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       # taz.de -- Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Ausreise auch nach US-Truppenabzug möglich
       
       > Die Taliban sagen zu, dass Ausreisen auch nach dem US-Truppenabzug
       > möglich sein werden. Der Bundestag genehmigt den Evakuierungseinsatz
       > nachträglich.
       
   IMG Bild: Boarding erlaubt: Wie lange fliegt die Luftwaffe noch aus?
       
       ## Ausreise auch nach US-Truppenabzug möglich
       
       Die militant-islamistischen Taliban haben in den Verhandlungen mit der
       Bundesregierung zugesagt, dass Afghanen auch nach dem für den 31. August
       geplanten US-Truppenabzug das Land verlassen dürfen. Das twitterte der
       deutsche Verhandlungsführer Markus Potzel am Mittwoch nach Gesprächen mit
       dem Vizechef des politischen Büros der Taliban in Katar, Schir Mohammed
       Abbas Staneksai. Dieser habe ihm versichert, dass Afghanen mit gültigen
       Ausweisdokumenten nach dem 31. August weiterhin die Möglichkeit haben
       werden, mit kommerziellen Flügen auszureisen.
       
       Der Truppenabzug der USA bedeutet ein Ende der Evakuierungsflüge der
       Bundeswehr schon in den nächsten Tagen. Potzel verhandelt mit den Taliban
       darüber, wie es danach weitergehen kann. Die Bundesregierung will weiterhin
       deutsche Staatsbürger und schutzbedürftige Afghanen mit zivilen Flügen von
       Kabul aus außer Landes bringen. Es geht um mehrere tausend Menschen.
       
       Der Sprecher des politischen Büros der Taliban in Doha, Suhail Schahin,
       schrieb am Mittwoch unter Bezug auf das Treffen mit Potzel auf Twitter, der
       fristgerechte Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan ebne die
       Wiederaufnahme ziviler Flüge. Menschen mit rechtmäßigen Dokumenten könnten
       nach dem 31. August mit kommerziellen Flügen reisen.
       
       ## Bundestag stimmt Evakuierungseinsatz zu
       
       Der Bundestag hat am Mittwoch den bereits laufenden Evakuierungseinsatz der
       Bundeswehr in Afghanistan nachträglich genehmigt. Mit der Mehrheit von 539
       Stimmen bei 90 Enthaltungen und neun Gegenstimmen verabschiedete das
       Parlament das Mandat für die Operation, mit der nach der Machtübernahme der
       radikalislamischen Taliban Deutsche, Helfer der internationalen Truppen und
       Organisationen sowie wegen ihres Engagements bedrohte Menschen ausgeflogen
       werden. Das Mandat ist bis zum 30. September befristet. Die Rettungsaktion
       wird voraussichtlich aber schon bald enden.
       
       Die USA streben einen kompletten Abzug bis zum 31. August, also Dienstag
       kommender Woche, an. Ohne sie könne die Evakuierungsaktion nicht
       fortgeführt werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag
       nach Beratungen der G-7-Staaten über die Lage in Afghanistan.
       
       Das Mandat erlaubt den Einsatz von bis zu 600 deutschen Soldatinnen und
       Soldaten. Der Krisenstab der Bundesregierung hatte den Einsatz am 15.
       August beschlossen. An jenem Sonntag hatten die Taliban die afghanische
       Hauptstadt Kabul eingenommen. Am darauffolgenden Montag startete die
       Operation. Seitdem konnten mit den Maschinen der Bundeswehr rund 4.850
       Menschen ausgeflogen werden. Sie werden zunächst nach Taschkent in
       Usbekistan gebracht und reisen von dort aus mit Sonderflügen nach
       Deutschland weiter. (epd)
       
       ## Merkel befürwortet Verhandlungen mit den Taliban
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet mit Blick auf weitere
       internationale Bemühungen für Afghanistan auch Verhandlungen mit den
       militant-islamistischen Taliban. „Unser Ziel muss es sein, dass so viel wie
       möglich von dem, was wir in den letzten 20 Jahren in Afghanistan an
       Veränderungen erreicht haben, bewahrt wird“, sagte sie am Mittwoch im
       Bundestag. Darüber sei auch mit den Taliban zu sprechen. „Unkonditionierte
       Verabredungen allerdings kann und darf es nicht geben.“ Als Ziel nannte
       Merkel auch, nach der derzeitigen Evakuierung weiter Menschen zu schützen.
       
