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       # taz.de -- Ugandische Schwimmerin bei Paralympics: Weg zum Wohlgefühl
       
       > Die Schwimmerin Husnah Kukundakwe, 14, aus Uganda ist die jüngste
       > Teilnehmerin bei den Paralympics und auch deshalb schon prominent.
       
   IMG Bild: Bekannt in Uganda: das WM-Rennen 2019 von Kukundakwe in London wurde im TV übertragen
       
       „Ich hab schon zu meiner Mutter gesagt“, fängt die 14-Jährige zu erzählen
       an: „Ich brauch keine Medaille. Einfach hier zu sein ist schon unglaublich.
       Seit ich ins Athletendorf eingezogen bin, fühle ich mich, als hätte ich
       alles erreicht.“ Neue Freundschaften wolle Husnah Kukundakwe unter den
       Athletinnen und Athleten schließen. „Ich will hier einfach Spaß haben“,
       sagt sie.
       
       Bei der weltweit größten Behindertensportveranstaltung stapelt Kukundakwe
       lieber tief. Die Schwimmerin, die ohne einen rechten Unterarm und mit einer
       Fehlbildung der linken Hand zur Welt kam, wurde in ihrer Heimat Uganda
       gerade erst in die High School eingeschult. Bei den Paralympischen Spielen
       von Tokio ist sie die jüngste Teilnehmerin.
       
       Allerdings lässt sich schon erahnen, dass Kukundakwe eine große Karriere
       bevorstehen könnte. Ihr Debüt auf der internationalen Bühne gab sie vor
       zwei Jahren bei der Schwimm-WM in London. Auch das Internationale
       Paralympische Komitee (IPC) sieht in ihr offenbar großes Potenzial. Sie
       gehört zur illustren Auswahl derer, die auf einer Pressekonferenz kurz vor
       der Eröffnungsfeier vorgestellt werden.
       
       Da sind der [1][Weitspringer Markus Rehm], der weiter springen kann als
       jeder olympische Athlet, sowie die mexikanische Serienweltrekordhalterin im
       Gewichtheben Amalia Pérez. Auch die Japanerin Shoka Ota, die schon bei den
       Winterspielen Medaillen gewann und nun beim paralympischen Debüt von
       Taekwondo teilnimmt, ist anwesend. Und der US-Amerikaner Matt Stutzman, ein
       im Parasport bekannter Bogenschütze, sowie die Goldmedaillengewinnerin im
       Fechten, Bebe Vio aus Italien.
       
       ## Selfies von den Kollegen
       
       Beide sind Protagonisten in der weltweit ausgestrahlten
       Netflix-Dokumentation „Rising Phoenix“. „Es kommt mir vor, als würde ich
       Filmstars treffen“, sagt Husnah Kukundakwe, die zwischen Stutzman und Vio
       sitzt, und muss über sich lachen. „Dann macht man doch immer ein Selfie als
       Beweis. Das hab ich natürlich schon gemacht.“ Stutzman und Vio seien für
       sie eine Inspiration gewesen, sich in ihrem Körper wohlzufühlen. „Der Sport
       und solche Vorbilder haben mir dabei geholfen, dass ich meine Hand nicht
       mehr verstecken will. Mir ist es jetzt egal, wie mich andere Leute sehen.“
       
       Wobei die 14-Jährige selbst offenbar schon eine Inspirationsquelle für
       andere ist. In der Schule in ihrer Heimat Kampala, der Hauptstadt von
       Uganda, ist sie seit der WM-Teilnahme in London eine Berühmtheit. Als sie
       2019 von ihrem ersten großen Turnier zurück nach Hause kam, wurde sie
       plötzlich von fremden Personen angesprochen. „Leute, die ich noch nie
       gesehen hatte, sagten: ‚Hi! Ich hab dich im Fernseher gesehen. Du bist so
       cool!‘“ Für Kukundakwe, die sich zuvor oft uncool gefunden hatte, hat sich
       durch Sport ihre Welt verändert.
       
       „In Uganda gibt es nur wenige Menschen, die eine Behinderung haben und das
       auch zeigen“, sagt sie. Ohne das Schwimmbecken hätte sie wohl nie ihre
       Liebe zum eigenen Körper entwickelt. Nur haben eben nicht viele Menschen in
       Uganda ähnliche Erfahrungen gemacht. Husnah Kukundakwe ist erst die zweite
       Schwimmerin aus Uganda, die an den Paralympics teilnimmt. Insgesamt sind
       nur drei weitere Athleten aus dem ostafrikanischen Land dabei.
       
       Wegen der hohen Kosten für die Ausrüstung [2][sind ärmere Länder bei
       Paralympischen Spielen chronisch unterrepräsentiert.] Dies ist ein Thema,
       das die junge Husnah Kukundakwe sehr reflektiert betrachtet. „Schwimmen ist
       teuer wie andere Sportarten ja auch. Meine Eltern mussten finanziell sehr
       kämpfen, damit wir den Eintritt in ein gutes Schwimmbad und einen guten
       Trainer bezahlen konnten.“ Für Reisen zu Turnieren habe sie schon
       Stipendien von Stiftungen erhalten. Aber langfristiges Trainieren und
       Planen sei auf diese Weise schwierig.
       
       „Ich finde, Regierungen in allen Ländern sollten uns Parasportler
       unterstützen. Es fühlt sich sonst einfach nicht gerecht an.“ In Zukunft
       würde Kukundakwe mit ihrer Familie gern selbst eine Stiftung gründen, die
       Parasportler unterstützt. Damit das möglich ist, muss sie erst mal selbst
       Erfolge erzielen. Am Donnerstag könnte sie den Grundstein dafür legen. Dann
       startet Husnah Kukundakwe in der ersten Runde auf 100 Meter Brust in der
       Kategorie SB8.
       
       25 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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