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       # taz.de -- Streik der GDL: Wo bleibt die Solidarität?
       
       > Wer in Deutschland streikt, erfährt mehr Wut als Solidarität. Tief
       > verwurzelt ist der Neid auf alle, die es wagen, für ihre Forderungen
       > einzutreten.
       
   IMG Bild: Raus aus dem Hamsterrad und für seine Reche kämpfen
       
       Wer kennt das? Der Job ist entweder unterbezahlt oder stressig und voller
       Überstunden oder das Klima zwischen Kolleg*innen vergiftet – wenn man
       richtig Glück hat, geht gleich alles drei zusammen. Ab und zu hört man vom
       Burn-out als Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts. Wenn man selbst betroffen
       ist, geht man in Therapie und sucht das Problem bei sich. Kann man machen.
       Echte Veränderung kann es aber nur geben, wenn Arbeit und
       Arbeitsbedingungen als etwas Politisches gesehen werden.
       
       Das ist in einem Land wie Deutschland, dem Land des blinden Gehorsams
       [1][und der protestantischen Arbeitsmentalität,] wo der Mindestlohn erst
       seit ein paar Jahren gilt und nicht für alle, ein Tabubruch. Genau den aber
       leistet ein Streik. Und genau deshalb regen sich auch alle so darüber auf.
       Angestellte wollen mehr Geld? Skandal!
       
       Der Streik berührt unsere verdrängten Wünsche. Während wir wie blöde
       weiterackern, wagen andere das Unverschämte: Arbeitsverweigerung! Das
       allein ist schon ein mutiges „Fuck you“ an die stetig ratternde
       Leistungsgesellschaft. Und der Gipfel: Streikende haben Forderungen! Da ist
       jemand aus dem Hamsterrad gesprungen, und wir laufen weiter. Ist die Wut
       auf den Streik Neid? Verwirrung darüber, dass es auch anders geht? Nein?
       Ein bisschen Solidarität wäre dann aber doch angebracht.
       
       Oder aber die eigene Verwöhntheit steht im Weg. Im durchgetakteten Alltag,
       [2][wo wir uns den Einkauf von unterbezahlten Fahrradkurier*innen] bis
       an die Haustür bringen lassen – man muss ja arbeiten und hat keine Zeit –
       können wir es nicht fassen, dass hinter Dienstleistungen echte Menschen
       stecken, die man behandelt, als wären sie Fußabtreter: Immer bereit, nie
       erschöpft.
       
       Macht man sich bewusst, dass das saubere Treppenhaus, der öffentliche
       Transport, die medizinische Behandlung nicht von selbst funktionieren,
       könnte sich die Wut über Streiks auf die wahren Verantwortlichen verlagern:
       Die schlecht zahlenden Unternehmen – die Bahn, die Vivantes Krankenhäuser
       [3][oder der Lieferdienst Gorillas.] Plötzlich zeigen die Arbeitenden, dass
       es ohne sie nicht geht. Und Streik ist das kraftvollste aller friedlichen
       Mittel, Druck auf Politik und Unternehmen auszuüben. Eine
       Selbstermächtigung. Liebe Streikende, lasst nicht locker!
       
       4 Sep 2021
       
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