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       # taz.de -- Wassersprudler im Selbstversuch: Explodiert das hier gleich?
       
       > Sprudelmaschinen für Leitungswasser sind in vielen Küchen inzwischen
       > Standard. Erfahrungsbericht einer Neusprudlerin.
       
   IMG Bild: Hauptsache, es blubbert ordentlich
       
       Kurz nach Ende des zweiten Lockdowns, Freunde kommen zum Essen, Freude
       groß, Alkohol viel. Als M. nach Sprudel fragt, zeige ich auf den Kasten
       hinter ihr. „Du schleppst noch Wasserflaschen in den vierten Stock?“, sagt
       sie ernsthaft schockiert. Und ich denke ernsthaft beschämt: Na ja, ich
       schleppe auch noch Kohlen in den vierten Stock.
       
       Außerdem weiß ich gar nicht, was die Alternative wäre? Ein Bringdienst? Es
       gab mal eine Zeit, in der Leute teure Karaffen besaßen, in die sie einen
       Stein legten und Leitungswasser drübergossen, auf dass daraus Mineralwasser
       würde. Diese Zeit ist offenbar vorbei, Sprudelwassermaschinen scheinen
       inzwischen so Standard wie Espressokannen und Brotmesser.
       
       Bisher hielt ich diese Geräte für [1][die Kategorie Gemüseraffel mit fünf
       Trommelaufsätzen] („leichte Reinigung“, „langlebiger Trommelmotor“,
       „zusätzlicher Aufsatz für dünne Pommes“). Doch selbst M., die von
       Küchengeräten so viel hält wie andere von Zigarettenrauch, hat längst einen
       Sprudler.
       
       Gut. Dann will ich jetzt auch Selbstsprudler werden. Ich finde heraus, dass
       die Firma SodaStream ursprünglich britisch und der erste
       Sprudelmaschinenhersteller überhaupt war, dass sie in einer israelischen
       Siedlung produzierte, was zu einem Boykottaufruf [2][der BDS-Bewegung]
       führte, und außerdem auch Feuerlöscher herstellt. Alles daran finde ich
       spannend, und so wird mein erster Sprudler der „Duo“ für knapp 100 Euro.
       
       ## Panik vor dem Raketenwerfer
       
       Der ist – angeblich als einziges Sprudelgerät der Welt – nicht nur für
       Plastik-, sondern auch für Glasflaschen geeignet. Die Plastikflasche ist
       für unterwegs gedacht und sieht leider so aus, als würde man darin seinen
       Morgenmittelstrahlurin in die Arztpraxis transportieren. Dafür ist die
       Glasflasche schlank, schlicht, schön; ein optisch wie haptisch perfektes
       Gefäß.
       
       Damit der Sprudler seine Arbeit aufnehmen kann, köpft man einen Zylinder
       (mit CO2 drin) und schiebt ihn senkrecht so ins Gerät, als würde man einen
       Raketenwerfer mit einer Flugabwehrrakete bestücken. Erste zaghafte
       Versuche, den Deckel der Maschine nach unten zu drücken, damit er die
       Flasche umschließt, scheitern aus Panik vor dem Raketenwerfer. Das Risiko
       eingehend, dass mir das ganze Gerät gleich um die Ohren fliegt, drücke ich
       herzhafter. Der Deckel senkt sich wie ein Paternoster nach unten.
       
       Es folgt ein weiterer Drückvorgang. Dieser erinnert an eine
       Toilettenspülung und damit kommt endlich Sprudel ins Wasser. Ein weiterer
       winziger Schubs, schon hebt sich der Maschinendeckel wie ein Theatervorhang
       und gibt den an einen Sektkübel erinnernden silbernen Flaschenhalter frei,
       der sich in einer eleganten Bewegung nach vorne beugt. In dem Winkel, in
       dem ein Kellner seinem Gast den Champagner zum Prüfen des Etiketts reicht,
       kommt die Flasche zum Stehen.
       
       Ihr Inhalt prickelt durchaus. Aber es schmeckt halt schon wie
       Leitungswasser, das man so lange geschüttelt hat, bis es blubbert, und
       nicht wie Mineralwasser aus Jahrmillionen altem Vulkangestein. Für den
       Campari Soda ist das Blubberaufkommen allerdings nahezu perfekt. Und was
       will man mehr?
       
       Jetzt muss ich nie wieder Wasserkisten in den vierten Stock schleppen.
       Toll! Bleiben die Kohlen, bleibt das Heizen. Vielleicht erfindet da ja auch
       mal wer ein passendes Gerät.
       
       8 Aug 2021
       
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