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       # taz.de -- Abzug aus Afghanistan: Einfach abgehauen
       
       > Die Entscheidung, die westlichen Truppen aus Afghanistan abzuziehen, war
       > desaströs. Falsch war, nicht für die Sicherheit der Menschen vor Ort zu
       > sorgen.
       
   IMG Bild: Ein Hubschrauber der USA von Typ Chinook fliegt über der US-Botschaft in Kabul
       
       Das war’s also. Zwanzig Jahre lang hat sich der Westen an Afghanistan
       abgemüht, Tausende Soldaten sind gefallen. Und nun geht das Land einfach
       zurück an die Taliban. Kabul fällt ohne einen Schuss, [1][Europäer] und
       [2][Nordamerikaner hauen ab]. Man kann die US-geführte Intervention ab 2001
       gut oder schlecht finden, aber in jedem Fall steht fest: Die afghanische
       Generation, die nach 2001 aufwuchs, wird im Stich gelassen. Menschenwürde
       für Mann und Frau, moderne Bildung für alle und demokratische Grundsätze –
       all das steht jetzt in Frage.
       
       [3][Die neuen Herren in Kabul] mögen sich in ihrer Rhetorik versöhnlich
       geben – einen Grund, ihnen zu vertrauen, gibt es nicht. Millionen von
       Menschen haben jetzt in Afghanistan Angst um ihr Leben, weil sie irgendwann
       mal mit westlichen Ländern zu tun hatten und ihnen die Tür zur Welt vor der
       Nase zugeschlagen wird. Die verstopften Straßen zum Flughafen von Kabul und
       die Visaschlangen vor westlichen Botschaften – das ist es, was bleibt vom
       Traum einer offenen Gesellschaft in Afghanistan.
       
       Im Stich gelassen wurden die Menschen von den westlichen
       Interventionsmächten. Das musste nicht so kommen. Zugegeben: Diese
       Intervention ist global gesehen gescheitert – sonst wären die Taliban
       längst nicht mehr da. Und natürlich musste diese Intervention irgendwann zu
       Ende gehen. Aber nicht so. Nicht ohne jede Strategie, ohne Absicherung,
       ohne Konzept, ohne Plan B, ohne Schutz für die Zurückbleibenden.
       
       ## Kein Grund für den Truppenabzug
       
       Es ist allemal besser, eine Schlacht um Kabul zu vermeiden, aber so weit
       hätte es nie kommen dürfen. Für den überhasteten Abzug gab es militärisch
       nicht den geringsten Grund. Der Krieg gegen die Taliban war ohnehin seit
       Jahren beendet. Es waren größtenteils noch Spezialeinheiten sowie
       Luftunterstützung und Logistik für das afghanische Militär vor Ort. Ihre
       Präsenz stärkte Afghanistans Regierung den Rücken und wirkte
       stabilisierend. Dann beschloss Donald Trump den Totalabzug.
       
       [4][Joe Biden] setzt ihn um, alle anderen Nato-Länder zogen mit. Und am
       Ende desavouiert der US-Präsident noch seine eigenen Leute, indem er
       behauptet, es hätte keinen Unterschied gemacht, wenn die Truppen geblieben
       wären. Wirklich? Hätten sie einer Taliban-Machtübernahme tatenlos
       zugesehen? Und wenn ja, warum waren sie dann überhaupt da? Das afghanische
       Debakel des Westens ist insofern auch ein globales Desaster.
       
       Die Terroranschläge vom [5][11. September 2001] verleiteten die USA damals
       nicht nur zum Einmarsch in Afghanistan – sondern auch zu einer unhaltbaren
       imperialen Überdehnung. Zwanzig Jahre später ziehen die USA nicht nur aus
       Afghanistan ab – sie reißen die Fundamente ihrer globalen Macht aus freien
       Stücken selber ein, nämlich die Gewissheit, dass es etwas nützt, auf ihrer
       Seite zu stehen. Wer auf der Welt soll jetzt noch dem Westen vertrauen? Das
       Debakel von Kabul ist eine Schande und der Schaden unermesslich.
       
       15 Aug 2021
       
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