URI: 
       # taz.de -- Bewegung der Corona-Leugner: Wo denken sie hin?
       
       > Die Bewegung der Coronaleugner schrumpft – aber sie hat sich
       > radikalisiert. Und sie folgt bereits der nächsten Verschwörungserzählung:
       > der „Klimalüge“.
       
   IMG Bild: 1. August 2021 in Berlin: Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant:innen und der Polizei
       
       Die Proteste der Coronaleugner schienen sich schon fast erledigt zu haben,
       nur noch nicht ganz verschwunden zu sein. Angesichts dieser
       Erwartungshaltung rieb sich die Öffentlichkeit Anfang des Monats die Augen,
       als die Bilanz einer nicht genehmigten Demonstration in Berlin bekannt
       wurde: [1][950 Festnahmen, 503 Ermittlungsverfahren, 75 verletzte
       Polizist:innen]. Etliche Videos zeigen, wie Protestierende
       Polizeiketten durchbrachen. Ein Medienvertreter wurde vom Rad gezerrt und
       verprügelt. Einer der Demonstranten drohte einem Polizisten mit den Worten:
       [2][„Ihr werdet euch rechtfertigen müssen für all das.“] Die Szenen
       erinnern an die Proteste vom vergangenen Jahr, als Demonstrierende bis auf
       die Treppe des Reichstags vordrangen.
       
       Damals schien die Bewegung auf ihrem Zenit zu stehen. Die Atmosphäre auf
       ihren Demonstrationen atmete eine Mischung aus hippieskem Festival und
       patriotischem Volksfest. Das Gefühl, Teil einer gemeinsamen großen Bewegung
       zu sein, gipfelte in einem Kampfgeist, der immer mehr Anhänger:innen
       dazu brachte, von einem bevorstehenden „Systemsturz“ zu fantasieren.
       
       Eine [3][datenjournalistische Recherche] der Süddeutschen Zeitung vom Mai
       2021 belegt die rasante verbale Radikalisierung der Bewegung: In den 967
       untersuchten Telegram-Gruppen und Kanälen wurden innerhalb eines Jahres
       über zwei Millionen Nachrichten versendet, die „hetzerisch, radikal oder
       hasserfüllt“ waren, beinahe ein Fünftel aller ausgewerteten Nachrichten.
       
       Die Ereignisse bei der Berliner Demonstration am 1. August zeigen: Die
       Bewegung ist heute zwar kleiner, aber gewaltbereiter; die Radikalisierung
       hat die Schwelle von der verbalen zur tätlichen Ebene überwunden. Ein Blick
       in das digitale Netzwerk der Szene verrät außerdem: Sie bereitet sich auf
       eine Zeit nach der Pandemie vor – mit einem Thema, das weltweit verbindet
       und zugleich spaltet: dem menschengemachten Klimawandel und dessen
       Leugnung. Wo steuert die Bewegung hin?
       
       ## Infrastruktur von rechts außen gestrickt
       
       Wer nach Antworten sucht, muss zurückblicken. Alles beginnt in
       Baden-Württemberg im Frühjahr 2020 mit der Geburt von „Querdenken-711“, auf
       Initiative des Unternehmers Michael Ballweg. So lautet zumindest die
       allgemeine Auffassung.
       
       Doch das ideologische Fundament, auf dem die Infrastruktur der Bewegung
       aufgebaut wird, ist da schon längst gegossen. Ballweg tritt früh in Kontakt
       zu Personen wie Frank Schreibmüller, der dem Hacker:innen-Kollektiv
       Anonleaks.net zufolge den Großteil des Corona-Telegram-Netzwerkes angelegt
       hat. Die [4][Recherche ergab], dass Schreibmüller schon Jahre vor Beginn
       der Pandemie in rechtsradikalen und verschwörungsideologischen Milieus
       sozialisiert worden war. Er hatte bereits die [5][digitale Infrastruktur]
       des deutschen Ablegers der französischen Gelbwesten erschaffen, auch hier
       mit einem System aus Kanälen und Gruppen, das antisemitische
       Verschwörungsnarrative verbreitete.
       
