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       # taz.de -- Volksini startet Unterschriftensammlung: Klimaschutz statt Beton
       
       > Am Mittwoch beginnt eine neue Volksinitiative. Sie will erreichen, dass
       > in Hamburg nahezu keine weitere Grünflächen mehr bebaut werden.
       
   IMG Bild: Viel freies Grün – noch: Oberbillwerder
       
       Hamburg taz | Bauen auf der grünen Wiese? Sollte eine diese Woche
       beginnende Volksinitiative erfolgreich sein, würde das künftig in Hamburg
       weitgehend ausgeschlossen sein. Die Ini „Rettet Hamburgs Grün – Klimaschutz
       jetzt!“ will, dass alle Grünflächen in Hamburg, die größer sind als ein
       halber Hektar, vor der Bebauung und Versiegelung durch den Hamburger Senat
       geschützt werden.
       
       Dabei ist es gerade einmal zwei Monate her, dass sich Senat, die Bezirke
       und die öffentlichen Unternehmen trotz Baubooms und Bevölkerungswachstums
       [1][zu einem Erhalt des Grünanteils vertraglich verpflichtet haben.] „Diese
       Verpflichtung ist eine Mogelpackung“, sagt dazu Joachim Lau, einer der
       Initiatoren. Es brauche eine deutlich weitergehende Vorgabe.
       
       Die Ini geht vor allem zurück auf den Protest gegen [2][die städtischen
       Pläne, das Diekmoor im Hamburger Norden zu bebauen.] Das rund 16 Hektar
       große Areal ist ein geschütztes Moorgebiet, außerdem stehen dort
       Schrebergärten. Die Stadt sieht darin allerdings „die letzte große,
       zusammenhängende Wohnungsbaupotenzialfläche in Hamburg-Nord“. Um den
       anvisierten Bau von jährlich 10.000 Wohnungen einzuhalten, brauche es die
       Fläche.
       
       Das sieht die Volksini anders. Es sei natürlich immer einfacher, auf grünen
       Flächen zu bauen, sagt Lau. „Aber wer mit offenen Augen durch die Stadt
       geht, findet viele leerstehende Flächen“, sagt er. So könnten viele alte
       Industrieflächen, leerstehende Gewerbeimmobilien oder oberirdische
       Parkplätze für den Wohnungsbau genutzt werden. Angesichts eines
       Versiegelungsgrads von 37 Prozent der gesamten Hamburger Fläche könne der
       Wohnungsbau so klima- und umweltpolitisch sinnvoller angegangen werden.
       
       ## Flächenrecycling gefordert
       
       Grünflächen, die mindestens einen halben Hektar groß sind, würden sich Lau
       zufolge positiv auf das städtische Mikroklima auswirken und die Stadt
       kühlen. [3][Schon der bisherige Versiegelungsgrad sei bei vermehrt
       auftretenden Starkregen ein Problem.] Das Diekmoor müsse auch deshalb
       erhalten bleiben.
       
       Und es gebe noch mehr umweltschädliche Bauvorhaben. „Wir haben uns mit
       Initiativen aus anderen Ecken der Stadt ausgetauscht und gemerkt, dass es
       überall dasselbe Problem gibt“, sagt Lau. In Oberbillwerder soll gleich ein
       neuer Stadtteil auf der grünen Wiese entstehen, auch in Wilhelmsburg droht
       dem „Wilden Wald“ und in Altenwerder dem Vollhöfner Wald eine Bebauung.
       Deshalb haben sich nun 16 lokale Gruppen und Initiativen für die Volksini
       zusammengeschlossen.
       
       Auf wenig Verständnis stößt sie beim Nabu. Der Nabu sei nicht gefragt
       worden, ob er die Volksini unterstützen wolle, sagt Hamburgs Vorsitzende
       Malte Siegert. Natürlich müsse die Stadt zusehen, dass Grünflächen nicht
       übermäßig bebaut werden – und andernfalls Ausgleichsgebiete schaffen.
       Zugleich sei dem Nabu bewusst, dass in einer wachsenden Stadt Wohnungsbau
       notwendig sei. „Wir können Stadtentwicklung auch nicht unmöglich machen“,
       meint Siegert.
       
       „Die neue Volksini kann aber gerne versuchen, weiter als wir zu kommen“,
       sagt Siegert – und spielt damit auf den erst kürzlich geschlossenen Vertrag
       für Hamburgs Stadtgrün an. Der Vertrag wurde nach längerer Verzögerung erst
       diesen Juli unterzeichnet.
       
       Damit reagierte der Senat auf eine vom Nabu 2018 initiierte
       Volksinitiative, die ebenfalls den Schutz von Grünflächen zum Ziel hatte.
       Nach Verhandlungen zwischen Nabu und Senat zogen die
       Umweltschützer:innen ihr Vorhaben zurück – im Gegenzug verpflichtete
       sich der Senat auf einen besseren Schutz der Grünflächen. Zu wenig, finden
       Lau und seine Mitstreiter:innen.
       
       Auch Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) ist wenig begeistert von
       der neuen Ini: „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass von dieser neuen
       Initiative behauptet wird, in der Einigung mit dem Nabu hätten Senat und
       Bürgerschaft die großen Freiflächen am Stadtrand nicht berücksichtigt“,
       sagt Kerstan der taz im Hinblick auf die von der Ini als gefährdet
       bezeichneten Flächen.
       
       Die Sicherung von Grünflächen durch den Vertrag für Hamburgs Stadtgrün sei
       weitreichender als in jedem anderen Bundesland – und im Konsens mit den
       Umweltverbänden vereinbart. „Vor dem Hintergrund muss die neue Initiative
       zunächst ihr Anliegen erklären, um Unterstützerinnen und Unterstützer zu
       gewinnen“, sagt Kerstan.
       
       Genau das will die Ini ab Mittwoch tun. 10.000 Unterschriften muss sie im
       ersten Schritt sammeln, um die Bürgerschaft dazu zu bringen, sich mit
       Forderung auseinanderzusetzen.
       
       13 Sep 2021
       
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