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       # taz.de -- Klimakrise verschärft weltweit Konflikte: Mehr Morde an UmweltschützerInnen
       
       > Mindestens 227 UmweltaktivistInnen sind 2020 laut der Organisation Global
       > Witness getötet worden. Das sind 7 Prozent mehr als im Vorjahr.
       
   IMG Bild: Gefährliches Engagement: AktivistInnen demonstrieren in Mexiko-Stadt
       
       Berlin taz | Die Killer kamen in zwei Vans, sie hatten großkalibrige
       Waffen. Ende September 2020 töteten sie den mexikanischen Wasser- und
       Indigenen-Aktivisten [1][Óscar Eyraud Adams]. Er hatte dagegen gekämpft,
       dass Konzerne wie die niederländische Brauerei Heineken in seiner
       Heimatregion im Bundesstaat Baja California riesige Mengen Wasser fördern,
       aber viele Indigene nicht einmal ihre Felder bewässern dürften. Eyraud
       wurde nur 34 Jahre alt.
       
       Der Mexikaner gehört zu den weltweit mindestens 227 UmweltaktivistInnen,
       die der [2][Nichtregierungsorganisation Global Witness] zufolge vergangenes
       Jahr ermordet worden sind. Noch nie war die Zahl so hoch, nachdem sie
       bereits 2019 den damaligen Rekordwert von [3][212] erreicht hatte. „Während
       die Klimakrise sich verschärft, eskaliert die Gewalt gegen Verteidiger des
       Planeten“, heißt es in einer an diesem Montag veröffentlichten Studie von
       Global Witness. Waldbrände, Dürren und Überflutungen verschlimmerten zudem
       die Lage vieler Bevölkerungsgruppen und Umweltschützer.
       
       Seit im Jahr 2016 das Pariser Übereinkommen zum Klimaschutz unterzeichnet
       wurde, sind den Angaben zufolge jede Woche im Schnitt vier Umweltschützer
       getötet worden. „Aber diese schockierende Zahl ist so gut wie sicher eine
       zu niedrige Schätzung“, so Global Witness. Denn wahrscheinlich würden wegen
       zunehmender Einschränkungen von Pressefreiheit und Bürgerrechten etwa in
       Afrika nicht alle Fälle bekannt.
       
       Mindestens 30 Prozent der erfassten Morde standen laut Studie im
       Zusammenhang mit der Ausbeutung von Ressourcen – von der Holzgewinnung über
       Staudämme und andere Infrastrukturprojekte, Bergbau bis zur großflächigen
       Landwirtschaft. Die Forstwirtschaft wurde mit 23 Morden in Brasilien,
       Nicaragua, Peru sowie den Philippinen in Verbindung gebracht und steht
       damit auf Platz eins.
       
       Die meisten Morde an UmweltaktivistInnen allgemein wurden erneut aus
       Kolumbien berichtet: Fast die Hälfte der 65 Fälle betrafen Kleinbauern. Wie
       auch weltweit richteten sich dort viele Angriffe gegen indigene oder
       afrikanischstämmige Gruppen. An zweiter und dritter Stelle stehen Mexiko
       mit 30 und die Philippinen mit 29 Morden. Europa war 2020 nicht betroffen.
       
       Die höchste Mordrate im Vergleich zur Bevölkerung hatte Nicaragua mit 12
       Fällen. Im Vorjahr waren dort 5 Aktivisten getötet worden. Die Gewalt in
       dem mittelamerikanischen Land hängt dem Report zufolge mit Siedlern in
       Gebieten von Indigenen und der Ausweitung der Viehwirtschaft, des
       Goldbergbaus und des Holzeinschlags zusammen. Die Regierungen seien
       mitverantwortlich, weil die Täter oft nicht bestraft würden.
       
       „Die Regierungen haben primär die Pflicht zu garantieren, dass die
       Menschenrechte der Aktivisten geschützt werden“, schreibt Global Witness.
       Dazu müssten zum Beispiel Gesetze aufgehoben werden, mit denen
       Umweltschützer kriminalisiert werden.
       
       ## Hoffen auf EU-Initiativen
       
       Hoffnung setzt die Organisation auf zwei Gesetzesvorhaben der Europäischen
       Kommission: die Initiative für eine nachhaltige Unternehmensführung und
       Regeln zu Risikorohstoffen aus Wäldern. Global Witness forderte die EU auf,
       sicherzustellen, dass alle in der Union tätigen Unternehmen
       Menschenrechtsverstöße und Umweltschäden in ihrer Lieferkette verhindern.
       Nötig seien auch Strafen für Firmen, die dieser Pflicht nicht nachkommen.
       Zudem dürften Unternehmen nur noch Holz importieren, wenn die betroffenen
       indigenen und lokalen Gruppen nach ausreichender Unterrichtung aus freien
       Stücken zugestimmt haben.
       
       13 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://piedepagina.mx/oscar-eyraud-adams-guerrero-que-defendio-el-agua-del-pueblo-kumiai/
   DIR [2] /Bergbau-in-Guinea/!5743136
   DIR [3] /Studie-zu-ermordeten-Umweltschuetzern/!5699502
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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