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       # taz.de -- Tod von Oury Jalloh: Vorauseilender Gehorsam
       
       > Die SPD in Sachsen-Anhalt lehnt einen U-Ausschuss zum Tod von Oury Jalloh
       > ab. Sie will die neue Regierung nicht gefährden – ein mieser Auftakt.
       
   IMG Bild: Zelle Nr. 5, Polizeirevier Dessau-Roßlau: hier starb Oury Jalloh im Jahr 2005
       
       Die neue Koalition aus CDU, SPD und FDP ist in Magdeburg noch nicht im Amt.
       Doch die SPD führt sich vorauseilend genau so auf wie in der vergangenen
       Regierung mit CDU und den Grünen. Sie wiegelt ab und gibt bei Konflikten
       klein bei. Das war so, als die SPD erst gegen das Nein von
       CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff zur Erhöhung der Rundfunkgebühren
       rebellierte, um dann staatstragend beizudrehen.
       
       Dieses Muster wiederholt sich jetzt beim Untersuchungsausschuss zu Oury
       Jalloh, [1][der 2005 in einer Polizeizelle verbrannte]. 2020 wollte die SPD
       diesen Ausschuss noch, jetzt ist der Mut verpufft. Es wird keinen
       U-Ausschuss geben. Dafür reichen die Stimmen von Linkspartei und Grünen
       nicht.
       
       Die SPD rechtfertigt ihr Nein [2][mit dem 300 Seiten starken unabhängigen
       Bericht, der vorigen Sommer veröffentlicht wurde]. Nun sei ja klar, dass
       Jallohs Tod kein Polizeimord war. Glaubwürdig ist das nicht. Denn der
       Bericht war zwiespältig. Jalloh wäre demnach ohne den drastischen Rassismus
       der Polizei noch am Leben. Vor allem aber konnten die Verfasser des
       Berichts [3][zentrale Figuren der Affäre in der Justiz nicht befragen].
       Genau das könnte ein Untersuchungsausschuss.
       
       Es mag sein, dass ein solcher Ausschuss Oury Jallohs Tod nicht mehr
       aufklären würde. Aber das kann und darf nicht das alleinige Kriterium sein
       – besonders nicht in diesem Fall. Ein Unschuldiger ist in staatlichem
       Gewahrsam gestorben – und wir wissen bis heute nicht, wie. Denn es wurde
       lange vertuscht, gelogen und verzögert.
       
       ## Gegen die eigene Haltung
       
       Deshalb geht es jetzt umso mehr darum, alles Erdenkliche zu tun, um zu
       klären, was noch aufzuklären ist. Eigentlich weiß das auch die SPD in
       Magdeburg. Dass sie offenbar gegen ihre eigentliche Haltung in der Frage
       anders handelt, ist ein mieser Auftakt für die nächste Regierung.
       
       Linkspartei und Grüne protestieren zu Recht gegen den Opportunismus der
       Regierungspartei SPD. Bei den Grünen klingt die Aufregung allerdings schal.
       Im Nachbarland Hessen haben sie mal einem Untersuchungsausschuss in Sachen
       NSU-Terror das Ja verweigert. Das Muster war das Gleiche: vorauseilender
       Gehorsam Richtung CDU.
       
       18 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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