       Schreibmüller und andere Administrator:innen oder User:innen bei
       Telegram mussten also nur bestehende Kanäle wie den der QAnon-Bewegung bei
       sogenannten Querdenker-Gruppen bewerben, um das noch junge Netzwerk mit
       verschwörungsideologischen Inhalten zu füttern.
       
       Das digitale Netzwerk auf Telegram wuchert schneller, als die Politik sich
       auf die drängendsten Maßnahmen gegen die Pandemie einigen kann.
       Impfgegner:innen streuen Falschbehauptungen. Siddhartha Datta von der
       Weltgesundheitsorganisation spricht von einer „Infodemie“. So werden in
       einem niemals versiegenden Strom aus Desinformation [6][Ängste geschürt]:
       vor einer vermeintlichen Diktatur oder der Machtübernahme durch eine
       geheime Elite, vor einer orchestrierten „Plandemie“ oder einer
       „Zwangsimpfung“. Verunsicherte finden Halt in den Verschwörungserzählungen.
       
       ## Gegen das Ohnmachtsgefühl
       
       Die Psychologin Pia Lamberty erklärt dieses Phänomen in einem Interview mit
       der taz vom Mai 2020 so: „Die Pandemie führt zu solch großer
       Verunsicherung, dass Menschen denken, das alles könne kein Zufall sein, und
       beginnen nach einer einfachen Erklärung zu suchen. 'So wird die Situation
       für sie kontrollierbarer. Es lindert das Ohnmachtsgefühl von ‚Hier passiert
       gerade etwas, worauf ich keinen Einfluss nehmen kann‘“, [7][sagt Lamberty].
       Das Virus sei „quasi der Prototyp des kollektiven Kontrollverlustes“.
       
       In diesem Kontrollverlust verfallen manche Menschen in ein gefährliches
       Argumentationsmuster der emotionalen Beweisführung. Ein Beispiel: Weil ich
       mich vor der Impfung fürchte, muss etwas an ihr schädlich sein. Oder: Weil
       ich Wut empfinde, muss es eine:n Verantwortliche:n geben. Weil ein
       Virus keine gute Projektionsfläche bietet, wird ein anderes Ventil
       gefunden: personalisierte Feindbilder wie Bill Gates oder „die
       Rothschilds“. Das „geheime Wissen“ um die vermeintliche Verschwörung und
       die Abgrenzung zu den „Schlafschafen“ entfaltet unter den „Erwachten“ eine
       das Selbst überhöhende Wirkung – das passende Gegengift also gegen Ängste
       und Ohnmachtsgefühle.
       
       Wie viele Menschen offen für diese Art der Aufklärung zuwiderlaufender
       Vorstellungen sind, hat eine [8][Studie der Robert Bosch Stiftung] vom
       Dezember 2020 ermittelt. Sie kommt einerseits zu dem Ergebnis, dass das
       Vertrauen in die Wissenschaft in der Bevölkerung während der Pandemie
       insgesamt gestiegen ist. Andererseits geben sich 15 Prozent der Menschen
       davon überzeugt, dass es keine eindeutigen Belege für die Existenz des
       Coronavirus gebe. 23 Prozent meinen, man sollte sich im Umgang mit der
       Pandemie mehr auf den gesunden Menschenverstand als auf wissenschaftliche
       Studien verlassen.
       
       Im Mai 2020 mobilisiert Querdenken-711 in Stuttgart erstmals um die 5.000
       Menschen. Organisator Ballweg sagt, er dulde kein radikales Gedankengut,
       weder von links noch von rechts. Doch schon bald strecken rechte Gruppen
       ihre Arme nach den neuen politischen Akteur:innen aus. Reichsbürger,
       Hooligans und Neonazis [9][mischen sich unter die „Querdenkenden“].
       Reichsfahnen werden entfaltet.
       
