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       # taz.de -- Neues aus den Filmarchiven: Die Beinahe-Idylle
       
       > Familien- und Architekturgeschichte in „Haus Tugendhat“, Zerstörung von
       > Lebensraum in der Mongolei und Artensterben in Deutschland.
       
   IMG Bild: „Die Adern der Welt“: Amra (Bat-Ireedui Batmunkhw) und Erdene (Yalalt Namsrai) am Gebetsbaum
       
       Eine ausgesprochene Architekturdokumentation ist „Haus Tugendhat“ (R:
       Dieter Reifarth) eigentlich nur zu Beginn, wenn die Kamera in langsamen
       Fahrten die Räume der vom Bauhaus-Stararchitekten Ludwig Mies van der Rohe
       in den Jahren 1928-30 in Brno (Brünn) errichteten Privatvilla erschließt,
       und sich in den kontroversen zeitgenössischen Stimmen etwas von der
       Aufbruchstimmung und den Utopien des neuen Bauens vermittelt.
       
       Dann erzählt der Film eher vom Schicksal der ursprünglichen Besitzer, der
       jüdischen Fabrikantenfamilie Tugendhat, und ihrer Emigration nach Venezuela
       und in die Schweiz, sowie von der wechselvollen Geschichte der in damals
       revolutionärer Stahlskelettbauweise errichteten Villa. Aber auch das bleibt
       spannend, zumal von der Tugendhat-Familiengeschichte immer wieder vielerlei
       Bögen zum Haus geschlagen werden – nicht zuletzt, weil der Ehemann einer
       der Töchter mitverantwortlich für die Restaurierung war.
       
       Und in den liebevollen Schilderungen jener Tschechen, die während der
       sozialistischen Ära in der damals als Therapiezentrum für
       wirbelsäulengeschädigte Jugendliche dienenden Villa einquartiert waren,
       wird deutlich, dass deren Offenheit und Großzügigkeit eine selbst Kindern
       erkennbare Alternative zur grauen Enge der Diktatur bot. Eine gelungene
       Utopie also. Das [1][Klick-Kino] zeigt „Haus Tugendhat“ in der Reihe
       „Architektur und Film“, zu Gast ist mit dem Architekten Ayhan Ayrilmaz der
       Vizepräsident der Architektenkammer Berlin (19.8., 20 Uhr, [2][Klick]).
       
       ## Widerstand in der Mongolei
       
       Zu Beginn sieht in „Die Adern der Welt“ alles noch nach einem nahezu
       traditionellen Leben einer mongolischen Nomadenfamilie aus: Mutter Zaya und
       die kleine Altaa hüten eine Schaf- und Ziegenherde, der Käse wird von Vater
       Erdene auf dem Markt verkauft. Nur der 12-jährige Amra guckt auch schon mal
       per Youtube in die weite Welt und erhofft sich einen Auftritt in einer
       Casting-Show.
       
       Doch die Beinahe-Idylle ist keine: Vom Fluss her breiten sich langsam die
       Baumaschinen internationaler Minengesellschaften aus, die in der Gegend
       nach Gold schürfen und zerstörte Mondlandschaften hinterlassen. Als Erdene,
       der den Widerstand der Nomaden gegen die Umweltzerstörung anführt, bei
       einem Unfall ums Leben kommt, geht durch die Restfamilie ein Riss: Zaya
       sieht keine realistische Chance am Ort zu bleiben und packt schon die
       Sachen zusammen. Amra hingegen erlegt sich hinter dem Rücken der Mutter die
       Rolle als Ernährer der Familie auf und will das Vermächtnis des Vaters
       erfüllen.
       
       Die ursprünglich vom Dokumentarfilm kommende Regisseurin Byambasuren Davaa
       („Die Geschichte vom weinenden Kamel“) hat ein sanftes Familiendrama mit
       einer sensiblen Darstellung kindlicher Befindlichkeiten geschaffen und
       versucht am Ende den Spagat zwischen einem vorsichtigen familiären „Happy
       End“ und dem Problembewusstsein für die immer weiter um sich greifende
       Umweltzerstörung in der Mongolei (21.8., 12.50 Uhr, 22.8., 11 Uhr,
       [3][B-ware! Ladenkino]).
       
       Um bedrohte Lebensräume zu finden, muss man allerdings gar nicht so weit in
       die Ferne gucken: In „Heimat Natur“ durchstreift der renommierte
       Naturfilmer Jan Haft Deutschland von der Alpenregion bis zu den Meeren, mit
       Wald, Moor und Heide zwischendrin, und begibt sich auf die Suche nach
       Gewinnern und Verlierern von Klimawandel und verfehlter Agrarpolitik. Die
       Kamerastars heißen Feldhamster, Gelbbauchunke und Fischotter – und der
       Kuhdung wird zum „Eckpfeiler der Artenvielfalt“. Spannend (20.8., 11 Uhr,
       B-ware! Ladenkino, 22.8., 15.45 Uhr, Casablanca, 22.8., 15 Uhr,
       [4][Sputnik]).
       
       19 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.klickkino.de/programm/architektur-und-film-mies-van-der-rohe/
   DIR [2] http://www.klickkino.de/
   DIR [3] https://ladenkino.de/
   DIR [4] https://www.sputnik.de/home/sputnik-home100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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