Vortag. Der Wert gibt
       an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner:innen sich in den
       vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
       
       Drei weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht
       sich die Zahl der insgesamt gemeldeten Todesfälle auf 91.527. Insgesamt
       fielen in Deutschland bislang mehr als 3,75 Millionen Coronatests positiv
       aus. Die Montagswerte sind meist weniger aussagekräftig als die an anderen
       Wochentagen, weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter ihre Daten an
       das RKI übermitteln und weniger getestet wird.
       
       ## Streit um Sanktionen für Ungeimpfte
       
       Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich gegen eine
       Corona-Impflicht, aber für mehr Freiheiten für Geimpfte ausgesprochen. „Das
       ist keine Diskriminierung der Nicht-Geimpften“, sagte Seehofer im Interview
       mit RTL/ntv. Er achte es, wenn jemand sich aus persönlichen Gründen gegen
       eine Impfung entscheide. „Aber die nicht geimpfte Person muss auch
       einsehen, dass wir [1][die Gesamtgesellschaft schützen müssen] und deshalb
       nur die Geimpften zu größeren Gemeinschaftsveranstaltungen zulassen
       können.“
       
       Gleichzeitig stellt sich Seehofer gegen eine Impfpflicht. „Wir müssen die
       Leute überzeugen, dass sie sich impfen lassen.“ Man dürfe eine Impfung vor
       allem nicht zur Voraussetzung für ein Arbeitsverhältnis oder den Abschluss
       eines Versicherungsvertrages machen. „Das dürfen wir in Deutschland nicht
       beginnen.“
       
       Auch FDP-Chef Christian Lindner hat sich gegen Einschränkungen für
       ungeimpfte Menschen ausgesprochen. „Geimpfte, Genesene und negativ
       Getestete – von denen geht keine besondere Gefahr aus“, sagt Lindner im
       ZDF-„Morgenmagazin“. Daher seien bis auf die Maske im Öffentlichen
       Personennahverkehr keine Freiheitseingriffe mehr gerechtfertigt. „Wir haben
       Gott sei Dank in unserer Verfassung Freiheitsrechte … Diese Grundrechte
       stehen nicht in der Verfügungsgewalt des CDU-geführten Kanzleramts und auch
       nicht des Grünen Ministerpräsidenten Kretschmann.“
       
       Kanzleramtsminister Helge Braun hatte am Wochenende angekündigt, Menschen
       ohne Impfung müssten mit mehr Einschränkungen rechnen. Der
       baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
       brachte eine Impfpflicht ins Spiel, während CDU-Kanzlerkandidat Armin
       Laschet dies kategorisch ablehnte.
       
       Bundesfamilien- und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) lehnt eine
       Impfpflicht ebenfalls ab. „Es wird keine allgemeine Impfpflicht geben“,
       sagt Lambrecht dem „Deutschlandfunk“. Sie sei rechtlich auch nicht möglich.
       Eine Corona-Impfung könne ihrer Einschätzung nach auch keine Voraussetzung
       für einen Arbeitsvertrag sein. Sollte es in Heimen oder Krankenhäusern
       Impfverweigerer geben, habe man immer noch die Möglichkeit, dass diese
       regelmäßig getestet werden müssten.
       
       Dass Geimpfte, Genese und Getestete etwa beim Zugang zu Veranstaltungen
       gleichgestellt seien, habe sich bewährt. Nachdem jeder eine Impfangebot
       erhalten habe, müsse man aber die Frage stellen, warum die Allgemeinheit
       diese Tests bezahlen müsse, sagt Lambrecht.
       
       Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fordert die
       Bundesregierung auf, positive Anreize für Durchgeimpfte zu schaffen, um die
       Impfquote zu erhöhen. „Dies bedeutet, dass der Restaurantbesuch wie der
       Hotelaufenthalt auf jeden Fall für doppelt Geimpfte auch im Herbst und
       Winter weiterhin erlaubt sein muss“, sagt Dehoga-Geschäftsführerin, Ingrid
       Hartges, den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“ (Montagausgaben).
       