       ## Ein breites politisches Spektrum – mit Rechtsdrall
       
       In dieser ideologisch diffusen Gemengelage starten Forscher:innen des
       Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) eine repräsentative Umfrage von
       insgesamt mehr als 5.000 Personen. Sie wollen das Mobilisierungspotenzial
       der Bewegung vermessen. Heraus kommt: Jede zehnte befragte Person ist zum
       Zeitpunkt der Befragung zwischen Juni und November 2020 bereit, sich gegen
       die Coronamaßnahmen zu engagieren oder hat dies bereits getan. Jede:r
       fünfte Befragte bezeugt großes oder gar sehr großes Verständnis für die
       Proteste. Über 60 Prozent der Befragten aus dieser Untergruppe fühlen sich
       der politischen Mitte zugehörig. Ein Viertel von ihnen würde allerdings AfD
       wählen, knapp 35 Prozent sehen sich von keiner der im Deutschen Bundestag
       vertretenen Parteien vertreten.
       
       Das zeigt: Die Bewegung bildet ein breites politisches Spektrum ab – mit
       Rechtsdrall. Die Protestbewegung bietet der AfD eine Steilvorlage, um sich
       selbst als mittig verortende Neu-Wähler:innen zu mobilisieren. Hat die
       Partei dieses Potenzial genutzt?
       
       Als das Virus Deutschland erreicht, tritt die AfD zunächst als Hardliner in
       Erscheinung und fordert einen strikteren Lockdown und geschlossene Grenzen.
       Als genau das geschieht, schwenkt die Partei um und inszeniert sich nun im
       Gegenteil als Retterin der Grundrechte und Kämpferin gegen eine
       unverhältnismäßige Freiheitsberaubung der Bürger:innen.
       
       Einige AfD-Mitglieder avancieren innerhalb der Coronaleugnerbewegung zu
       Galionsfiguren: So nimmt der Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse eine
       Festnahme in Kauf, weil er ohne Maske durch Berlin flaniert.
       Fraktionschefin Alice Weidel erklärt: „Ich bin nicht geimpft, nein, und ich
       werde mich auf absehbare Zeit auch nicht impfen lassen.“
       
       Auf Telegram werden Aktionen und Statements wie diese gefeiert. Einzelne
       Kanäle und Gruppen gleichen einem verlängerten Arm der blauen Partei. Eine
       Stichwortsuche im Kanal #WirSindVielMehr mit 81.223 Abonnent:innen
       ergibt: Alle großen Parteien oder ihre Politiker:innen werden in
       Kommentaren verunglimpft – außer der AfD. Auffällig häufig werden zudem
       Beiträge des rechtspopulistischen Blogs Jouwatch in den Kanal gespült, auf
       dessen Frontpage eine große, nicht als solche gekennzeichnete Anzeige der
       AfD geschaltet ist.
       
       In der Telegram-Gruppe „Corona Rebellen“ postet ein User mit dem Namen „HS“
       nahezu täglich und ausschließlich weitergeleitete Beiträge, die die AfD in
       einem positiven Licht darstellen. Die Tatsache, dass einige dieser Beiträge
       auf die Minute gleichzeitig gepostet werden und stets kommentarlose
       Weiterleitungen sind, lässt vermuten, dass „HS“ keine Person ist, sondern
       ein Bot, also ein Programm, das Schlagworte wie „AfD“ in bestimmten
       Gruppen, Kanälen oder auch RSS-Feeds zu erkennen weiß und diese Inhalte
       automatisch durch weitere Leitungen des Netzwerks schickt.
       
       Doch selbst wenn die AfD ein Wahlkampfteam in den digitalen Kaninchenbau
       der Coronabewegung geschickt haben sollte – ihre Bilanz fällt eher schmal
       aus. Im Frühsommer 2020, während die Protestbewegung an Fahrt aufnimmt,
       streitet die Partei über die Frage, ob sie auf den Coronaprotestzug
       aufspringen soll oder nicht. So stolpert die AfD über ihre innere
       Zerrissenheit und [10][stagniert] in niedrigen Umfragewerten.
       
