# taz.de -- Barrierefrei wählen: „Letztes Mal war alles matschig“
> Wahllokale genauso wie Cafés sollten mit Rollstuhl und Rollator
> erreichbar sein. Das fordert Christian Specht vom Berliner
> Behindertenparlament.
IMG Bild: Als Christian Specht 2017 zur Wahl ging, war's nass und matschig
Berlin taz | Bei der letzten Wahl hat mich eine Journalistin ins Wahllokal
begleitet. Ich bin dort hingelaufen, das war sehr schwer für mich. Damals
hatte ich noch keinen Rollator – wie jetzt –, sondern eine Gehhilfe. Das
Wahllokal war eine Schule, davor war eine Baustelle, es hat geregnet und
alles war total matschig.
Ich wohne in Neukölln, in der Straße parallel zu meiner ist eigentlich eine
Schule, aber mein Wahllokal war viel weiter weg. Warum war die Schule bei
mir nicht mein Wahllokal? Gleichzeitig war auch noch Marathon. Total blöd,
wenn die ganze Stadt abgesperrt ist und du nicht zum Wahllokal kommst.
Ich hätte es gut gefunden, wenn man die Wahl dieses Jahr verschoben und
stattdessen gemacht hätte, wenn die Pandemie vorbei ist. Denn was ist, wenn
man als Mensch mit Behinderung Unterstützung in der Wahlkabine braucht? Das
geht schlecht, dabei Abstand zu wahren. Auch mir hat bei der letzten Wahl
jemand geholfen, meine Betreuerin durfte zum Glück in die Wahlkabine mit
rein.
Briefwahl habe ich noch nie gemacht. Aber wenn mein Wahllokal dieses Jahr
wieder so weit weg ist wie letztes Mal, würde ich das machen.
## Zu wenig Barrierefreiheit im Alltag
Im Alltag ist das mit der Barrierefreiheit genauso, es gibt zu wenig! In
manche Cafés kommen Menschen mit Gehbehinderung nicht rein, weil Stufen am
Eingang sind. Ich habe den Eindruck: Manche wollen einfach nicht, dass
Menschen mit Behinderung zu ihnen kommen.
Auch das Haus, wo ich wohne, ist nicht barrierefrei. Ich wohne zwar im
Parterre, aber oben im Haus zum Beispiel wohnt eine Frau, die einen
Rollator braucht. Den muss sie immer bei einer Nachbarin ein paar
Stockwerke drunter lassen.
Menschen mit Behinderung sollten sich allgemein mehr in Politik einbringen
und ihre Meinung sagen. Da passiert zu wenig. Manche wollen nicht ins
Rampenlicht oder haben auch Berührungsängste.
Deswegen habe ich auch das [1][Behindertenparlament] mitgegründet. Es war
alles seit Januar 2020 geplant. Wir wollten uns letzten Sommer im
Abgeordnetenhaus treffen, aber Corona hat uns einen Strich durch die
Rechnung gemacht. Wir haben es dann per Videokonferenz gemacht, aber das
ist auf Dauer keine Lösung. Ich will mit den Leuten persönlich sprechen.
Ich hoffe, dass das bald klappt.
Protokoll: Cristina Plett
28 Jul 2021
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