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       # taz.de -- Kieler Landeschefin Midyatlı verzichtet: SPD schickt Ex-Grünen ins Rennen
       
       > Überraschung in Schleswig-Holstein: Der Ex-Grüne Thomas Losse-Müller soll
       > bei der Wahl 2022 Ministerpräsident Daniel Günther herausfordern.
       
   IMG Bild: Hat mit seinem Wechsel zur SPD den Karriere-Turbo gezündet: Thomas Losse-Müller
       
       Hamburg taz | Eine dicke Überraschung bahnt sich bei Schleswig-Holsteins
       SPD an: Am Sonntag will der Parteivorstand in Kiel seinen Vorschlag für die
       Spitzenkandidatur zur Landtagswahl im Mai kommenden Jahres bekanntgeben.
       Die Überraschung ist, dass man das so genderneutral formulieren muss. Denn
       wie der Spiegel zuerst berichtete, soll es nicht Landeschefin Serpil
       Midyatlı werden, sondern ein Mann: Thomas Losse-Müller.
       
       Der 48-jährige Volkswirt war schon für die Deutsche Bank, die Weltbank und
       für die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit tätig. Aber er
       gehört nicht gerade zum Partei-Establishment, jedenfalls nicht in der SPD,
       zu der er erst im vorigen Herbst von den Grünen gewechselt ist.
       
       Enge Verbindungen hatte er aber, seit er von 2014 bis 2017 als Grüner dem
       SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig als Staatskanzleichef diente –
       ungewöhnlich im Politikbetrieb. Regierungserfahrung hat Losse-Müller, der
       [1][vorher Finanz-Staatssekretär war], also. Allerdings nur in der zweiten
       Reihe. Im Land ist er kaum bekannt.
       
       Dass der Mann, den Midyatlı in ihre SPD-„Denkfabrik“ berufen hat, höhere
       Ambitionen hat, zeigte er, als er im April seinen Hut für die
       Direktkandidatur im Wahlkreis Eckernförde in den Ring warf. Er tritt dort
       gegen den beliebten Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) an. Midyatlı
       war zuvor von dort nach Kiel-Ost gewechselt, wo sie sich in einer
       Kampfabstimmung nur knapp durchgesetzt hatte.
       
       ## Dämpfer für Bilderbuch-Karriere
       
       Ein erster, aber nur kleiner Dämpfer in einer Parteikarriere wie [2][aus
       dem sozialdemokratischen Bilderbuch]. Als Tochter türkischer Einwanderer
       stieg die Unternehmerin Midyatlı im Arbeiterviertel Kiel-Gaarden in die
       Kommunalpolitik ein. 2009 zog sie als erste muslimische Abgeordnete in den
       Landtag ein. Gefördert vom [3][ewigen Parteigranden Ralf Stegner], beerbete
       sie diesen 2019 als Partei- und vor zwei Monaten auch als Fraktionschefin.
       Damit schien der Weg zur Spitzenkandidatur vorgezeichnet und sie betonte
       stets ihr „Erstzugriffsrecht“.
       
       Wenn sie nun verzichtet, hat das keine taktischen Gründe: Die SPD dümpelt
       zwar in Umfragen um 20 Prozent, fiel zuletzt sogar einmalig auf 15,
       gleichzeitig haben die Grünen aber so zugelegt, dass es trotzdem für eine
       gemeinsame Regierung reichen könnte. Und das grüne Spitzenduo macht keinen
       Hehl daraus, dass es lieber mit der SPD regieren würde als weiterhin mit
       CDU und FDP. Midyatlı hat sich ähnlich positioniert – und hat vielleicht
       jetzt den perfekten Scharnier-Kandidaten gefunden.
       
       13 Aug 2021
       
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   DIR Jan Kahlcke
       
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