       ## Verschwörer kommen vom rechten Spektrum
       
       Die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) belegt indes einen
       [11][Zusammenhang zwischen Verschwörungsglauben und der politischen Nähe
       zum rechten Spektrum]. Dort heißt es: „Der Glaube an Verschwörungen im
       Allgemeinen sowie solche mit Blick auf die Coronapandemie im Speziellen ist
       am stärksten bei Befragten ausgeprägt, die sich politisch „eher rechts“
       oder „rechts“ verorten beziehungsweise rechtspopulistische und
       rechtsextreme Parteien wählen.“ Insbesondere AfD-Wähler:innen (66,7
       Prozent) und Nichtwähler:innen (57,6 Prozent) glaubten der Erhebung
       zufolge an Verschwörungen.
       
       Das Ergebnis einer [12][Untersuchung] des Bundesverbands Recherche- und
       Informationsstelle Antisemitismus (Rias) hält außerdem fest: Vom März 2020
       bis zum März dieses Jahres werden 561 antisemitische Vorfälle mit Bezug zur
       Coronapandemie registriert. Fast 60 Prozent davon ereignen sich bei
       Versammlungen und Demonstrationen.
       
       Auf den aufgeheizten Demo-Sommer 2020 folgt eine Protestflaute, die
       Bewegung verschwindet weitgehend von der Bildfläche. In den sozialen Medien
       aber gärt es weiter. Der Ton wird schärfer, die Aufrufe zum Widerstand
       gegen „das System“ aggressiver. Dann kommt es zu einer Zäsur: In der
       Telegram-Gruppe „Freie Rede“ schreibt der User „-Ö.K-“: „Ach, mal
       angenommen, das RKI würde niederbrennen. Wie gut würden wir in dieser Nacht
       wohl schlafen???“ Einige Wochen später, in der Nacht vom 25. Oktober, wird
       auf das Robert Koch-Institut ein Brandanschlag verübt. Es wird deutlich:
       Ein Teil der Bewegung radikalisiert sich.
       
       Im Winter bildet sich auf Telegram eine Art neue Keimzelle. Die Initiative
       nennt sich „D-Day 2.0“ – in Anlehnung an den Tag der alliierten Landung in
       der Normandie im Zweiten Weltkrieg.
       
       Die D-Day-Gruppe steht innerhalb der Protestbewegung für einen
       Strategiewechsel: weniger Demonstrationen, mehr dezentrale Aktionen. Mit
       der Unterstützung von Telegram-Netzwerker Schreibmüller erschafft ein
       kleines Team ein Geflecht aus Gruppen und Untergruppen auf Telegram, nach
       Bundesländern und Postleitzahlen geordnet und mit insgesamt mehr als 12.000
       User:innen.
       
       Der D-Day 2.0 soll am 6. Januar 2021 stattfinden – in Deutschland soll ein
       „Blockdown“ „neuralgische Knotenpunkte“ der Infrastruktur lahmlegen.
       Tatsächlich treffen sich Menschen vereinzelt zu unangemeldeten Autokorsos.
       Doch der große Aufstand bleibt eine Fantasie. Allerdings: In Unterfranken
       stellt ein Unbekannter mehrere Plakate auf Holzrahmen auf die Gleise einer
       ICE-Strecke. Ein Zug muss notbremsen. [13][Der Vorfall] wird mit dem D-Day
       2.0 in Verbindung gebracht.
       
       Der baden-württembergische Verfassungsschutz schreibt daraufhin von
       „extremistischer Einflussnahme auf das Corona-Protestgeschehen“. Es ist die
       erste Landesverfassungsschutzbehörde, die die Protestbewegung bereits seit
       Anfang Dezember beobachten lässt. Ende April 2021 zieht die Bundesbehörde
       nach. Sie schafft gar eine neue Kategorie für die Coronaleugner:
       „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“. Die Bewegung
       passe in kein anderes Schema, auch nicht in die der Rechten, heißt es zur
       Begründung.
       
