# taz.de -- Coronaproteste in Frankreich: Wider die Impfpass-„Diktatur“
> So viele Menschen wie noch nie gehen gegen Präsident Macrons
> Gesundheitspass auf die Straße. Derweil verschärft sich auch die Pandemie
> wieder.
IMG Bild: Marseille, Corona- und Protesthotspot, Samstag
Paris taz | Die Protestbewegung in Frankreich gegen die Impfpolitik von
Präsident Emmanuel Macron gewinnt an Unterstützung. Am vierten Samstag in
Folge demonstrierten laut Innenministerium 237.000 Menschen gegen den neu
eingeführten Gesundheitspass – gut 30.000 mehr als eine Woche zuvor. Der
„[1][pass sanitaire]“, der eine doppelte Impfung, einen negativen
Covid-Test oder eine überstandene Erkrankung ausweist, ist ab diesen Montag
für Café- und Restaurantbesuche sowie Reisen in Fernzügen und Fernbussen
nötig.
Besonders viele Demonstrierende gab es im Süden des Landes, der aktuell
[2][am stärksten von der Pandemie betroffen] ist: In Toulon waren es
19.000, in Nizza knapp 10.000 und in Marseille 6.000. Das Robert
Koch-Institut hatte die Mittelmeerregion Provence-Alpes-Côte d’Azur am
Freitag ebenso wie die benachbarte Region Okzitanien zum Hochrisikogebiet
erklärt.
In Paris versammelten sich rund 17.000 Menschen, die immer wieder „Liberté“
riefen. Die größte Gruppe vereinte der Rechtspopulist Florian Philippot vor
der École Militaire, wo rund 10.000 Demonstrierende Macrons Rücktritt
forderten. „Ein wunderbarer Elan des Widerstands“, schrieb der einstige
Vize von Marine Le Pen auf Twitter. Ein weiterer Demonstrationszug vereinte
Gewerkschaften und Gruppen von „Gelbwesten“, die bereits 2018 gegen Macron
protestiert hatten.
„Bei vielen der mobilisierten Personen wird der Widerstand von einer
Ablehnung der politischen Institutionen begleitet“, sagte der Politologe
Antoine Bristielle der Zeitung Libération. Der Inlandsgeheimdienst hatte
bereits im Juli davor gewarnt, dass sich die Bewegung radikalisieren
könnte.
Einer Umfrage des Instituts Elabe zufolge befürworten 37 Prozent der
Französinnen und Franzosen die Proteste. 48 Prozent sind dagegen und 15
Prozent haben keine Meinung. Macron, dem die Demonstrierenden eine
„Impfdiktatur“ vorwerfen, meldete sich in der vergangenen Woche aus dem
Urlaub mit mehreren Kurzvideos zu Wort. Darin rief er seine Landsleute auf,
sich immunisieren zu lassen. Knapp 66 Prozent der Französinnen und
Franzosen haben bereits eine erste Impfung erhalten.
Der französische Verfassungsrat hatte am Donnerstag [3][grünes Licht für
die Maßnahmen] gegeben, mit denen der Staatschef eine Teil-Impfpflicht
durchsetzen will. So muss ab Mitte September das Gesundheitspersonal
geimpft sein, ansonsten wird der Arbeitsvertrag suspendiert. Dasselbe gilt
auch für Fahrer:innen von Krankenwagen und Feuerwehrleute. Seit Macrons
Ankündigungen am 12. Juli vereinbarten rund vier Millionen Französinnen und
Franzosen einen Impftermin.
Gleichzeitig stieg aber auch die Zahl der Erkrankten stark an. Diese Woche
wurden laut der Website [4][Covidtracker] 146 Covid-Patient:innen
durchschnittlich pro Tag in die Intensivstationen eingeliefert – ein
Anstieg um 56 Prozent gegenüber der Vorwoche. In den Krankenhäusern in
Korsika sowie den Regionen Provence-Alpes-Côte d’Azur und Okzitanien gilt
ein Notfallplan, um die zahlreichen Kranken zu behandeln. Auf den zu
Frankreich gehörenden Karibikinseln Martinique und Guadeloupe herrscht
bereits wieder eine Ausgangssperre.
8 Aug 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.cec-zev.eu/de/themen/coronavirus-in-der-grenzregion/pass-sanitaire-in-frankreich/
DIR [2] https://www.gouvernement.fr/info-coronavirus/carte-et-donnees
DIR [3] /Frankreichs-Verfassungsrat-zu-Covid-Pass/!5791958
DIR [4] https://covidtracker.fr/
## AUTOREN
DIR Christine Longin
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