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       # taz.de -- Evakuierung aus Afghanistan: Letzter Aufruf am Flughafen Kabul
       
       > Die private „Luftbrücke Kabul“ wirft dem Auswärtigen Amt vor, die Rettung
       > von Afghanen „aktiv blockiert“ zu haben. Das Haus von Minister Maas
       > widerspricht.
       
   IMG Bild: Die USA fliegen noch aus: Soldatin und Passagierin am Samstag am Flughafen Kabul
       
       Berlin taz | Kurz bevor am Flughafen Kabul alles vorbei ist, haben es am
       Wochenende doch noch ein paar Hundert Menschen auf den Weg in Richtung
       Deutschland geschafft. In zwei Buskonvois, durchgeführt mit Unterstützung
       der USA und Katars, sind sie in der Nacht auf Sonntag auf das
       Airport-Gelände gerollt.
       
       Den einen Konvoi hatte die DHL organisiert. In den Bussen saßen 147
       Menschen, unter anderem ehemalige afghanische Mitarbeiter*innen des
       Transportunternehmens, die im Auftrag der Bundesregierung tätig gewesen
       waren. Den anderen Konvoi hatte [1][die private Initiative „Luftbrücke
       Kabul“] auf die Beine gestellt. 189 Menschen hat sie auf den Flughafen
       gebracht. Die USA haben die Passagiere beider Konvois mittlerweile
       ausgeflogen.
       
       Es war Rettung in allerletzter Minute. Nach dem Abzug der Bundeswehr und
       anderer Nationen fliegt die US-Luftwaffe noch letzte Menschen aus Kabul
       aus, spätestens [2][am Dienstag wird es aber auch damit vorbei sein]. Wer
       es bis zum Wochenende nicht bis in den Flughafen geschafft hatte, hatte
       eigentlich kaum noch eine Chance auf einen Flug aus dem Land.
       
       Dass ausgerechnet die private Luftbrücken-Initiative noch Busse auf das
       Gelände steuern konnte, ist da eine Überraschung. Organisationen wie
       Sea-Watch und verschiedene Flüchtlingsräte hatten das Projekt getragen. Mit
       Spendengeldern charterte die Initiative vergangene Woche ein Flugzeug, um
       zusätzlich zur militärischen Luftbrücke bedrohte Menschen aus dem Land zu
       holen. Unter anderem standen Ex-Mitarbeiter*innen deutscher Medien auf
       ihrer Liste.
       
       Allerdings gestaltete sich die private Evakuierung schwierig. Bis Samstag
       sah es so aus, als ob der Versuch beinahe komplett gescheitert sei. Auf
       ihrer Homepage macht die Luftbrücke der Bundesregierung heftige Vorwürfe.
       Das Auswärtige Amt habe die Rettungsaktion „aktiv blockiert“, heißt es
       dort.
       
       ## Kein Durchkommen ohne Konvoi
       
       Dabei hatte es das Charterflugzeug der Initiative am vergangenen Mittwoch
       durchaus nach Kabul geschafft. Auf dem Weg dorthin hatte die
       Bundesregierung unbestritten Unterstützung geleistet. Heiko Maas setzte
       sich laut der Luftbrücke persönlich dafür ein, dass der Flug stattfinden
       kann. Die Bundesregierung besorgte dem Flugzeug ein Funkrufzeichen der
       Nato, damit es auf dem militärischen Teil des Flughafens landen konnte.
       
       Das größte Problem – auch für die staatlichen Evakuierungsmissionen – war
       es in der letzten Woche aber, Passagiere durch die Stadt, die Checkpoints
       der Taliban und die Kontrollen des US-Militärs auf den Flughafen zu
       befördern. Über die Flughafentore war zuletzt kaum noch ein Durchkommen,
       unter anderem wegen der schlechten Sicherheitslage. Die
       Luftbrücken-Initiative fragte deshalb die Botschaft Katars an, ob sie einen
       gesicherten Konvoi für die designierten Passagiere des Charterflugs
       organisieren könne. Katar, das stabile Beziehungen zu den Taliban
       unterhält, war damit in früheren Fällen erfolgreich.
       
       Die Kataris sagten offenbar zu. Der geplante Konvoi mit rund 170
       Passagieren kam am Mittwoch dennoch nicht zustande. Laut Luftbrücke, weil
       sich die Bundesregierung „weigerte, eine E-Mail zu schreiben, um den
       Transport freizugeben“. Gemeint ist offenbar die Bestätigung, dass
       Deutschland die Menschen aufnehmen und auch selbst ausfliegen würde, falls
       es mit der Chartermaschine doch nicht klappt.
       
       ## Charterflug hielt man eher für unnötig
       
       Am Ende hob das Flugzeug am Mittwochabend mit lediglich 18 Passagieren an
       Bord ab: Ortskräfte der portugiesischen Regierung, die bereits auf dem
       Flughafen waren, für die die Portugiesen bis dahin aber noch keinen Flug
       hatten organisieren können.
       
       Scheiterte der Transport der übrigen 170 tatsächlich am Unwillen der
       Bundesregierung? Im Auswärtigen Amt weist man die Vorwürfe von sich. Man
       habe der Initiative schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass der
       Flaschenhals nicht in der Flugkapazität liege, sondern im Zugang zum
       Flughafen, heißt es aus dem Ministerium.
       
       Sprich: Den Charterflug an sich hielt man dort eher für unnötig. Dennoch
       habe man der Initiative „jede erbetene Unterstützung geleistet, wo immer es
       uns faktisch möglich war, bis hin zu persönlichen Unterstützungsschreiben
       von Außenminister Maas an seinen katarischen Amtskollegen“. Woran der
       Konvoi tatsächlich gescheitert ist, bleibt zunächst unklar.
       
       Die 170 Menschen jedenfalls bleiben in Kabul zurück. In dem Konvoi, den die
       Luftbrücke am Wochenende doch noch organisieren konnte, saßen andere
       Personen. Und weitere Busse werden es jetzt kaum noch in den Flughafen
       schaffen.
       
       29 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zivile-Luftbruecke-nach-Afghanistan/!5791447
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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