# taz.de -- Diskussion um afghanische Geflüchtete: Keine Angst vor einem neuen 2015
> CDU-Kanzlerkandidat Laschet behauptet, „wir“ dürften „die Fehler von 2015
> nicht wiederholen“. Doch dieses Jahr festigte die Solidarität ganzer
> Milieus.
IMG Bild: Zwischenlandung in Usbekistan: ein aus Afghanistan gerettetes Paar
Die Entwicklung in Afghanistan hat ein derartiges Potenzial für künftiges
Leid, dass es getrost auf eine Stufe mit dem Syrienkrieg gestellt werden
kann. Dem Christen Armin Laschet fiel dazu die Warnung ein, „wir“ dürften
„[1][die Fehler von 2015 nicht wiederholen]“. Viele behaupteten, Laschet
habe den – tatsächlich begangenen – Fehler gemeint, dass die internationale
Gemeinschaft nicht ausreichend humanitäre Hilfe rund um Syrien geleistet
habe.
Aber Laschet meinte mitnichten nur das. Er sagte auch: „Ich glaube, dass
wir jetzt nicht das Signal aussenden sollten, dass Deutschland alle, die
jetzt in Not sind, quasi aufnehmen kann.“ Das ist ein Zerrbild von „2015“,
mit dem Laschet Ängste vor einem Kontrollverlust des Grenzregimes
adressiert. Deutschland, dessen Innenminister sich über 69 abgeschobene
Afghanen zu seinem 69. Geburtstag freut, hat nie das Signal ausgesandt,
„alle, die in Not sind“, aufzunehmen.
Tatsächlich wurde seit 2015 ein schwer zu überwindender Kordon von
Barrieren auf dem Weg nach Europa errichtet. Gleichzeitig ist die
staatliche Bereitschaft zur – auch tödlichen – Gewaltanwendung gegen
Flüchtlinge gestiegen, wie sich im Februar 2020 an der
[2][griechisch-türkischen Grenze] zeigte.
2015 war ein historischer Moment der Solidarität, in dem der Wille der
Flüchtlinge, selbst ihr eigenes Überleben zu sichern, auf die
gesellschaftliche Bereitschaft traf, ihnen dazu eine Chance zu geben. Nicht
nur als Christ könnte man heute an dieses Gefühl appellieren.
Schon 2015 haben viele versucht, die „Willkommenskultur“ als Strohfeuer
kleinzureden, das zwangsläufig bald ins Gegenteil umschlagen müsse.
Tatsächlich hat „2015“ ganze Milieus der Solidarität gefestigt und
erweitert. Die „Seebrücken“-Bewegung, die an diesem Wochenende in 70
Städten für die Aufnahme aus Afghanistan demonstriert, ist nur ein Teil
davon.
Aus dem gesellschaftlichen Impuls von 2015 sind Initiativen für Hunderte
kommunaler und mehrere Landesaufnahmeprogramme hervorgegangen. Sie waren
es, die eine angemessene Antwort auf die Katastrophe in Afghanistan zu
geben imstande waren: Wir haben keine Angst vor einem neuen „2015“. Wir
haben Platz für die, die in existenzieller Not sind.
20 Aug 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.zeit.de/video/2021-08/6268135775001/armin-laschet-2015-darf-sich-nicht-wiederholen
DIR [2] /Migrationsforscherin-ueber-EU-Tuerkei-Deal/!5754908
## AUTOREN
DIR Christian Jakob
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