       Auch brauche es außer Inzidenzen neue Entscheidungskriterien für die
       Beurteilung der Infektionslage. „Im 17. Monat der Pandemie und einer
       Impfquote von aktuell 50 Prozent ist es dringend geboten, andere Parameter
       zu definieren.“ Es müssten weitere Faktoren, wie zum Beispiel die
       Impfquote, die Entwicklung der Krankheitsverläufe, der
       Hospitalisierungsgrad sowie die Sterberate Berücksichtigung finden. (rtr)
       
       ## Frankreichs Parlament beschließt strenge Coronaregeln
       
       Das französische Parlament hat nach langen Debatten in der Nacht zum Montag
       eine Verschärfung der Coronaregeln gebilligt. Damit wird eine Impfpflicht
       für Beschäftigte im Gesundheitswesen eingeführt. Zudem wird die
       Nachweispflicht über einen negativen Coronatest, eine Impfung oder Genesung
       ausgeweitet. Premierminister Jean Castex begrüßte die neuen Regelungen.
       
       Die Änderungen sind umstritten. Am Samstag waren nach Angaben des
       Innenministeriums [2][landesweit mehr als 160.000 Menschen dagegen auf die
       Straße gegangen.] Am Rande von Demonstrationen gegen Impfpass und
       Impfpflicht kam es zu Ausschreitungen. Es gab zahlreiche Festnahmen.
       
       Von August an wird nun ein „pass sanitaire“ – also ein Nachweis über einen
       negativen Coronatest, eine Impfung oder Genesung – auch für Fernzüge, Bars
       oder Restaurants nötig sein. Frankreich kämpft derzeit gegen eine vierte
       Coronawelle. Von den etwa 67 Millionen Einwohnern haben etwa 40 Millionen
       zumindest eine Impfung. (dpa)
       
       ## Topmediziner: USA auf falschem Kurs
       
       Der renommierte US-Immunologe Anthony Fauci hat vor Rückschritten in Kampf
       gegen die Pandemie in seinem Land gewarnt. Die USA fänden sich gerade in
       einer „unnötigen Notlage“ wieder steigender Fallzahlen wieder, die vor
       allem auf ungeimpfte Bürger zurückzuführen sei, sagte Fauci in der am
       Wochenende ausgestrahlten Sendung „State of the Union“ des
       Nachrichtensenders CNN. „Wir bewegen uns in die falsche Richtung“. Er sei
       darüber „sehr frustriert“.
       
       Unter führenden Köpfen der Gesundheitsbehörden werde aktuell erwogen, das
       Maskentragen auch für Geimpfte wieder zu empfehlen, sagte der medizinische
       Chefberater von Präsident Joe Biden weiter. In diese Beratungen über eine
       mögliche Änderung dieser Richtlinien sei er selbst eingebunden. Fauci
       verwies auf einige Kommunen mit rapide steigenden Neuinfektionen, etwa Los
       Angeles County, wo Bürger längst ungeachtet des Impfstatus zum Tragen von
       Masken in öffentlichen Innenbereichen aufgerufen würden.
       
       Überdies könnten auch Auffrischungsimpfungen für Personen mit einem
       geschwächten Immunsystem angeraten werden, sagte Fauci. Dafür infrage
       könnten auch anfällige Empfänger von Organspenden oder Krebspatienten
       kommen. Fast 163 Millionen Menschen, also 49 Prozent der Gesamtbevölkerung
       der USA, sind nach Daten der Gesundheitsbehörde CDC vollständig geimpft.
       
       Da das Problem wieder steigender Fallzahlen vornehmlich Ungeimpfte
       betreffe, mahne er die Menschen, sich immunisieren zu lassen, sagte Fauci.
       Er lobte auch die republikanischen Gouverneure Asa Hutchinson in Arkansas
       und Ron DeSantis in Florida sowie den Abgeordneten Steve Scalise aus
       Louisiana für deren Impfappelle an Bürger. In diesen drei Staaten sind die
       [3][Impfraten in den USA mit am niedrigsten]. Er wünsche sich, dass mehr
       Spitzenpolitiker aus diesen Regionen die Leute zur Impfung ermuntern
       würden, ergänzte Fauci.
       