       Die Kanzlerin betonte mit Blick auf die Machtübernahme der Islamisten vor
       gut einer Woche: „Die Taliban sind jetzt Realität in Afghanistan.“ Dies sei
       bitter, aber man müsse sich damit auseinandersetzen. Sie hob zugleich
       hervor, dass Deutschland und die internationale Gemeinschaft Verbesserungen
       für viele individuelle Schicksale erreicht hätten – etwa bei der Versorgung
       mit Strom und Trinkwasser oder einer geringeren Kindersterblichkeit. Zudem
       sei das ursprüngliche Ziel erreicht worden, dass von Afghanistan aus
       seither keine internationalen Terroranschläge mehr ausgegangen seien. Das
       sei auch ein Verdienst der deutschen Soldaten mit ihrem Einsatz. (dpa)
       
       ## Luftbrücke der Bundeswehr könnte diese Woche enden
       
       Angesichts des bevorstehenden [1][US-Truppenabzugs aus Afghanistan] könnte
       die Bundeswehr ihre Evakuierungsflüge bereits in dieser Woche beenden. Wie
       die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Sicherheitskreisen erfuhr,
       könnte die Luftbrücke aus Kabul voraussichtlich schon am Freitag enden.
       Zuvor hatte es entsprechende Medienberichte gegeben, die das
       Verteidigungsministerium aber nicht bestätigen wollte. Berichte über einen
       möglichen Zeitpunkt könne er „weder bestätigen noch dementieren“, sagte ein
       Ministeriumssprecher.
       
       Wie die ARD berichtete, könnten die Rettungsflüge auf der Strecke von Kabul
       ins usbekische Taschkent „möglicherweise“ bereits am Mittwoch enden. Das
       bestätigten der ARD demnach mehrere Quellen. Ein Sprecher des
       Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sagte dazu: „Die Evakuierungen
       werden fortgesetzt, solange es geht und wir den Auftrag dafür haben.“
       
       Die Bundeswehr evakuierte bis zum Mittwochmorgen nach Angaben des
       Verteidigungsministeriums insgesamt 4.654 Menschen aus Afghanistan. Am
       Dienstag wurden demnach in fünf Flügen 983 Menschen ausgeflogen. Am
       Mittwoch wurden die Evakuierungsflüge fortgesetzt.
       
       Das Ende der Flüge am Freitag konnte auch der Obmann der
       CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter
       (CDU), nicht bestätigen. Klar sei aber, dass bei einem Abzug der USA am 31.
       August deren Partner zwei bis drei Tage vorher aus Afghanistan heraus
       müssten, sagte er am Mittwoch im ZDF-“Morgenmagazin“. Deshalb sei es ganz
       wichtig, dass [2][afghanische Ortskräfte] auch danach ausreisen könnten. Es
       gehe deshalb darum, mit den radikalislamischen Taliban zu verhandeln.
       
       Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU),
       wollte ein Ende der Bundeswehr-Luftbrücke in dieser Woche nicht bestätigen.
       „Es bleibt unser Ziel, diese Operation möglichst lange durchzuführen, um
       möglichst viele Personen in Richtung Usbekistan zu evakuieren“, sagte Hardt
       im Südwestrundfunk. Die Gespräche dazu liefen auf allen Ebenen. (afp)
       
       ## Bundeswehr warnt vor Anschlägen
       
       Der Bundeswehrverband befürchtet eine Zunahme von Anschlägen in Kabul. „Man
       hört davon, dass sich Selbstmordattentäter in der Stadt befinden“, sagt der
       Vorsitzende Andre Wüstner im ZDF-“Morgenmagazin“. „Die Gefahr ist natürlich
       enorm, nicht nur, was die Taliban anbelangt.“ Es gebe verschiedene
       terroristische Gruppierungen, „Menschen, die unterschiedliche Interessen
       haben in Afghanistan, und die werden versuchen, noch mal auf sich
       aufmerksam zu machen.“
       
