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       # taz.de -- Streik bei Vivantes und Charité: Alles, was Recht ist
       
       > Ab Montag streikt die Pflege bei Vivantes und Charité. Verdi nennt Urteil
       > des Arbeitsgerichts zu Streikverbot bei Vivantes-Töchtern „Horrorurteil“.
       
   IMG Bild: Die Zeichen stehen ab Montag mal wieder auf Streik – hier eine Aufnahme vom Herbst 2020
       
       Berlin taz | Die Pflegekräfte von Charité und Vivantes werden zur
       Frühschicht am Montagmorgen wie geplant [1][für eine bessere
       Personalausstattung in den Kliniken streiken] – selbst wenn es bis dahin
       keine einvernehmliche Einigung über eine Notdienstvereinbarung mit der
       Arbeitgeberseite geben sollte. Das bestätigte am Sonntag Tim Graumann,
       zuständiger Gewerkschaftssekretär bei Verdi, gegenüber der taz. Die
       Verhandlungen liefen am Sonntagnachmittag auch nach Redaktionsschluss noch
       weiter. Es hieß aber seitens Verdi in einer Verhandlungspause, man sei „auf
       einem guten Weg.“
       
       Von Vivantes hieß es am Sonntag, man habe bereits Operationen in dieser
       Woche verschoben, PatientInnen „nach Möglichkeit“ verlegt oder entlassen
       sowie sich bereit erklärt, „Stationen mit rund 300 Betten weitestgehend zu
       schließen, um den Streik zu ermöglichen“, wie eine Konzernsprecherin
       mitteilte. „Wir bedauern sehr, dass sich Verdi angesichts dieses
       Entgegenkommens noch nicht auf eine Notdienstvereinbarung mit Vivantes
       einigen konnte, um damit die Versorgung der Patienten und Patientinnen auch
       während des Warnstreiks sicherzustellen.“
       
       Nicht streiken ab Montag dürfen hingegen, anders als Verdi es geplant
       hatte, die Beschäftigten der Vivantes-Tochtergesellschaften. Dem Personal
       etwa in der Essensversorgung und den Wäschereien geht es um eine
       [2][Angleichung ihres Tarifvertrags an den des Öffentlichen Diensts], nach
       dem die Beschäftigten des Mutterkonzerns bezahlt werden.
       
       Das Berliner Arbeitsgericht hatte am Freitag den dreitägigen Streik bei den
       Tochtergesellschaften jedoch verboten. Der Grund: Auch hier konnten Verdi
       und der landeseigene Klinikkonzern sich nicht auf eine
       Notdienstvereinbarung einigen. Das sei aber notwendig, damit es nicht „zu
       einer Gefahr für Leib und Leben von Patienten“ komme.
       
       ## „Einseitig“ festgelegter Notdienst
       
       Der entscheidende Punkt, den die RichterInnen machten: Die
       Notdienstvereinbarung könne nicht „einseitig“ von der Gewerkschaft
       festgelegt werden. Es obliege dem Arbeitgeber, „die Einzelheiten des
       Notdienstes festzulegen.“
       
       „Ein Horrorurteil“, sagt Gewerkschaftssekretär Graumann. Damit könne die
       Arbeitgeberseite „alles diktieren.“ Ein Streik drohe dann „zur Farce“ zu
       werden, weil die Kliniken etwa mit Personal, das aus dem Urlaub
       zurückgeholt werde, die Stationen offen hielten. Verdi hat bereits
       angekündigt, am Montag gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
       
       Insgesamt acht Stationen an der Charité werden nach Verdi-Angaben ab Montag
       bestreikt; jeweils vier am Campus Benjamin Franklin in Steglitz und am
       Weddinger Vichow-Klinikum. Hinzu kämen Stationen in Mitte, wo „einzelne
       Betten“ betroffen seien, so Graumann. Bei Vivantes seien an sieben
       Standorten zwölf Stationen betroffen. Dabei handele es sich etwa um die
       Gastroenterologie, Geriatrie oder auch die „Komfortstationen“ für
       PrivatpatientInnen.
       
       Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl
       im Herbst, sagte der taz, dass die Arbeitgeberseite den Streik teilweise
       verhindern könne, sei „nicht gut“: Damit werde das Streikrecht unterlaufen.
       Die Grünen hätten die „zuständigen Senator*innen der SPD wiederholt
       gedrängt, eine Notdienstvereinbarung zu ermöglichen“. Auch die Charité ist
       ein landeseigener Konzern.
       
       Von der CDU hieß es, Rot-rot-grün habe nicht genug in die Kliniken
       investiert, so Parteichef und Spitzenkandidat Kai Wegner. So seien die nun
       gezwungen, „zwingende Instandhaltungskosten mit Fallpauschalen
       querzufinanzieren.“
       
       22 Aug 2021
       
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