# taz.de -- Tod von Neunjähriger in Indien: „Hängt die Mörder!“
> Eine Neunjährige soll in Indien nach einer Gruppenvergewaltigung getötet
> worden sein. Der Fall wirft viele Fragen auf.
IMG Bild: Weniger militant aber auch empört über das Verhalten der Regierung
Mumbai taz | „Das Mädchen war neun Jahre alt, hängt die Mörder“ steht auf
dem [1][Protestplakat] einer Frau. Erneut erschüttert ein Fall einer
mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung Indien, bei dem eine Dalit gestorben
ist. Am ersten Sonntag im August kehrte das Mädchen, das mit seiner Mutter
vor einer religiösen Stätte in der Hauptstadt Delhi bettelte, nicht vom
Trinkwasserholen von einem nahe gelegenen Krematorium zurück.
Vermutet wird, dass sie dort von vier Männern, darunter einem 55-jähriger
Hindu-Priester, vergewaltigt und – um das Verbrechen zu vertuschen – im
Schnellverfahren eingeäschert wurde. Dass von dem Mädchen nur noch
verkohlte Überreste vorhanden sind, erschwert die Ermittlungen. Die vier
Verdächtigen wurden mittlerweile verhaftet und sollen einem
Lügendetektortest unterzogen werden.
Es ist ein Vorfall mit vielen Fragezeichen, der viele wütend macht. Zu
ihnen gehört die Anwältin und Vertreterin der [2][Studierendenvereinigung
Aisa], Kawalpreet Kaur, die zwar nicht wie andere für die Täter die
Todesstrafe fordert, aber dennoch Kritik übt: „Nach vier Tagen Protesten
hat die Polizei nun eine Anzeige wegen Vergewaltigung und Mord (…)
erstattet“, sagt sie und klagt auf [3][Twitter] an, dass die Polizei von
Delhi zögerte zu handeln.
Und das, obwohl die Familie des verstorbenen Mädchens Anzeige erstattet
hatte, wie Kaur im persönlichen Gespräch erfuhr. Darüber hinaus sollen die
Eltern über Nacht in Polizeigewahrsam gehalten worden sein. „Am
schockierendsten war, dass ein örtlicher Polizeibeamter den Vater des
Mädchens in der Polizeistation Delhi Cantt Sadar Thana trat, schlug und
misshandelte“, sagt die Politikerin [4][Kavita Krishnan] über dem Vorfall.
## Kaum Verurteilungen
Laut dem Bestattungspriester starb das Mädchen an einem Stromschlag. Ihre
Mutter sagte hingegen aus, sie habe den mit blauen Flecken übersäten
Leichnam ihrer Tochter gesehen, sei aber bedroht worden, sich nicht bei den
Behörden zu melden. „Ich möchte Gerechtigkeit für meine Tochter“, soll sie
zu Kawalpreet Kaur gesagt haben. Die Angehörigen erhalten umgerechnet
11.400 Euro Entschädigung. Der Regierungschef von Delhi Arvind Kejriwal
(AAP) sowie Oppositionsführer Rahul Gandhi (Kongress) statteten den Eltern
einen Besuch ab.
Zwar gibt es in Indien scharfe Strafen für Vergewaltigungen außerhalb der
Ehe, wofür im vergangenen Jahr vier Beteiligte einer brutalen
[5][Gruppenvergewaltigung an der Auszubildenden Jyoti Singh] hingerichtet
wurden. Doch die Verurteilungsquote ist gering. Besonders gefährdet sind
Mitglieder [6][marginalisierter Gruppen wie der Dalit] (veraltet
„Unberührbare“), die gesellschaftlich niedrig gestellt sind.
5 Aug 2021
## LINKS
DIR [1] https://ichef.bbci.co.uk/news/976/cpsprodpb/7E15/production/_119777223_screenshot2021-08-04at00.23.38.png
DIR [2] https://twitter.com/aisa_du/status/1422869628481540096
DIR [3] https://twitter.com/kawalpreetdu/status/1422918657357737991?s=21
DIR [4] https://twitter.com/kavita_krishnan/status/1422887926673797121
DIR [5] /Todesstrafe-in-Indien/!5672888
DIR [6] /Proteste-nach-Vergewaltigungen-in-Indien/!5718167
## AUTOREN
DIR Natalie Mayroth
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