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       # taz.de -- Indien bei den Paralympics: Lohnendes Gold
       
       > Bei den Paralympics gewinnt die Sportschützin Avani Lekhara die
       > Goldmedaille. Sie ist Nachwuchstalent eines jungen Sportfördersystems.
       
   IMG Bild: Fokussiert auf Ziel und Gegnerin: Indiens Avani Lekhara
       
       Kaum war der Goldrausch von Indiens allererster Leichtathletik-Goldmedaille
       bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Tokio abgeklungen, die [1][der
       Speerwerfer Neeraj Chopra] dem Land bescherte, legten die indischen
       Para-Athlet:innen nach. Mit der 19-jährigen Schützin Avani Lekhara konnte
       erstmals eine Inderin paralympisches Gold gewinnen.
       
       Lekhara habe für ihr Training auf Freunde und Familie verzichtet. Es hat
       sich ausgezahlt. Gleich bei ihrem Debüt mit Gold nach Hause zu gehen, sei
       ein besonderes Gefühl, sagte die Jurastudentin der Zeitung Hindustan Times.
       „Diese Medaille beweist, dass mich keine Behinderung davon abhalten kann,
       Spitzenleistungen zu erbringen“, sagte Lekhara, die seit einem Autounfall
       vor neun Jahren querschnittsgelähmt ist. Ihr Vater ermutigte sie zum
       [2][Bogenschießen], später wechselte sie zum Luftgewehr.
       
       Speerwerfer Sumit Antil (23) holte gleich nach ihr Indiens zweites Gold bei
       den noch laufenden Paralympics. Antil stammt wie der 23-jährige olympische
       Goldjunge Chopra aus dem kleinen Bundesstaat Haryana im Norden Indiens.
       Dass er mit seinem Wurf auf 68,55 Meter gleich noch einen Weltrekord
       aufgestellt hat, macht seine Geschichte noch spektakulärer.
       
       Und es hat sich gelohnt. Von der Regierung ihres Heimatbundesstaates wurden
       beide Männer reichlich belohnt. Sie erhielten jeweils fast 700.000 Euro
       Preisgeld. Ob nach Antil auch ein Sportstadion benannt wird, ist noch
       offen. Diese Ehre war Chopra zuteil geworden. Der ist Offizier bei der
       indischen Armee. Antil wurde nun eine Regierungsstelle angeboten. Schützin
       Lekhara bekam von ihrem Bundesstaat Rajasthan gut 350.000 Euro und das
       Angebot, im Forstamt zu arbeiten.
       
       Immer noch zur Weltspitze gehört Devendra Jhajharia. Der 40-jährige
       Speerwerfer gewann diesmal Silber, in Rio 2016 hatte er Gold gewonnen, was
       ihm auch 2004 in Athen schon gelungen war. Er ist wohl der bekannteste
       indische Parasportler.
       
       ## Lange paralympische Geschichte
       
       Indiens allererstes Einzelgold liegt aber schon Jahre zurück. 1972 gewann
       Murlikant Petkar Gold im 50-Meter-Freistilschwimmen in Heidelberg. Petkar
       war Teil des Ingenieur-Stabs für Elektronik und Mechanik der indischen
       Armee und zog sich im Zweiten Krieg gegen Pakistan 1965 schwere
       Schusswunden zu. Letztendlich hielt ihn das aber nicht davon ab, später als
       Athlet in verschiedenen Disziplinen bei Wettkämpfen anzutreten.
       
       Die Aufmerksamkeit, die den Sportler:innen heute zuteil wird, ist jedoch
       viel größer, bestätigt Deepthi Bopaiah von der GoSports-Stiftung aus dem
       südindischen Bangalore. Soziale Medien hätten dazu beigetragen,
       Sportler:innen zu Stars zu machen, so die 36-jährige Managerin. Dennoch
       sei es wichtig, dass Veranstaltungen wie die Paralympics im öffentlichen
       Fernsehen übertragen werden, denn die meisten Inder:innen leben auf dem
       Land und in Kleinstädten, wo sie andere Vorbilder sehen und sich
       inspirieren lassen können.
       
       Aber auch, dass Para-Medaillengewinner:innen großzügige staatliche
       Zuschüsse erhalten wie ihre Kolleg:innen ohne Behinderung – Grundstücke,
       Preisgelder oder sichere Jobs bei der Polizei oder der Eisenbahn – helfe
       dem Sport. Diese Entwicklung zeichnet sich vermehrt bei erfolgreichen
       Paraathleten ab, hat Bopaiah beobachtet. Im Laufe der Jahre sind zudem mehr
       weibliche Teilnehmerinnen dazugekommen. Wenn es nach Bopaiah geht, könnte
       Indien aber noch mehr Sportler:innen ins internationale Rennen schicken.
       Bisher ist das 1,4 Milliarden Einwohner:innen starke Land in nur
       wenigen olympischen Disziplinen vertreten – und im Wintersport fast gar
       nicht.
       
       Im Medaillenspiegel der Sommer-Paralympics ist Indien derzeit mit zehn
       Medaillen ganz gut dabei. In Rio waren es sechs weniger. Aber das glänzende
       Metall ist nicht alles. „Wir müssen anerkennen, dass die Qualifikation zu
       den Spielen an sich eine Leistung ist“, sagt Deepthi Bopaiah. In Indien
       habe sich jedenfalls in der Sportförderung in den vergangen fünf bis acht
       Jahren viel getan, sagt sie. „Trotzdem haben wir noch einen langen Weg vor
       uns.“ Das gelte gleichermaßen für Menschen mit und ohne Behinderung.
       
       Durch Gelder von Großunternehmen, die in Indien verpflichtet sind, sich
       sozial zu engagieren, sowie durch Auktionen finanziert sich GoSport. Mit
       dem Geld werden junge Talente mit und ohne Behinderung aufgebaut.
       Sperrwerfer Sumit Antil und Luftschützin Avani Lekhara sind zwei von ihnen.
       Besonders viel habe sich aber 2016 verändert, erklärt Bopaiah.
       
       Die indischen Sportler:innen gewannen Medaillen und Indien ist dem
       Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD)
       beigetreten, das besseren Zugang zu Erholungs-, Freizeit- oder
       Sportaktivitäten fördern soll und sich schon jetzt positiv auf die Spiele
       auswirkt. Bisher gab es für Indien zweimal Gold, fünf Silbermedaillen und
       drei aus Bronze, und noch sind die Spiele sind nicht vorbei.
       
       2 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
       
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