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       # taz.de -- Kampf gegen den Autolärm: Kaum Poser zu finden
       
       > Die Grünen werfen dem Bremer Senat „Verharmlosung“ im Umgang mit
       > Autoposer:innen vor. Die Polizei stellt bisher wenig einschlägige
       > Verstöße fest.
       
   IMG Bild: Den Lamborghini von Autoposer und Ex-Werder-Torwart Tim Wiese zog die Polizei aus dem Verkehr
       
       Bremen taz | Ralph Saxe ist „wütend“, wenn es um Autoposer:innen und
       Raser:innen in Bremen geht. Und zwar nicht nur auf eben jene, das eh,
       sondern auch auf den eigenen rot-grün-roten Senat. „Das Problem wird immer
       noch verharmlost“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion
       in der Bürgerschaft. Der Anlass: Die Antwort der Landesregierung auf eine
       Kleine Anfrage der Linkspartei.
       
       [1][Wenn man die liest], könnte man zu dem Schluss kommen, dass das Problem
       in Bremen gar nicht so groß ist. Die Polizei zog einen Maserati und vier
       Harley-Davidson-Motorräder wegen manipulierter Auspuffanlagen fürs Erste
       aus dem Verkehr. Und die „Kontrollgruppe 'Posing’“ hat laut Senat 2021
       bisher insgesamt 216 Kontrollen bilanziert – zwei Fahrzeuge wurden
       sichergestellt, fünf die Weiterfahrt verboten. Hinzu kommen 36
       Ordnungswidrigkeiten wegen zu schnellem Fahren, davon 21 mit Fahrverbot.
       Strafanzeigen wegen illegaler Straßenrennen gab es keine, in fünf Fällen
       war die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge erloschen, wegen unzulässiger
       Anbauteile. Außerdem wurden 104 „verkehrserzieherische Gespräche“ geführt.
       
       Dass die Zahl der Poser:innen und Raser:innen zugenommen hat, kann
       die Polizei nicht belegen: Zwischen April und Ende Juli dieses Jahres
       „blieb die Anzahl der festgestellten Verstöße in der Stadt Bremen trotz
       gestiegener Kontrollzahlen monatlich auf einem nahezu gleichen Niveau“. Wie
       sich die Lage im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt hat, kann die
       Polizei „noch nicht abschließend bewerten“.
       
       Zwar sind seit Ende Juni die Zufahrten zur Sielwall-Kreuzung im Viertel an
       den Wochenenden von 21 bis fünf Uhr für Autos gesperrt, weil sich
       [2][Anwohner:innen] mit der Bürgerinitiative „Leben im Viertel“ und
       [3][Gastronom:innen] immer wieder über den Lärm beschwert hatten. Seit
       dort Absperrbaken stehen, und Security-Personal dazu, wurde „das Ziel der
       Durchsetzung des Durchfahrverbotes erreicht“, schreibt der Senat. Aber
       weniger Poser:innen gibt es deswegen nicht, sie fahren nun verstärkt auf
       den Osterdeich, in der City und der Überseestadt. „Der Polizei Bremen ist
       dies bekannt“, so der Senat. Und im Viertel suche sich der Posingverkehr
       nun „andere Wege“, hinein in kleinere Nebenstraßen.
       
       Weitere Modellversuche wie jene an der Sielwall-Kreuzung oder fest
       installierte Blitzer an Ampeln seien nicht geplant, sagt der Senat, und
       auch keine anderen baulichen Maßnahmen für besonders betroffene Straßen.
       Zuständig dafür wäre die grüne Verkehrssenatorin, während die Kontrollen
       dem SPD-geführten Innenressort obliegen. Von dort hat der damalige
       [4][Innen-Staatsrat Thomas Ehmke (SPD)] noch Ende 2018 dem Parlament
       erklärt: „Eine Autoposerszene, vergleichbar der in anderen Städten, ist in
       Bremen nicht zu verzeichnen.“ Der Polizei lägen „nur vereinzelte
       Bürgerbeschwerden“ über Raser:innen und Autoposer:innen vor, sagte
       der SPD-Politiker damals in einer Antwort auf eine Anfrage von Ralph Saxe.
       
       Der fordert, „viel strenger“ gegen Poser:innen und Raser:innen
       vorzugehen. Die Zahlen der Bremer Polizei spiegeln das seiner Auffassung
       nach „eklatante“ Problem gar nicht wieder – wissenschaftlich sei erwiesen,
       dass Verkehrslärm für viele vorzeitige Tode verantwortlich sei, so Saxe. Er
       will „alles stilllegen, was man stilllegen kann“ und fordert einen
       Pilotversuch mit sogenannten „Lärmblitzern“, wie es sie in Londen gebe.
       „Die können den Lärm wie an einer Geschwindigkeitsmesstafel anzeigen“, so
       Saxe. Auffällige Fahrzeuge sollten vom TÜV kontrolliert werden. Allerdings
       räumt auch Saxe ein: „Viele Autos sind regulär zu laut“ – das aber regelt
       der Bund.
       
       Außerdem setzt Saxe auf mehr Tempo-30-Zonen und auf bußgeldbewehrte
       „Unterlassungverfügungen“ gegen Autofahrer:innen, die für unnötigen Lärm
       und vermeidbare Abgase sorgen. So etwas gibt es in Hamburg, aber auch in
       Mannheim, wo [5][die Klage eines betroffenen Autofahrers] abgewiesen wurde.
       In Bremen würden die rechtlichen Voraussetzungen noch geprüft, so der
       Senat.
       
       Nelson Janßen von der Linkspartei ist derweil nicht ganz so aufgebracht wie
       Saxe: „Die Behörden sind da dran“, sagt er, und das Problem „verkehrlich
       nicht die zentrale Herausforderung“. Er setzt darauf, den motorisierten
       Verkehr insgesamt zu beruhigen und zurückzudrängen – gerade da, wo viele
       Menschen sich aufhalten.
       
       17 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2021-08-11_Drs-20-1076_5a094.pdf
   DIR [2] http://lebenimviertel.org/
   DIR [3] https://www.facebook.com/eisen.bremen/
   DIR [4] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp19/stadt/protokoll/P19S0042.pdf
   DIR [5] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/vg-karlsruhe-1k434417-auto-poser-verbot-laermbelastigung/
       
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       Fünfjährigen. Es würde keine Autoposer geben, wenn die Leute nicht so
       neidisch auf sie wären.