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       # taz.de -- Leichtathletik bei den Paralympics: Der Goldspringer
       
       > Parasportler Markus Rehm springt weiter als jeder deutsche Athlet ohne
       > Handicap. Bei den Olympischen Spielen durfte er trotzdem nicht starten.
       
   IMG Bild: Will zu Olympia, wird aber immer wieder ausgeschlossen: Markus Rehm
       
       Berlin taz | Ja, wo springt er denn? Klar, in Tokio, bei den Paralympics,
       um Gold zu gewinnen. Am Mittwoch fand der Wettkampf von einem der wohl
       bekanntesten [1][Parasportler Deutschlands] statt: dem Weitspringer Markus
       Rehm. Und tatsächlich hat er Gold gewonnen. 8,18 Meter weit ist er
       gesprungen, fast 80 Zentimeter weiter als der Zweitplatzierte, der Franzose
       Dimitri Pavade.
       
       Live zu sehen war das in Deutschlands Fernsehen nicht. Das ZDF hatte sich
       rechtzeitig vor Beginn von Rehms Weitsprungwettbewerb aus der Übertragung
       der [2][Paralympics] verabschiedet. Es ist wahrlich kein Wunder, dass der
       Mann, der weiter springen kann, als der beste deutsche Weitspringer ohne
       Beeinträchtigung jemals gesprungen ist, die paralympische Bühne verlassen
       möchte.
       
       Nichts hätte sich der 33-Jährige sehnlicher gewünscht, als bei den
       [3][Olympischen Spielen] gegen die besten Weitspringer der Welt anzutreten.
       Da hat der Grieche Miltiadis Tentoglou mit 8,41 Metern gewonnen, einer
       Weite, die Rehm schon des Öfteren übertroffen hat. Bei 8,62 steht sein
       Para-Weltrekord und er ist sich sicher, dass es nicht an der Karbonschiene
       liegt, die im Wettkampf seinen rechten Unterschenkel ersetzt.
       
       Im Parasport kann schon lange keiner mehr mit Rehm mithalten. In Tokio hat
       er sein drittes paralympisches Gold gewonnen. Dem Weitspringer reicht das
       nicht. Er möchte den Behindertensport verlassen. Doch World Athletics, der
       Internationale Leichtathletikverband, will ihn nicht in seine Wettkämpfe
       integrieren.
       
       ## Klage vor Sportschiedsgericht abgewiesen
       
       Vor den Spielen in Rio 2016 hat Rehm das noch hingenommen. Fünf Jahre
       später wollte er sich einklagen. Der Deutsche Leichtathletikverband gab ihm
       Rückendeckung, die Olympianorm hatte er ja locker geknackt. Und was sollte
       schon schiefgehen? Schließlich war die Regelung, der zufolge Parasportler
       den Beweis zu erbringen hatten, dass ihre Prothese ihnen keinen Vorteil
       verschafft, für nicht sportrechtens erklärt worden.
       
       Tja, das wüsste Rehm sicher auch gerne. Bei den Olympischen Spielen durfte
       er jedenfalls nicht starten. Seine Klage vor dem Internationalen
       Sportschiedsgericht CAS wurde abgewiesen. Auf die Begründung wartet Rehm
       bis dato vergeblich. „Frustrierend“ sei das, hatte der Leichtathlet vor
       seinem Wettkampf immer wieder gesagt.
       
       Und so springt er weiter seinen Konkurrenten davon. Für ihn ist jeder
       Wettkampf ein Argument in eigener Sache. In der Weltrangliste ist er etwa
       einen Meter vor dem zweitbesten Paraspringer seiner Klasse. Er fragt sich
       und die Sportgerichtsbarkeit, wie das sein kann, wenn es angeblich so
       federleicht ist, mit der Karbonschiene in die Grube zu segeln.
       
       Zwar gibt es Studien zum Thema, aber die sind alles andere als eindeutig.
       Im Anlauf, so haben Wissenschaftler erforscht, sei die Schiene eher
       hinderlich, beim Absprung eher hilfreich. Darüber wird noch viel diskutiert
       werden. Doch dahinter liegt eine ethische Frage, die sich die
       Leichtathletikwelt stellen muss: Ist es vertretbar, einen der besten
       Weitspringer der Gegenwart von Wettkämpfen auszuschließen?
       
       1 Sep 2021
       
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