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       # taz.de -- Prozess gegen früheren KZ-Wachmann: Mit 100 auf die Anklagebank
       
       > Im Herbst soll sich in Brandenburg ein früherer KZ-Wachmann vor Gericht
       > verantworten. Ein Gutachten bestätigte die Verhandlungsfähigkeit des
       > 100-Jährigen.
       
   IMG Bild: Eingang zum Häftlingslager auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen
       
       Neuruppin dpa/epd | Ein 100 Jahre alter ehemaliger Wachmann des
       Konzentrationslagers Sachsenhausen soll sich ab Anfang Oktober vor dem
       Landgericht Neuruppin in Brandenburg verantworten. Ein medizinisches
       Gutachten habe inzwischen die zeitweise Verhandlungsfähigkeit des
       100-Jährigen bejaht, teilte Gerichtssprecherin Iris le Claire am Montag auf
       Anfrage mit.
       
       Der ehemalige SS-Wachmann soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft durch
       seine Tätigkeit im Hauptlager des ehemaligen KZ von 1942 bis Februar 1945
       wissentlich und willentlich Hilfe zur grausamen und heimtückischen
       Ermordung von Lagerinsassen geleistet haben. Dabei soll es unter anderem um
       die [1][Erschießung von sowjetischen Kriegsgefangenen] im Jahr 1942 und
       Beihilfe zur Ermordung von Häftlingen mit dem Giftgas Zyklon B gegangen
       sein. Der 100-Jährige ist in 3.518 Fällen wegen Beihilfe zum Mord
       angeklagt.
       
       Stephanie Bohra vom Berliner NS-Dokumentationszentrum Topographie des
       Terrors sagte gegenüber der Zeitung Welt am Sonntag: „Mord verjährt nicht,
       darum müssen sich auch ältere Semester vor Gericht verantworten. Es geht um
       die Aufklärung von Verbrechen, und ehemalige Häftlinge haben die
       Gelegenheit, zu berichten, was dort passierte.“ Rechtsanwalt Thomas
       Walther, [2][der Nebenkläger in den letzten NS-Verfahren vertritt] und den
       Angaben zufolge auch am Neuruppiner Prozess beteiligt ist, hält diesen für
       notwendig: „Viele Nebenkläger gehören dem gleichen Alter wie der
       Beschuldigte an und hoffen auf Gerechtigkeit.“
       
       Seit dem Urteil gegen den [3][ehemaligen KZ-Aufseher John Demjanjuk] im
       Jahr 2011 besteht die Justiz nicht mehr auf den oft unmöglichen Nachweis
       individueller Schuld. Auch die allgemeine Dienstausübung in einem Lager, in
       dem erkennbar systematische Massenmorde stattfanden, kann juristisch
       geahndet werden. Für die Hinterbliebenen der getöteten Lagerinsassen ist
       die juristische Aufarbeitung wichtig.
       
       Im [4][KZ Sachsenhausen] waren zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der
       dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende
       Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische
       Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer
       Vernichtungsaktionen.
       
       3 Aug 2021
       
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