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       # taz.de -- Pläne für Auffrischungsimpfungen: Spahn-Ministerium trotzt der WHO
       
       > Die WHO will mit Dritt-Impfungen warten, denn in armen Ländern fehlt
       > Impfstoff. Das deutsche Gesundheitsministerium möchte loslegen.
       
   IMG Bild: Impfzentrum in Kambodscha, dort ist der Impfstoff weiterhin knapp
       
       Berlin taz/dpa | Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch
       einen weltweiten Stopp für Auffrischungsimpfungen gefordert hatte,
       verteidigt das Bundesgesundheitsministerium nun seine Pläne zur baldigen
       Nachimpfung von Risikogruppen. „Unser Ziel ist, beides zu erreichen: Wir
       wollen die vulnerablen Gruppen in Deutschland mit einer vorsorglichen
       dritten Impfung versorgen und gleichzeitig die Impfung möglichst aller
       Menschen auf der Welt unterstützen“, hieß es von einer Sprecherin gegenüber
       der taz.
       
       Im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz hatten Bund und Länder am Montag
       beschlossen, bereits ab September Auffrischungsimpfungen für bestimmte
       Gruppen anzubieten.
       
       WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus [1][hatte solche Pläne am Mittwoch
       scharf kritisiert.] „Länder mit hohen Einkommen haben 100 Impfdosen pro 100
       Einwohner verabreicht“, sagte Tedros. „Gleichzeitig konnten Länder mit
       niedrigen Einkommen nur 1,5 Dosen pro 100 Menschen verabreichen, weil ihnen
       Impfstoff fehlt. Wir brauchen dringend eine Kehrtwende, so dass die
       Mehrheit der Impfstoffe in Länder mit niedrigen statt hohen Einkommen
       geht.“ Bereits begonnene Auffrischungsimpfungen sollten daher ausgesetzt
       und Pläne dafür bis mindestens Ende September auf Eis gelegt werden, bis
       wenigstens zehn Prozent der Menschen in allen Ländern der Welt geimpft
       seien.
       
       Das Gesundheitsministerium will trotzdem an den Auffrischungsimpfungen ab
       September festhalten. Aus dem Gesundheitsmnistium hieß es auf Anfrage der
       taz, dass Deutschland bis Ende des Jahres mindestens 30 Millionen
       Impfstoffdosen an Länder spende, in denen bislang kaum geimpft werden
       könne. Man habe bereits in dieser Woche begonnen, erste Impfdosen an die
       Covax-Initiative zu verschenken. Die Covax-Initiative wurde im April 2020
       von der WHO, der Europäischen Kommission und Frankreich gegründet, um eine
       weltweit faire Verteilung der Covid-19-Impfstoffe zu gewährleisten.
       
       ## Deutschland verzichtet auf bestellte Impfdosen
       
       Aus Deutschland sollen laut Gesundheitsministerium in diesem 24 Millionen
       Impfdosen an Covax gehen und weitere 6 Millionen bilateral verschenkt
       werden. Darüber hinaus verzichte Deutschland im August zugunsten von
       anderen EU-Staaten, die noch Bedarf haben, auf die bereits vertraglich
       zugesicherten Impfstoffdosen des Herstellers Johnson&Johnson.
       
       Nach den Plänen der Gesundheitsminister:innen sollen sich vor allem
       Immungeschwächte Patient*innen, Hochbetagte und
       Pflegeheimbewohner*innen frühestens sechs Monate nach der
       Grundimmunisierung mit einem der zugelassenen mRNA-Impfstoffe nachimpfen
       lassen können. In Wohneinrichtungen sollen wieder mobile Impfteams zum
       Einsatz kommen. Außerdem werde Menschen, die als ersten Impfschutz einen
       der Vektorimpfstoffe (AstraZeneca oder Johnson&Johnson) erhalten haben,
       eine Nachimpfung angeboten.
       
       Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat bislang noch keine Empfehlung zu
       den Nachimpfungen ausgesprochen. Es gebe zwar Hinweise, dass die
       Immunreaktion gerade bei Älteren weniger stark sei und mit der Zeit
       nachlasse, [2][sagte Stiko-Chef Thomas Mertens der taz im Interview.] Auch
       bei immungeschächten Menschen und denen, die mit der
       Johnson&Johnson-Vakzine geimpft wurden, gebe es entsprechende Anzeichen.
       Die Frage, ob gerade die besonders gefährdeten älteren Menschen damit trotz
       Impfung schwer an Covid19 erkranken könnten, sei aber „derzeit
       wissenschaftlich nicht beantwortet“.
       
       Zu den Plänen der Bundesregierung sagte Mertens: „Es muss klar gesagt
       werden, dass jetzt alle älteren Leute zur Nachimpfung kommen sollen, weil
       man denkt, das schadet nicht und weil man auf keinen Fall will, dass wieder
       Menschen im Altenheim sterben“. Das sei dann keine evidenzbasierte
       Empfehlung, sondern eine politische Vorsorgemaßnahme.
       
       In Israel [3][können sich schon seit einigen Tagen Menschen ab 60 Jahren
       nachimpfen lassen.] Auch Großbritannien plant ein entsprechendes Programm.
       
       5 Aug 2021
       
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