URI: 
       # taz.de -- GIZ-Mitarbeiter über Ortskräfte: „Man lässt die Leute hängen“
       
       > In einem offenen Brief fordern GIZ-Mitarbeiter*innen, mehr afghanische
       > Ortskräfte zu schützen. Christopher Radler-Moric sagt, warum.
       
   IMG Bild: Protest vor dem Reichstagsgebäude zur Schaffung sicherer Fluchtwege aus Afghanistan
       
       taz: Herr Radler-Moric, Sie haben mit rund 80 aktiven und ehemaligen
       Mitarbeiter*innen der [1][Gesellschaft für Internationale
       Zusammenarbeit (GIZ)] einen [2][offenen Brief] an die Bundesregierung
       geschrieben. Was hat Sie dazu bewogen? 
       
       Christopher Radler-Moric: Ich wurde in den letzten Tagen von ehemaligen
       Kollegen aus Afghanistan kontaktiert, die jetzt um ihr Leben fürchten. Ich
       habe den Leuten die offizielle GIZ-Email-Adresse gegeben, um in das
       [3][Ortskräfteverfahren] reinzukommen. Es kam immer wieder die Antwort: Wir
       sind da nicht antragsberechtigt, weil das Beschäftigungsverhältnis schon
       länger als zwei Jahre zurück liegt. Und das hat mich geärgert, weil das
       Leute sind, die zum Teil lange Jahre in sehr exponierten Positionen
       unterwegs waren. Und denen wird einfach nicht geholfen! Man lässt Leute
       hängen, großartige, westlich orientierte Leute, die jahrelang für uns
       gearbeitet haben!
       
       Haben Sie von Seiten der Bundesregierung schon irgendeine Reaktion? 
       
       Nein, das ist aber auch zu früh – der Brief ist gerade erst raus. Innerhalb
       des GIZ-Vorstandes hat er allerdings ein bisschen Staub aufgewirbelt, es
       gibt Gespräche.
       
       Selbst wenn die Bundesregierung Ihren Forderungen nachkäme, den Kreis der
       berechtigten Ortskräfte deutlich zu erweitern, bliebe ja das praktische
       Problem, die Menschen aus Afghanistan herauszubekommen. Was wäre Ihr
       Vorschlag, um das zu lösen? 
       
       Der erste Schritt ist die politische Weichenstellung. Für die Umsetzung hab
       ich zwar Ideen – die Franzosen kriegen das ja auch hin, dass sie
       Spezialkräfte losschicken, die Leute aufsammeln und zum Flughafen bringen.
       Aber das liegt nicht in meiner Macht.
       
       Halten Sie in der Zukunft eine deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit
       Afghanistan unter einer Talibanregierung für denkbar? 
       
       Die Frage ist, wie weit die deutsche Entwicklungszusammenarbeit insgesamt,
       aber insbesondere in Afghanistan, überhaupt noch einen Stellenwert genießen
       kann, wenn man jetzt seine Ortskräfte so hängen lässt. Man hat einen Haufen
       Geld investiert, um Aufbauhilfe zu leisten und die Leute vom Westen, von
       Deutschland zu begeistern – und dann lässt man sie hängen. Man verspielt da
       ganz viel Renommée. Das halte ich für nicht besonders weitsichtig.
       
       Wenn Sie Bilanz aus 20 Jahren militärischen und entwicklungspolitischen
       Engagements in Afghanistan ziehen sollten – was wären Ihre Lehren für die
       Zukunft? 
       
       Mach's richtig und ehrlich oder lass es bleiben. Die ganze internationale
       Zusammenarbeit war einfach unkoordiniert. Da waren zig Geber, die alle
       abgeschottet und mit Scheuklappen ihre Programme durchgezogen haben. Das
       war viel blinder Aktivismus. Man wollte zu viel auf einmal.
       
       20 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.giz.de
   DIR [2] /Projekt/static/Offener%20Brief%20an%20die%20Bundesregierung_20210819.pdf
   DIR [3] /Afghanische-Ortskraft-im-Hungerstreik/!5794694
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR GIZ
   DIR Ortskräfte
   DIR Bundesregierung
   DIR Taliban
   DIR Entwicklungszusammenarbeit
   DIR GNS
   DIR Entwicklungszusammenarbeit
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Wahlkampf
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR GIZ in Afghanistan: GIZ zieht sich zurück
       
       Die Entwicklungsorganisation GIZ zieht sich vollständig aus Afghanistan
       zurück. Der Abzug folgt auf eine Entscheidung der Bundesregierung.
       
   DIR  Ortskräfte in Afghanistan: Kein Ticket für Fatullah Kohzad
       
       In Afghanistan arbeitete Fatullah Kohzad als Ortskraft für die deutsche
       Entwicklungshilfe. Lange hoffte er auf eine Evakuierung, jetzt ist es zu
       spät.
       
   DIR Afghanistan im Bundestagswahlkampf: Fragen des Anstands
       
       Die Fehler der Bundesregierung im Umgang mit Afghanistan schlagen sich auch
       im Wahlkampf nieder. Eine Analyse.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Deutscher angeschossen
       
       Der Mann ist auf dem Weg zum Kabuler Flughafen gewesen. Ein UN-Bericht
       warnt vor Vergeltungsaktionen der Taliban. Außenminister Maas kritisiert
       den BND.
       
   DIR Landesaufnahmeprogramme für Afghanen: Vom Kriegsland nach Friedland
       
       Schleswig-Holstein will 300 Frauen und Kinder aus Afghanistan per
       Familiennachzug aufnehmen. Niedersachsen, Hamburg und Bremen setzen auf den
       Bund.
       
   DIR Ortskräfte in Afghanistan: Man kennt sie nicht mehr
       
       Zehn Jahre lang arbeitete Mohammad Zahed für die Nato-Truppen in Kabul.
       Seine Rettung scheitert an einem bürokratischen Detail.