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       # taz.de -- Urteil zu Kohlekraftwerk Datteln IV: Klimakiller bleibt Schwarzbau
       
       > Auch der aktuelle Bebauungsplan für Datteln IV ist unwirksam, urteilt das
       > Oberverwaltungsgericht. Die Betriebsgenehmigung wackelt.
       
   IMG Bild: Schöne Aussichten? Jedenfalls nicht mehr für Datteln IV
       
       Münster taz | Im [1][Kampf um das Steinkohlekraftwerk Datteln IV] muss der
       Betreiber Uniper eine herbe Niederlage hinnehmen. Auch der zweite
       Bebauungsplan, mit dem der Dattelner Stadtrat 2014 versucht hatte, den
       schon seit 2007 errichteten Kohleblock nachträglich abzusichern, ist
       unwirksam. Das hat das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG)
       in Münster am Donnerstagnachmittag entscheiden.
       
       Juristisch bleibt der riesige Ofen, der im Volllastbetrieb jährlich bis zu
       8 Millionen Tonnen Kohlendioxid und damit bis zu vier Prozent [2][der
       gesamten Klimaemissionen des größten Bundeslands ausstoßen kann], damit ein
       „Schwarzbau“ – so hatte der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin
       das Kraftwerk schon 2010 genannt.
       
       Inhaltlich begründete der 10. OVG-Senat unter dem Vorsitz von Richter
       Detlev Klein Alstedde sein Urteil allein mit dem Raumordnungsgesetz NRW.
       Denn dass der 1.100 Megawatt starke Kohlemeiler am falschen Platz steht,
       hatte das OVG schon 2009 festgestellt – Wohnhäuser sind nur 480 Meter
       entfernt. Kassiert wurde damit ein erster Bebauungsplan der Stadt Datteln.
       
       Doch auch der Versuch der nachträglichen Legalisierung sei fehlerhaft,
       entschied das OVG jetzt: Bei der Aufstellung des zweiten Bebauungsplans
       seien 2014 zu wenige alternative Standorte in Betracht gezogen worden. Der
       „Suchraum“ sei schlicht zu klein gewesen, hatte der Vorsitzende Richter
       Klein Alstedde schon am Vormittag in der mündlichen Verhandlung des
       Normenkontrollverfahrens klargemacht: Geprüft wurden nur mögliche
       Kraftwerksstandorte in der Emscher-Lippe-Region, also im nördlichen Revier
       – dabei hätte zumindest das gesamte Gebiet des Regionalverbands Ruhrgebiet
       (RVR) als Ausweichstandort in Betracht kommen müssen.
       
       ## „Das Problem ist das Verfahren“
       
       „Es sollte eine Planungsgrundlage geschaffen werden [3][für etwas, was da
       schon stand]“, sagte Klein Altstedde mit Blick auf den 2014 bereits fast
       fertiggestellten Steinkohlemeiler, dessen Bau da bereits rund eine
       Milliarde Euro verschlugen hatte. „Das Problem ist das Verfahren.“ Denn
       obwohl das Kraftwerk mit seinem 180 Meter hohen Kühlturm längst lange
       Schatten über Datteln warf, hätte die Aufstellung des Bebauungsplans
       ergebnisoffen das gesamte Ruhrgebiet als „Suchraum“ verfolgen müssen, so
       der Jurist „egal, was schon steht.“
       
       Auf weitere Argumente der Kraftwerksgegner:innen, zu denen neben
       Anwohner:innen auch der Umweltschutzverband BUND und die Nachbarstadt
       Waltrop gehören, ging das Oberverwaltungsgericht wegen dieses
       offensichtlichen Planungsmangels erst gar nicht ein. Viele Bürger:innen
       fürchten den Ausstoß von Giften wie Quecksilber und Cadmium, der für
       Kohlekraftwerke typisch ist.
       
       ## Ohrfeige für Laschet
       
       Die Stadt Waltrop sieht die Entwicklung neuer Wohngebiete in Richtung
       Datteln durch den Riesen-Ofen ausgebremst, und der BUND warnt vor der
       Übersäuerung naheliegender Naturschutzgebiete durch massive
       Stickstoffeinträge – jenseits vom jährlichen Ausstoß von Millionen Tonnen
       des Treibhausgases Kohlendioxid. Das sofortige Aus für Datteln IV bedeutet
       das OVG-Urteil aber nicht. Zwar ließen die Richter keine Revision vor dem
       Bundesverwaltungsgericht zu – doch Kraftwerksbetreiber Uniper prüft eine
       Nichtzulassungsbeschwerde.
       
       „Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig“, sagte Unternehmenssprecher Georg
       Oppermann. Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW, forderte dagegen
       eine schnelle Entziehung der Betriebsgenehmigung für den Kohlemeiler.
       Notfalls werde der Umweltverband ein Betriebsende per Eilantrag einfordern.
       „Dieses Urteil“, sagte Jansen noch im Gerichtssaal, „ist auch eine
       schallende Ohrfeige für CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet.“ Denn als
       NRW-Ministerpräsident hat Laschet viel Druck dafür gemacht, dass Datteln IV
       [4][überhaupt noch ans Netz gehen konnte].
       
       26 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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