       Gouverneur Hutchinson sagte ebenfalls im Sender CNN, dass er sich frage, ob
       er die Impfzögerlichkeit der Menschen in seinem Staat unterschätzt haben
       könnte. Der Widerstand habe sich in bestimmten Gruppen noch verstärkt und
       beruhe schlicht auf Falschinformationen. „Es sind Märchen. Als ich einmal
       in diese Bürgerversammlungen ging, sagte jemand: „Nennt es nicht Vakzin.
       Nennt es eine Biowaffe““, berichtete Hutchinson. „Und sie reden von
       Gehirnwäsche. Nun, da liegen sie offensichtlich falsch.“ (ap)
       
       ## Südafrika lockert Coronaregeln
       
       Angesichts fallender Infektionszahlen hat Südafrikas Präsident Cyril
       Ramaphosa die Aufhebung der meisten Coronamaßnahmen angekündigt. Der
       Höhepunkt der dritten Coronawelle sei „weitgehend“ überschritten, sagte der
       Staatschef am Sonntag. Das Verkaufsverbot für Alkohol sowie die
       Einschränkungen für Reisen im Inland und Versammlungen würden aufgehoben.
       
       Die Zahl der täglichen Neuinfektionen habe in der vergangenen Woche bei
       durchschnittlich rund 12.000 gelegen, sagte Ramaphosa. Dies seien rund 20
       Prozent weniger als im Vorwochen-Durchschnitt.
       
       Während die Zahl der Neuansteckungen in der bevölkerungsreichsten Provinz
       Gauteng deutlich zurückgegangen sei, gebe die Situation in den Provinzen
       Ostkap, Westkap sowie KwaZulu-Natal weiterhin Anlass zur Sorge, sagte
       Ramaphosa. Die nächtliche Ausgangssperre bleibe angesichts der Lage in
       Kraft, ebenso wie die Maskenpflicht.
       
       Südafrika ist das am schwersten von der Coronapandemie betroffene Land auf
       dem afrikanischen Kontinent. Seit Pandemie-Beginn wurden in dem Land 2,3
       Millionen Corona-Infektionen registriert. Dies entspricht mehr als einem
       Drittel aller insgesamt in Afrika nachgewiesenen Covid-19-Fälle. Mindestens
       69.775 der Corona-Infektionen in Südafrika endeten tödlich.
       
       Die Corona-Impfkampagne in Südafrika kommt bisher nur schleppend voran. 2,3
       Millionen Menschen in dem 60-Millionen-Einwohner-Land wurden bisher
       vollständig gegen Covid-19 geimpft. (afp)
       
       ## Göring-Eckhardt kritisiert Corona-Schulpolitik
       
       Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat der Bundesregierung
       Untätigkeit beim Erarbeiten einer Strategie für den Schulunterricht im
       Herbst vorgeworfen. Göring-Eckardt erklärte zu einer Antwort des
       Bundesbildungsministeriums auf eine der Nachrichtenagentur AFP vorliegende
       schriftliche Frage, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sehe bei
       sich keinerlei Verantwortung für eine Strategie zu bundesweit
       pandemiefesten Schulen, obwohl sie jüngst selbst einen Stufenplan ins
       Gespräch gebracht habe. Dies sei ein Unding.
       
       Göring-Eckardt forderte die Bundesregierung auf, zusammen mit dem Robert
       Koch-Institut einen Leitfaden für die Deltavariante des Coronavirus für
       Schulen und Kitas zu entwickeln. Außerdem müsse sie „mit einem nationalen
       Aktionsplan endlich Taten folgen lassen“. Die Grünen-Fraktionschefin nannte
       dazu den Ausbau des Digitalpakts als Teil der Vorsorge.
       
       „Wir brauchen schnelle, leicht zugängliche Impfangebote für alle ab 12,
       Luftfilter in Klassenräumen und dort, wo das nicht mehr geht, zumindest
       CO2-Ampeln für besseres Lüften.“ Tests, Impfungen und Luftfilter seien
       Voraussetzungen für einen sicheren Unterricht im Herbst. (afp)
       
       26 Jul 2021
       
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