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       # taz.de -- Terror in Nigeria: Vergeben, auch wenn es schmerzt
       
       > In Nigerias Bundesstaat Borno sollen Ex-Mitglieder der Miliz Boko Haram
       > wieder in ihre Dörfer eingliedert werden. Das schafft große
       > Herausforderungen.
       
   IMG Bild: Frühere Boko-Haram-Kämpfer 2019 am Ende eines Entradikalisierungs-Programms in Nigeria
       
       Cotonou taz | Statt komplizierter Verfahren und langjähriger Haftstrafen
       haben Regierungsvertreter*innen im nordostnigerianischen Bundesstaat
       Borno angekündigt, 3.000 bisherigen Anhängern der Terrormiliz Boko Haram zu
       verzeihen und sie wieder in ihre Dörfer einzugliedern. Das haben sie am
       Wochenende im Beisein von Vertreter*innen der Zivilgesellschaft sowie
       religiösen und traditionellen Meinungsführern betont.
       
       Boko Haram hatte sich 2002 in der Hauptstadt von Borno, Maiduguri,
       gegründet. Bei Anschlägen, [1][Entführungen] und Kämpfen mit
       Sicherheitskräften sind in den vergangenen zehn Jahren mehr als 41.000
       Menschen gestorben.
       
       Die Diskussion über den Umgang mit bisherigen Terroristen war ab Mitte
       August erneut aufgeflammt, als sich innerhalb weniger Tage immer mehr
       Anhänger der nigerianischen Armee gestellt hatten. Auch im Nachbarland
       Kamerun hatten 900 Kämpfer kapituliert. In den vergangenen Monaten hatte es
       offenbar schwere Kämpfe zwischen Boko Haram und dem rivalisierenden
       „Islamischen Staat in der Westafrikanischen Provinz“ (ISWAP) gegeben.
       
       Letzterer hatte sich 2016 abgespalten und seitdem seinen Einfluss
       vergrößert. In entlegenen Orten am Tschadsee ist es ihm etwa gelungen,
       Strukturen aufzubauen, die eigentlich der Staat übernehmen müsste. Dazu
       gehören das Eintreiben von Steuern und die Kontrolle lokaler Märkte.
       Aufgrund dieser steigenden Verankerung innerhalb der Gesellschaft gilt der
       Kampf gegen ISWAP als besonders schwer.
       
       ## Strategisch wichtiger Rückzugsort
       
       Auch war es der Gruppe im Mai gelungen, [2][Boko-Haram-Anführer Abubakar
       Shekau im Wald von Sambisa zu ermorden]. Das riesige Waldgebiet gilt als
       strategisch wichtiger Rückzugsort. Nach Shekaus Tod hatte es Spekulationen
       gegeben, ob sich seine Anhänger möglicherweise ISWAP anschließen.
       
       Nach Einschätzung des Journalisten Ahmad Salkida hätten die
       Boko-Haram-Anhänger nicht ausreichend Waffen, um ein Gegengewicht zu ISWAP
       zu bilden. „Für sie ist es das Beste, sich zu ergeben, damit wenigstens
       ihre Familien versorgt sind“, sagte er der Nachrichtenplattform The New
       Humanitarian.
       
       Die geplante Wiedereingliederung stelle Borno vor große Herausforderungen,
       sagte Gouverneur Babagana Zulum: „Wir müssen zwischen endlosen Kriegen
       wählen oder lernen, die Terroristen, die kapituliert haben, zu akzeptieren.
       Das ist schmerzhaft und schwierig für alle, die geliebte Menschen verloren
       haben.“
       
       Die Wiedereingliederung soll mit verschiedenen Konditionen verbunden
       werden. So soll ein Deradikalisierungs- und Rehabilitationszentrum
       entstehen. Auch müssten die Kinder der mutmaßlichen Terroristen zur Schule
       geschickt und dort deradikalisiert werden. Vertreter*innen der
       Zivilgesellschaft fordern die bedingungslose Abgabe aller Waffen.
       
       Im Nigerdelta, wo es über viele Jahre zu Angriffen auf Ölförderanlagen und
       Gasleitungen sowie Entführungen gekommen war, gibt es bereits seit 2009 ein
       Amnestieprogramm zur Deradikalisierung von Kämpfer*innen, das außerdem
       wirtschaftliche Perspektiven eröffnen soll. Gewalt und Unsicherheit in der
       Region haben seit 2018 allerdings wieder zugenommen.
       
       30 Aug 2021
       
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   DIR Katrin Gänsler
       
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