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       # taz.de -- Verbreitung von Digitalradios: Beim Hören in der Minderheit
       
       > Obwohl sie in Neuwagen längst Pflicht sind, nutzt nur etwa jeder vierte
       > Haushalt in Deutschland DAB+. Dabei haben Digitalradios viele Vorteile.
       
   IMG Bild: Zu alt für DAB+: Ein Radiogerät aus Großmutters Zeiten
       
       Berlin taz | Digitalradios könnten zwar eine effektive Möglichkeit sein, um
       Bevölkerungen [1][im Katastrophenfall zu warnen]. Sie sind außerdem eine
       Herzensangelegenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und in Neuwagen
       seit diesem Jahr ohnehin Pflicht. Dennoch verbreiten sie sich in
       Deutschland schleppend.
       
       Laut dem aktuellen Digitalisierungsbericht, den die Landesmedienanstalten
       am Montag veröffentlicht haben, gibt es mittlerweile in deutschen Wohnungen
       und Autos 21,7 Millionen sogenannte DAB+-Empfänger. DAB steht dabei für
       „Digital Audio Broadcasting“ und bezeichnet einen digitalen Sendeweg, der
       neben Sprache und Musik auch Text versenden kann.
       
       Etwas mehr als jeder vierte Haushalt (27 Prozent) empfange damit DAB+,
       sagen die Medienanstalten. Das wären 1,1 Millionen Haushalte mehr als im
       Vorjahr. In den kommenden Jahren dürfte die Zahl weiter wachsen, weil nur
       noch Neuwagen und neue Zuhause-Radios nur noch mit DAB+-Empfang verkauft
       werden dürfen. Allerdings halten Radios ja bekanntlich ewig, sodass es noch
       lange dauern dürfte, bis die Deutschen standardmäßig DAB+ statt dem
       analogen UKW hören. UKW empfangen weiterhin 97 Prozent.
       
       ## Sparsamer, aber nicht für die Hörer*in
       
       DAB+ hat viele Vorteile. Bessere Klangqualität etwa und größere
       Sendervielfalt. Auch die Energiebilanz ist besser: [2][Eine Untersuchung
       der BBC] aus dem vergangenen Jahr befand das Digitalradio als weitaus
       sparsamer als das digitale Fernsehen, Streaming und UKW. Allerdings nur
       wenn man den gesamten Sendeweg betrachtet. Denn DAB+ ist zwar für den
       Sender weitaus sparsamer, verbraucht beim Empfangen Zuhause dafür aber viel
       mehr Energie.
       
       Kritiker*innen halten DAB+ für eine überflüssige Technik, weil das
       Publikum in Zukunft Radio eher über Computer und Mobilfunk empfange als
       über DAB+. Dazu passen die aktuellen Zahlen der Landesmedienanstalten.
       Demnach hat knapp 49 Prozent der Menschen Zugang zu einem Webradio, weit
       mehr als DAB+ empfangen. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten fürchten
       im Netz allerdings die Konkurrenz durch Streaming- und Podcastangebote und
       setzen daher auf Digitalradio als Exklusivkanal fürs klassische lineare
       Radio.
       
       Einen Vorteil hätte DAB+ im Katastrophenfall. Das DAB-Sendenetz ist weitaus
       besser und krisensicherer als der Mobilfunk. Das zeigte sich bei der Flut
       in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli. Während dort der
       Mobilfunk wegen beschädigter Masten ausfiel, sendete das Radio weiter.
       Zudem können bei DAB-Radios Informationen auch als Text aufs Display
       gesendet werden. Zudem ließe sich ein Digitalradio theoretisch im Ernstfall
       von fern anschalten und würde somit wie eine haushaltseigene Warnsirene
       funktionieren. Expert*innen warnten nach der Flut davor, für
       Katastrophenfälle immer nur auf einen Sendeweg, etwa Mobilfunk, zusetzen,
       und forderten stattdessen eine „redundante Infrastruktur“.
       
       Dennoch scheint der DAB-Empfänger in Deutschland weiter eher unbeliebt zu
       sein. Dass die analoge UKW-Welle also abgeschaltet wird, wie es
       [3][Norwegen zum Schock einiger Hörer*innen bereits 2018] getan hat und
       die Schweiz es in den nächsten Jahren plant, ist in Deutschland nach wie
       vor nicht absehbar.
       
       6 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Flutkatastrophe-in-Westdeutschland/!5787180
   DIR [2] https://www.bbc.co.uk/rd/publications/research-393-energy-footprint-bbc-radio-environment-impact-sustainability
   DIR [3] /Umstellung-auf-Digitalradio-in-Norwegen/!5524597
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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