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       # taz.de -- Lobbyismus in der EU: Schlacht der Internetinteressen
       
       > Laut Lobbyismuskritikern verschaffen sich Internetkonzerne zu viel Gehör
       > im politischen Brüssel. Dort werden gerade digitale Märkte reguliert.
       
   IMG Bild: Amazon Logistik Zentrum in Mönchengladbach – in Brüssel ist Amazon was Lobbyarbeit angeht spitze
       
       Brüssel taz | Big Tech schlägt Big Pharma: Wenn es ums Lobbying in Brüssel
       geht, dann sind Amazon, Facebook, Google & Co. nicht mehr zu toppen. Satte
       97 Millionen Euro bringen die Tech-Giganten jährlich für ihre
       Interessenvertretung auf, wie eine [1][Studie] der
       Nichtregierungsorganisationen LobbyControl und Corporate Europe Observatory
       enthüllt. Die zehn größten Digitalkonzerne beschäftigen über 140 Lobbyisten
       in der Hauptstadt der Europäischen Union.
       
       Die gut bezahlten Interessenvertreter bereiten sich auf die wohl größte
       Lobbyschlacht aller Zeiten vor. Die EU will das Internet regulieren und die
       Macht der „Gatekeeper“ begrenzen. Zu digitalen Märkten und Diensten [2][hat
       die EU-Kommission Gesetze vorgeschlagen] und damit die US-Giganten auf den
       Plan gerufen.
       
       Die wollen verhindern, dass es zu einer Zerschlagung und Aufspaltung der
       gewinnträchtigen Geschäftsfelder kommt – mit Erfolg: Der Vorschlag aus
       Brüssel sieht derart radikale Eingriffe nicht vor. Außerdem geht es Amazon,
       Facebook, Google & Co. darum, selbst die Kontrolle als „Gatekeeper“ zu
       behalten und eine aus ihrer Sicht allzu weitgehende Regulierung zu
       verhindern.
       
       „Eine Schlacht haben sie aber schon verloren“, sagt Tommaso Valletti, der
       bis 2019 als Chefökonom für Wettbewerbsrecht in der EU-Kommission
       gearbeitet hat. Am liebsten hätte das Silicon Valley nämlich verhindert,
       dass Brüssel das Internet überhaupt reguliert. Die Verzögerungstaktik sei
       gescheitert, so Valletti. Umso mehr bemühten sich die Lobbyisten nun darum,
       die geplanten Gesetze zu verwässern.
       
       ## Lobby-Gespräche und bezahlte Studien
       
       Nicht nur die EU-Kommissare werden bearbeitet – allen voran
       Binnenmarktkommissar Thierry Breton, der sich 111-mal mit
       Big-Tech-Vertretern traf. Auch das Europaparlament und diverse Denkfabriken
       sind im Visier der Lobbyisten. Nicht weniger als 14 Thinktanks listet die
       Studie auf. Sie seien „oft eine Komponente der Lobbyingstrategien großer
       Unternehmen“: Über scheinbar unabhängige Studien lasse sich die
       Gesetzgebung beeinflussen.
       
       Studienautor Max Bank sieht die „gigantische Lobbymacht“ als „Gefahr für
       die Demokratie“. Die Zivilgesellschaft komme viel zu kurz. Hier liegt denn
       wohl auch das Hauptproblem: Es herrscht keine Waffengleichheit.
       
       Während die EU-Entscheider ein offenes Ohr für Konzern- und
       Verbandslobbyisten haben, bleiben andere Interessengruppen außen vor. „Wir
       brauchen mehr unabhängige Akteure – und das nicht nur in Brüssel“, fordert
       Margarida Silva von Corporate Europe Observatory. Die Bürger müssten sich
       noch viel stärker einmischen.
       
       Ein weiteres Problem ist aus Sicht der NGOs, dass die Transparenz immer
       noch zu wünschen übrig lässt. LobbyControl und Corporate Europe Observatory
       stützen sich in ihrer Studie auf das Transparenzregister der EU-Kommission.
       „Das ist gut, aber nicht gut genug“, klagt Bank von LobbyControl. Die Daten
       seien zu alt, zudem würden Thinktanks und andere Akteure nur unzureichend
       erfasst.
       
       Und was sich in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten jenseits der
       „Brüsseler Blase“ abspielt, wird ohnehin meist nicht erfasst. Dabei sind es
       die Regierungen, die – gemeinsam mit dem Europaparlament – das letzte Wort
       in der Gesetzgebung haben. Wie die US-Konzerne bei den europäischen
       Regierungen für ihre Interessen werben, bleibt im Dunkeln.
       
       31 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.lobbycontrol.de/2021/08/neue-studie-zur-lobbymacht-von-big-tech/
   DIR [2] /EU-Kommission-stellt-Gesetzentwuerfe-vor/!5734135
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
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