URI: 
       # taz.de -- Kabinettsbeschluss zu Einreiseregeln: Testpflicht für Reiserückkehrende
       
       > Ab Sonntag müssen sich ungeimpfte Urlaubsrückkehrer vor der Rückreise auf
       > Corona testen lassen. Das RKI meldet zunehmend Fälle nach Reisen.
       
   IMG Bild: Ab Sonntag müssen sich Reiserückkehrende testen lassen
       
       Berlin dpa | Der Weg für neue Corona-Testpflichten bei Einreisen nach
       Deutschland ab diesem Sonntag ist frei. Das Bundeskabinett beschloss am
       Freitag eine entsprechende Verordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn
       (CDU) im Umlaufverfahren, wie die stellvertretende Regierungssprecherin
       Ulrike Demmer mitteilte. Die Neuregelung diene dazu, die Eintragung
       zusätzlicher Infektionen nach Deutschland möglichst gering zu halten.
       
       Ab diesem Sonntag müssen alle Menschen ab zwölf Jahren bei ihrer Einreise
       nachweisen können, dass bei ihnen das Übertragungsrisiko verringert ist:
       mit dem Nachweis einer Impfung, einem Nachweis als Genesener oder einem
       negativen Testergebnis. Eine solche Vorgabe gibt es bisher schon für alle
       Flugpassagiere. Künftig gilt dies für alle Verkehrsmittel, also auch bei
       Einreisen per Auto oder Bahn.
       
       Außerdem soll es nur noch zwei statt drei Kategorien für weltweite Gebiete
       mit höheren Infektionsrisiken geben: Hochrisikogebiete und Gebiete, in
       denen neue, besorgniserregende Virusvarianten kursieren.
       
       ## Scholz verteidigt Testpflicht
       
       Vizekanzler Olaf Scholz hat den für Freitag angestrebten Beschluss zu
       erweiterten [1][Corona-Testpflichten] für nach Deutschland Einreisende
       verteidigt. „Es geht darum, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in
       diesem Land zu schützen“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Donnerstagabend
       in den ARD-„Tagesthemen“.
       
       „Wir alle sind es gewohnt, uns testen zu lassen, das tun wir schon seit
       sehr, sehr langer Zeit“, argumentierte Scholz. Viele würden sich ohnehin im
       Urlaub testen lassen, zum Beispiel weil es für bestimmte Aktivitäten
       notwendig sei. „Wir müssen vermeiden, dass es jetzt im Herbst wieder zu
       Situationen kommt wie im letzten Jahr – da hilft uns das Impfen, aber eben
       auch das Testen.“
       
       Generell sollen die Nachweise bei der Einreise mitzuführen und bei
       „stichprobenhaften“ Überprüfungen durch die Behörden vorzulegen sein, wie
       es im Entwurf heißt. Kontrollen aller Einreisenden direkt an den Grenzen
       sind nicht vorgesehen. Reist man mit einem Beförderungsunternehmen wie
       einer Fluggesellschaft, sollen die Nachweise vor dem Start auf Anforderung
       vorgelegt werden müssen – so ist es für Flugpassagiere schon bisher. Im
       grenzüberschreitenden Bahnverkehr soll dies auch während der Fahrt möglich
       sein.
       
       ## Warnung vor logistischem Aufwand
       
       Der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei
       (GdP), Andreas Roßkopf, warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe
       (Freitag) vor einem enormen logistischen Aufwand – vor allem personell.
       „Wir haben über 3.800 Kilometer Landgrenze. Wenn wir sie regelmäßig
       stichprobenartig kontrollieren sollen, ist das kaum zu meistern.“ Es gebe
       zudem viele ungeklärte Fragen, [2][zum Beispiel auch bei Zügen].
       
       Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas
       Gassen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag): „Grundsätzlich
       begrüßenswert als Maßnahme, aber leider extrem kurzfristig in der
       Umsetzung.“ Dabei hofft er auch auf einen Nebeneffekt: „Vielleicht könnte
       so mancher, der sich bisher noch nicht hat impfen lassen, auch dadurch noch
       zur Impfung gebracht werden.“
       
       Die deutsche Exportwirtschaft warnte indes vor einer Testpflicht für
       Fernfahrer im innereuropäischen Warenverkehr. „Grundsätzlich ist das
       Bemühen zur Pandemie-Eindämmung nachvollziehbar. Nationale Alleingänge sind
       jedoch gerade im Güterverkehr der falsche Weg und würden die ohnehin
       angespannten Lieferketten zusätzlich stressen“, sagte der Sprecher des
       Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), André
       Schwarz, der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Die kilometer- und tagelangen
       Staus, die wir bereits erleben mussten, sind noch in lebhafter Erinnerung.“
       
       Corona-Ansteckungen, die wahrscheinlich auf Reisen passiert sind, spielen
       dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge eine zunehmende Rolle beim
       Infektionsgeschehen in Deutschland. Das schreibt das RKI in seinem am
       Donnerstagabend vorgelegten wöchentlichen Lagebericht. Als wahrscheinliche
       Infektionsländer in den vier betrachteten Wochen vom 28. Juni bis 25. Juli
       wurden Spanien, die Türkei und die Niederlande am häufigsten genannt, vor
       Kroatien und Griechenland. Der überwiegende Anteil der Corona-Übertragungen
       finde allerdings weiterhin innerhalb Deutschlands statt – die Rede ist von
       mindestens 81 Prozent.
       
       30 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5790320
   DIR [2] /Bahnexperte-ueber-OePNV-und-Corona/!5790267
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Olaf Scholz
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Impfung
   DIR Türkei
   DIR Öffentlicher Nahverkehr
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Waldbrände in Italien und der Türkei: Es brennt am Meer
       
       Mehrere Tote in der Türkei, dramatische Szenen am Strand von Sizilien: Eine
       Hitzewelle sucht Italien, Griechenland und die Türkei heim.
       
   DIR Bahnexperte über ÖPNV und Corona: „Testpflicht ist nicht praktikabel“
       
       Bahnfahren muss auch in der Pandemie attraktiv bleiben, sagt Bastian
       Kettner vom ökologischen Verkehrsclub. Testen hindere die Mobilität.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Länder drängen auf Testpflicht
       
       Die Bundesregierung ist unter Druck, Reiserückkehrende zu Coronatests zu
       verpflichten. Wolfang Schäuble sieht kein Problem, Geimpfte zu bevorzugen.
       Die Inzidenz steigt.
       
   DIR Politik und Diskurs in der Coronakrise: Im ständigen Alarmmodus
       
       Eine strengere Testpflicht für Reiserückkehrer ist zumutbar. Doch die
       Maßnahme steht sinnbildlich für eine gefährliche Neigung, in der Krise zu
       spät zu reagieren.