       Im Frühsommer 2021 steigt die Impfquote, die Infektionszahlen sinken, es
       kehrt ein wenig Vor-Corona-Leben zurück. Bis zur Flut. Die Katastrophe wird
       zu einem spontanen Mobilisierungsmoment. Im rheinland-pfälzischen
       Neuenahr-Ahrweiler finden sich Anhänger:innen der Bewegung in einer
       Schule ein, die sie zu einem „Familienzentrum“ umfunktionieren wollen. Die
       Behörden beenden die Aktion. Ein Polizeisprecher sagt, ihre Arbeit, sowie
       die der Hilfs- und Rettungsdienste sei von den „Querdenkenden“
       diskreditiert und „verschwörerisches Gedankengut“ verbreitet worden.
       
       Dann naht der 1. August, wieder wird auf Telegram die große Revolution
       prophezeit, wieder wird nichts daraus. Rund 5.000 Protestierende sind auf
       den Straßen Berlins unterwegs, im Jahr zuvor waren es noch 20.000. Über 60
       Prozent der Anwesenden seien laut Polizei von auswärts angereist. Es hat
       sich ein Kern aus der Bewegung herausgeschält, der nicht wieder in das
       Leben der Mehrheitsgesellschaft zurückgefunden hat. Eine aufgewühlte,
       rastlose Masse, der es längst nicht mehr um konkrete Coronamaßnahmen geht,
       sondern um eine „Diktatur“ von vermeintlichen Verschwörern.
       
       ## Die nächste Bedrohung: Die „Klimalüge“
       
       Die Bewegung ist geschrumpft, und dennoch: Genauso wenig wie sie aus dem
       Nichts kam, wird sie einfach wieder verschwinden. Das bestätigen auch die
       Ergebnisse der [14][Psycholog:innen Pia Lamberty und Jonas H. Rees].
       Sie schreiben: „Basierend auf den Daten der Mitte-Studie 2020/21 kann man
       nicht davon sprechen, dass mehr Menschen an Verschwörungen glauben als noch
       vor zwei Jahren. Es kann aber sein, dass sich der Glaube an
       Verschwörungserzählungen in einzelnen Gruppen verstärkt hat und für sie
       handlungsleitender geworden ist.“
       
       Was wird nun aus ihnen?
       
       Einige „Vollzeit-Querdenker:innen“ bemühen sich derzeit um Anschluss an
       Gleichgesinnte im Ausland. So etwa der Szenepromi und Rechtsanwalt Markus
       Haintz, der versucht sich mit Coronaprotestler:innen in Spanien und
       Frankreich zu vernetzen. Eine Delegation ukrainischer
       Verschwörungsideolog:innen wiederum plant einen Demobesuch in Berlin.
       Diese Bemühungen werden sich nicht unbedingt wieder verlaufen. Es gibt
       bereits ein Post-Corona-Thema, das die Verschwörungsszene international
       verbindet: der Klimawandel. Oder in ihren Worten: „die Klimalüge“.
       
       Die neue Marschrichtung zeichnet sich auf Telegram ab. So kommentiert ein
       User im Kanal #WirSindVielMehr: „Der Klimalockdown wird den Corona Lockdown
       wie ein ‚Gartenfest‘ aussehen lassen. Er wird bereits vorbereitet!“ Und
       wenn es nicht der Klimawandel ist, bietet sich auch jedes andere
       „Mainstream-Thema“ an. Denn alles was „Mainstream“ ist, ist in der Logik
       von Verschwörungsideolog:innen per se „faul“ und muss „bekämpft“
       werden.
       
