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       # taz.de -- ZDF-Doku über Antimafia auf Sizilien: Zusammen gegen den Mob
       
       > Mit „Comeback der Mafia – Alte Clans, neue Methoden“ legt die
       > Filmemacherin Chiara Sambuchi eine tolle Doku über mutige Mafiagegner in
       > Palermo vor.
       
   IMG Bild: Antonio Cottone hat auf dem Heimweg jetzt weniger Angst
       
       „Sie bestellten zuerst eine Pizza Margherita. Dann fragte einer der beiden,
       ob er mit mir sprechen kann. Er sagte zu mir, ich habe gehört, dass ihr
       sehr gut im Geschäft seid. Wir sind aus diesem Viertel, jeder kennt uns
       hier. Du solltest die Sache in Ordnung bringen. Ich ging wieder ins
       Restaurant, sagte den Gästen und unseren Mitarbeitern: Ich habe da
       jemanden, der Schutzgeld verlangt. Die Gäste gingen mit uns raus und
       blieben danach die ganze Zeit an unserer Seite.“
       
       Und dann, erzählen die Brüder Antonio und Roberto Cottone in ihrem
       wunderschönen Restaurant in Palermo – während sie sich auf dem Handy noch
       mal die Bilder der zuvor installierten Überwachungskamera ansehen – hätten
       sie und ihre Gäste die Mafiosi umringt, bis die Polizei kam und die
       Erpresser festnahm.
       
       Schon an dieser Anfangsszene lässt sich der außergewöhnlich gelungene
       Ansatz erkennen, den die Autorin Chiara Sambuchi für ihren Film „Comeback
       der Mafia – Alte Clans, neue Methoden“ gewählt hat.
       
       ## Erstklassige Analysten
       
       Es ist auch ein Zeichen, dass es sich, ungewohnt für diesen Sendeplatz
       hier, wo sonst TV-Krimis besprochen werden, eben nicht um ein fiktives,
       sondern um ein dokumentarisches Werk handelt: [1][Protagonisten sind
       nämlich in erster Linie weder die Kriminellen noch die Polizei]; sondern
       Bürger:innen Palermos und seiner Vororte, die sich nicht länger [2][von
       den Erpressern der Cosa Nostra einschüchtern lassen wollen.]
       
       Der Film schafft es dabei elegant, historische Tiefenschärfe herzustellen,
       indem er nachzeichnet, wie nach der Offensive des Staats in den 1990er
       Jahren die Mafia auf Sizilien sich heute zu reorganisieren versucht.
       
       Mit dem unter Polizeischutz lebenden Journalisten Paolo Borrometi, [3][dem
       Kriminologen Nando dalla Chiesa], der Fachfrau Petra Reski und vor allem
       mit dem Soziologen Marco Omizzolo, der unter beständiger Bedrohung die in
       Deutschland weitgehend ignorierten Dimensionen der Agromafia erforscht,
       hat Sambuchi erstklassige Analysten gewonnen.
       
       Und doch sind es immer die normalen Familienmenschen, die sie in den
       Mittelpunkt rückt, etwa den Vater der eingangs erwähnten Cottone-Brüder,
       der sich unter Tränen erinnert, wie er einst noch beim Boss des Viertels
       anstehen musste, um das Schutzgeld für sein Restaurant entrichten zu
       „dürfen“ – und der nun sagen kann: „Als ich im Video gesehen habe, wie
       meine Söhne das Auto dieser ‚signori‘ umzingelten, war ich stolz, so
       stolz!“
       
       Fazit: So seriös und spannend informiert wird man selten.
       
       21 Aug 2021
       
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