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       # taz.de -- Geflüchtete in Polen: Morawieckis Augenwischerei
       
       > Der Ausnahmezustand an der polnischen Ostgrenze zu Belarus ist grundlos.
       > Polens Ministerpräsident spielt sich damit zum Retter auf.
       
   IMG Bild: Polnische Soldaten errichten einen Zaun an der Grenze zu Belarus
       
       Das Wort „Ausnahmezustand“ hat in Polen keinen guten Klang. Es erinnert an
       den Kriegszustand, den der kommunistische General Wojciech Jaruzelski am
       13. Dezember 1981 über Polen verhängt hatte. Massenverhaftungen,
       Ausgangssperren, Zensur waren die Folgen. Doch nun – 40 Jahre später – will
       Polens nationalpopulistische Regierung unter Mateusz Morawiecki von der
       „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) [1][erneut den Ausnahmezustand] verhängen.
       
       Zwar erst mal nur für einen Monat und auch nur [2][in einem drei Kilometer
       breiten Streifen entlang der Grenze zu Belarus]. Doch er wird wie damals
       die Bürgerrechte der Polen einschränken, um eine angebliche Gefahr aus dem
       Osten zu bannen. Angeblich damals, weil Jaruzelski die „sowjetischen
       Truppen an der Ostgrenze Polens“ als „drohende Gefahr“ brauchte, um sich
       als großen Patrioten und Verteidiger Polens darzustellen zu können.
       Jaruzelski wollte an der Macht bleiben.
       
       Die Unterdrückung der Pressefreiheit und der oppositionellen Gewerkschafts-
       und Freiheitsbewegung Solidarność wurde zur „patriotischen Pflicht“
       verklärt. Heute wissen wir, dass Jaruzelski seine Landsleute 1981 schamlos
       belog. Moskau kämpfte 1981 in Afghanistan und hatte keineswegs die Absicht,
       in Polen einzumarschieren. Auch heute ist die vielfach von der PiS
       beschworene „Gefahr aus dem Osten“ nur eine angebliche.
       
       Denn die meisten Migranten, die das [3][Lukaschenko-Regime] an die
       belarussisch-polnische Grenze karren lässt, werden von Polens Soldaten an
       der Einreise gehindert. Da das Argument wenig glaubwürdig klingt, die
       Bürgerrechte der Polen einschränken zu wollen, weil an der Ostgrenze Polens
       knapp 3.000 Menschen gerne einen Asylantrag stellen würden, warnen
       PiS-Politiker nun noch vor dem russischen Manöver [4][Zapad] (Westen). Da
       könnte es zu „Provokationen“ kommen.
       
       Man wolle niemanden erschrecken, aber da würden Hunderttausende Soldaten
       vor der Grenze Polens aufmarschieren. Auch die PiS will sich wie einst
       Jaruzelski nur als „Retter vor der Gefahr aus dem Osten“ aufspielen. Einen
       echten Grund für die Ausrufung des Ausnahmezustandes in Polen gibt es
       nicht.
       
       2 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.dw.com/de/polen-verh%C3%A4ngt-ausnahmezustand-an-ostgrenze/a-59040483
   DIR [2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-belarus-fluechtlinge-101.html
   DIR [3] /Gefluechtete-in-Belarus/!5784671
   DIR [4] /Militaerisches-Grossmanoever-in-Russland/!5447203
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gabriele Lesser
       
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