       Diese Denkweise zeigt, dass der gesellschaftliche Graben zwischen der Welt
       „der anderen“ und der eigenen tiefer geworden ist. Die einen sehen in den
       anderen rücksichtslose Covidioten, denen nur an sich selbst gelegen ist.
       Die hingegen betrachten sich als Märtyrer:innen, die der Gesellschaft einen
       ehrwürdigen Dienst erweisen, in dem sie für Wahrheit, Freiheit und Frieden
       demonstrieren. Auch wenn sie das Fundament der Aufklärung verlassen haben,
       agieren viele wohl in dem Glauben, der Welt etwas Gutes zu tun.
       
       Psycholog:innen sagen, Menschen, die einmal tief in die
       Verschwörungswelt eingetaucht seien, kämen so leicht nicht mehr aus ihr
       heraus. Die Kollateralschäden sind zerrüttete Familien und gespaltene
       Freundeskreise. Enge Vertraute und Lebensgefährt:innen werden ersetzt
       durch Szenebekanntschaften. Das, was sie verbindet, ist weniger gemeinsam
       gelebte Zeit als das Leben im vermeintlichen Widerstand. Die Angehörigen
       sind die stillen, unsichtbaren Opfer der Protestbewegung.
       
       Das zeigt auch die massive Zunahme von Anfragen bei Sektenberatungsstellen:
       Im Pandemiejahr 2020 suchen mehr als sechsmal so viele Personen den Rat der
       Sekten-Info Berlin als 2019. Ähnliches berichten zwei weitere Anlaufstellen
       in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
       
       Die Mitte-Studie, die die Bevölkerung in den Jahren 2018/2019 auf
       antidemokratische Einstellungen untersuchte, trug den Titel „Verlorene
       Mitte“. Die diesjährige Studie, die die beiden Coronajahre beleuchtet,
       schaut mit dem Namen „Geforderte Mitte“ etwas mehr nach vorn.
       
       Mit Blick auf immer radikalere „Querdenker:innen“ liest sich der Titel
       wie eine Aufforderung.
       
       20 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/08/berlin-querdenker-demonstrationen-protest-reaktionen-dju-geisel.html
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=glwiQ1VCLnM
   DIR [3] https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/radikalisierung-in-der-corona-krise-e742536/?reduced=true
   DIR [4] /Corona-Leugnung-auf-Telegram/!5781112
   DIR [5] https://www.belltower.news/gelbe-westen-sie-traeumen-von-der-revolution-weil-sie-permanent-ueber-den-zebrastreifen-gehen-77177/
   DIR [6] /Impfgegner-und-die-Coronapandemie/!5735702
   DIR [7] /Psychologin-ueber-Verschwoerungsglauben/!5685695
   DIR [8] https://www.bosch-stiftung.de/sites/default/files/publications/pdf/2020-12/Wissenschaftsbarometer_2020_Broschuere.pdf
   DIR [9] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-05/demonstration-stuttgart-tausende-teilnehmer-corona-einschraenkungen
   DIR [10] http://library.fes.de/pdf-files/bueros/paris/16937.pdf
   DIR [11] https://www.fes.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=65543&token=be951e80f3f538cca04a67567b9da4b995a93c64%2C%20%E2%86%92S.295
   DIR [12] /QAnon-Bewegung-in-der-Pandemie/!5792201
   DIR [13] /Radikalisierung-einer-Bewegung/!5763377
   DIR [14] https://www.fes.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=65543&token=be951e80f3f538cca04a67567b9da4b995a93c64
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nora Belghaus
       
       ## TAGS
       
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR wochentaz
   DIR "Querdenken"-Bewegung
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Kolumne Habibitus
   DIR Schule und Corona
   DIR "Querdenken"-Bewegung
   DIR Jüdisches Leben
   DIR Polizei Berlin
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Polizei Berlin
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Comicautorin Ika Sperling: „Ich mag das Wort Schwurbler nicht“
       
       Ika Sperlings Vater driftete in Verschwörungserzählungen ab. Wie sie das an
       ihre Grenzen brachte, verarbeitete sie in einer Graphic Novel.
       