       Man könne nur hoffen, dass die USA den anderen Staaten den Rücken
       freihielten für die Flüge aus Afghanistan. „Ohne die Amerikaner hätten wir
       keine Chance, was diese Evakuierung anbelangt.“ Die Politik müsse „endlich
       Lehren ziehen aus diesem Fiasko“, aus der Tatsache, dass Deutschland und
       die Europäer kaum handlungsfähig seien. (rtr)
       
       ## Einsätze von Frankreich und Großbritannien vor dem Ende
       
       Frankreichs Einsatz zur Evakuierung von Staatsbürgern und Ortskräften wird
       der Regierung zufolge voraussichtlich am Donnerstag abgeschlossen. Dies sei
       sehr wahrscheinlich, sagte Europa-Minister Clement Beaune dem Fernsehsender
       C News.
       
       Großbritannien will einem Medienbericht zufolge die Evakuierungsflüge in
       den nächsten 24 bis 36 Stunden beenden. Das US-Militär benötige noch zwei
       bis drei Tage, um seinen Einsatz auf dem Flughafen in Kabul abzuschließen,
       und der britische Abzug der Streitkräfte solle 24 Stunden vor den
       Amerikanern beendet sein, berichtet die Zeitung The Guardian unter Berufung
       auf Kreise des britischen Verteidigungsministeriums.
       
       Die Evakuierung britischer Staatsbürger ist nach den Worten von
       Außenminister Dominic Raab weit fortgeschritten. Fast alle Briten ohne
       doppelte Staatsbürgerschaft seien ausgeflogen worden, sagt Raab dem Sender
       Sky News. „Der Löwenanteil jener, die raus wollten, ist nach Hause gebracht
       worden.“ Rund 2.000 Menschen seien in den vergangenen 24 Stunden von Kabul
       nach Großbritannien geflogen worden. (rtr)
       
       ## Geheime Reise von US-Abgeordneten nach Kabul
       
       Inmitten der chaotisch verlaufenden Evakuierungsaktion am Flughafen von
       Kabul sind zwei Mitglieder des US-Kongresses unangekündigt dort
       eingetroffen. Der demokratische Abgeordnete Seth Moulton und sein
       republikanischer Kollege Peter Meijer flogen mit einem Charterflugzeug ein,
       hielten sich mehrere Stunden auf dem Flughafen auf und flogen mit einem
       Charterflugzeug wieder ab.
       
       Vorwürfe, sie hätten aus Afghanistan flüchtenden US-Bürgern oder Afghanen
       Sitzplätze weggenommen, konterten sie in einer gemeinsamen Erklärung mit
       der Aussage, sie hätten sichergestellt, auf einem Flug mit leeren
       Sitzplätzen abzureisen.
       
       Als Mitglieder des US-Kongresses hätten sie eine Aufsichtspflicht,
       erklärten sie. „Wir haben diesen Besuch im Geheimen durchgeführt, nur nach
       unserer Abreise über ihn gesprochen, um das Risiko und die Störung für die
       Leute vor Ort möglichst gering zu halten, und weil wir dort waren, um
       Informationen zu sammeln, nicht, um uns wichtig zu machen.“
       
       Aus informierten Kreisen verlautete, US-Außenministerium,
       Verteidigungsministerium und Weißes Haus seien empört über den Vorfall, da
       die Reise nicht mit Diplomaten oder an der Evakuierungsaktion beteiligten
       Militärs abgesprochen gewesen sei. Das Militär habe von dem Besuch erst
       erfahren, als sich das Flugzeug der Abgeordneten im Anflug befand. Um die
       Sicherheit der Abgeordneten zu gewährleisten und sie mit Informationen zu
       versorgen, hätten Ressourcen bereitgestellt werden müssen.
       
       Beide Abgeordnete sind Veteranen des US-Militärs. Moulton, ein
       Marineinfanterist und lautstarker Kritiker des Irak-Kriegs, war mehrfach im
       Irak eingesetzt. Meijer war als Teil der Heeresreserve in Afghanistan
       eingesetzt und arbeitete dort später bei einer Nichtregierungsorganisation.
       Beide sind Mitglieder des Streitkräfteausschusses des Repräsentantenhauses.
       (ap)
       
       25 Aug 2021
       
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