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       # taz.de -- Flächenverbrauch in Bremen: Gier nach dem Grün
       
       > Das Bündnis „Lebenswerte Stadt“ kritisiert den Entwurf des
       > Gewerbeentwicklungsplanes. Darin stehe ein größerer Flächenverbrauch als
       > 2015 beschlossen.
       
   IMG Bild: Dass solche Oasen in Bremen verschwinden, befürchtet das „Bündnis für eine lebenswerte Stadt“
       
       Bremen taz | Das Bündnis „lebenswerte Stadt“ befürchtet, dass die Stadt
       Bremen mehr Flächen verbrauchen will, als im Flächennutzungsplan 2015
       beschlossen wurde. Ulf Jacob, Sprecher des Bündnisses, dem unter anderem
       der BUND angehört, kritisiert den Entwurf des Gewerbeentwicklungsplans der
       Stadt Bremen 2030: „Das Ausufern von Gewerbeflächen in die freie unbebaute
       Landschaft und in Kleingartengebiete lehnen wir mit allem Nachdruck ab“,
       sagt er.
       
       Ob die Stadt dies aber wirklich plant, ist nicht klar. Der Plan befindet
       sich noch in der Entwicklungsphase und ist weder ausgearbeitet noch
       endgültig beschlossen. „Er befindet sich in der Ressortabstimmung.
       Entsprechend gibt es derzeit noch keine Zielkarte“, sagt Christoph
       Sonnenberg, Pressesprecher der Wirtschaftssenatorin.
       
       Das Bündnis baut seinen Vorwurf auf eine Karte auf, die den aktuellen
       Entwurf des Plans zeigen soll. „Die Karte ist möglicherweise nicht
       offiziell“, räumt Jacob ein, „aber das war der letzte Stand, den ich
       bekommen habe.“ Seine Quelle will er nicht nennen. „Die Vorlage kursiert
       jedenfalls im Wirtschaftsressort“, sagt er. „Über die Flächen, die auf der
       Karte zu sehen sind, wird ja auch schon seit Jahren immer wieder
       diskutiert.“
       
       Nach der inoffiziellen Karte, die das Bündnis auf seiner Website
       präsentiert, sind Erweiterungen der Gewerbeflächen im Blockland geplant.
       Zusätzliche Flächen sollen in den Ochtumniederungen südlich des Flughafens,
       im Bereich der Horner Spange/Munte und auch in Kleingartengebieten etwa
       durch die Erweiterung des Gewerbegebiets Bayernstraße ausgewiesen werden.
       „Das ist eine deutlich größere Erweiterung, als noch im 2015 beschlossenen
       Flächennutzungsplan vorgesehen war“, sagt Jacob.
       
       Fläche ist ein begrenztes Gut. Wie mit ihr umgegangen werden soll, ist eine
       hochpolitische Frage. So hat die EU-Kommission 2011 einen Flächenverbrauch
       von Nettonull bis 2050 als Marschrichtung ausgegeben. Mit Nettonull ist
       gemeint, dass mindestens so viele Flächen entsiegelt werden, wie andere
       Flächen versiegelt werden. Auch auf Bundesebene macht man sich längst
       Gedanken über den Flächenverbrauch. So fordert die Bundesregierung, dass
       bis 2030 nur noch 30 Hektar Fläche pro Tag als Verkehrs- oder
       Siedlungsflächen ausgewiesen werden. Jacob gehen diese Ziele nicht weit
       genug; den Flächenverbrauch möchte er bereits bis 2030 auf Nettonull
       reduzieren.
       
       Bremen braucht ambitionierte Ziele. Bereits heute sind rund 60 Prozent des
       Stadtgebiets Verkehrs- und Siedlungsflächen. In Bremerhaven sind es 46,9
       Prozent. Mit 387 Quadratmetern Verkehrs- und Siedlungsflächen pro
       Einwohner weist Bremerhaven im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten
       den höchsten Anteil an bebauter Siedlungs- und Verkehrsfläche pro Kopf auf.
       Die Stadt Bremen folgt auf Platz zwei mit 340 Quadratmetern. Zum Vergleich:
       In Berlin waren es 2019 nur 171 und in Hamburg 241 Quadratmeter pro Kopf.
       
       Der jährliche Flächenverbrauch in Bremen betrug in den Jahren 2016 bis 2019
       im Schnitt 35 Hektar pro Jahr. Um das Ziel der Bundesregierung zu
       erreichen, dürfte Bremen ab 2030 nur noch 13 Hektar pro Jahr verbrauchen.
       So steht es im Landschaftsprogramm Bremen 2015. Jacob glaubt nicht, dass
       die Stadt diese Ziele einhalten kann, falls die neuen Gewerbeflächen kommen
       sollten. „Wir brauchen keine neuen Gewerbeflächen auf der grünen Wiese“,
       sagt er.
       
       Im Entwicklungsplan sollen nach Angaben des Sprechers des
       Wirtschaftsressorts, Christoph Sonneberg, Strategien entwickelt werden, um
       den Zielsetzungen der Bundesregierung zu entsprechen. „Die Entwicklung
       einer Flächenkreislaufstrategie ist eine Maßnahme, die wir für das in
       Bearbeitung befindliche Zielsystem des Entwicklungsplans formuliert haben“,
       sagt Sonnenberg. In einer Flächenkreislaufwirtschaft werden vor allem
       bestehende Flächen intensiver benutzt, beispielsweise indem man Leerstand
       bekämpft oder höher baut. Ein solches Konzept fordert auch Jacob.
       
       Was die Stadt schlussendlich plant, wird aber erst bekannt, wenn die
       offiziellen Entwürfe vorliegen. Dann sollen diese im Rahmen einer
       öffentlichen Diskussion vorgestellt werden. So kann man noch Einfluss auf
       die Entwürfe nehmen, bevor diese den zuständigen Deputationen vorgelegt
       werden. „Wenn es uns gelingt, die letzten Hürden zu nehmen, können wir
       davon ausgehen, dass wir Ende des Jahres so weit sind. Der Rest ist dann
       nur noch politische und Verwaltungsroutine“, sagt der baupolitische
       Sprecher der Grünen-Fraktion, Robert Bücking. Ulf Jacob ist skeptisch, ob
       am Ende etwas Gutes aus dem Planungsprozess herauskommt: „Ich finde, wir
       haben viel zu wenig Einsicht und Beteiligung an dem Prozess gehabt“, sagt
       er.
       
       14 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lukas Scharfenberger
       
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