   DIR Stuttgarter Querdenken-Chef verhaftet: Ballweg weg vom Fenster
       
       Michael Ballweg ist Mitbegründer des „Querdenken“-Protests. Nun nahm ihn
       die Polizei fest. Er soll Spendengelder veruntreut haben.
       
   DIR Corona-Leugner auf den Straßen: Es dürfen nicht noch mehr werden
       
       Man muss den Protesten der Rechten und Corona-Leugner die Luft nehmen. Wir
       müssen uns um mehr Impf-Aufklärung bemühen. Ein Wochenkommentar.
       
   DIR Ende des Coronanotstands: Keine weiteren Shutdowns
       
       Die Ampel einigt sich auf ein Ende der „epidemischen Lage von nationaler
       Tragweite“. Die Länder können noch vier Monate Maßnahmen verhängen.
       
   DIR Umgang mit Coronaleugner_innen: Es hätte nie so weit kommen dürfen
       
       Die Gewaltbereitschaft von Corona-Leugner_innen ist kein Geheimnis.
       Trotzdem begegnen ihnen manche Politiker_innen weiter mit Empathie.
       
   DIR Kultusminister über Coronaleugner:innen: „Null-Toleranz“ an Schulen
       
       Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne empfiehlt Lehrkräften und
       Schulleitungen, Coronaleugner:innen entschieden entgegenzutreten.
       
   DIR Rechtsextreme bei den Querdenker:innen: „Das System muss weg“
       
       Im niedersächsischen Rotenburg an der Wümme demonstrieren jeden Montag
       Querdenker:innen. Mit dabei ist die „Nationale Bewegung in
       Deutschland“.
       
   DIR Jüdisches Leben: Korpsgeist kann auch Gutes tun
       
       In der Ausstellung „Jüdisches Leben und Polizei – Vergangenheit trifft
       Gegenwart“ wird auch auf widerständige Biografien verwiesen, die Mut
       machen.
       
   DIR Coronaleugner*innen in Berlin: Verbote ignoriert
       
       Erneut demonstrieren Tausende Gegner*innen der Coronamaßnahmen. Sie
       widersetzen sich Auflagen, ignorieren Routen und greifen
       Journalist*innen an.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Mehrere „Querdenker“ festgenommen
       
       Trotz Demoverbot waren am Samstag tausende Coronaleugner in der Hauptstadt
       unterwegs. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, es gab dutzende Festnahmen.
       
   DIR „Querdenker“-Demos in Berlin: Bisher neun Aufmärsche verboten
       
       Auch an diesem Wochenende wollen Coronaleugner*innen durch Berlin
       ziehen. Trotz der Verbote mobilisieren sie weiterhin zum Protest.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Wieder Massenproteste in Frankreich
       
       In Frankreich haben mehr als 170.000 Menschen gegen die Coronaregeln
       protestiert. Justizministerin Lambrecht kann sich einen erneuten Lockdown
       „nicht vorstellen“.
       
   DIR Nachrichten in der Coronakrise: Griechische Urlaubsinseln werden Risikogebiet
       
       Die Bundesregierung stuft Kreta und weitere Urlaubsinseln als
       Hochrisikogebiet ein. Nach RKI-Einschätzung hat die vierte Welle der
       Pandemie begonnen.
       
   DIR Corona-Leugnung auf Telegram: Der digitale Strippenzieher
       
       Frank Schreibmüller hat den Online-Kaninchenbau einer
       verschwörungsideologischen Bewegung gegraben, die immer mehr nach rechts
       driftet. Ein analoger Ortsbesuch.
       
   DIR Radikalisierung einer Bewegung: Der Staat als Endgegner
       
       Teile der sogenannten Corona-Protestbewegung sind längst gewaltbereit. Hat
       ein Mann aus Franken einen Anschlag auf eine ICE-Strecke verübt?
       
   DIR Impfgegner und die Coronapandemie: Gegen den Stich
       
       Europaweit setzen Regierungen auf die neuen Impfstoffe, um Corona zu
       stoppen. Impfgegner und Rechtsextreme mobilisieren dagegen.